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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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hochjagte. Würde er auf mich einschlagen?
    „Das ist ein ganz alter Ausweis, nicht wahr?“, half ich nach. „ Dein Ausweis! Warum steht dort Gelton und nicht Galloway ? Warum steht dort Dane Gelton , he?? Das bist du auf dem Foto, verdammt noch mal!“
    Dane wirkte entsetzt. Das konnte er auch vor mir nicht verbergen. Ich beobachtete ihn und fühlte mich bestätigt. „Rede mit mir! Es wird dir leid tun, wenn du es nicht tust!“ Ich wartete. „Na, was ist, fehlen dir die Worte?“
    Schlägt er nun zu? Schweigt er? Redet er? Wird er theatralisch?
    Er wurde theatralisch. Wenigstens etwas. Er ließ sich auf sein Bett fallen und stöhnte. Ich war genervt.
    „Ja, spiele dein Theater nur weiter!“, schrie ich ihn wieder an und beobachtete sein Schauspiel. „Was ist nur aus dir geworden? Weißt du, wie viel ich immer von dir gehalten habe? Weißt du, was ich jetzt von dir halte? Du bist ein Arschloch geworden! Ein gottverdammtes Arschloch und ein Lügner noch dazu! Du frisst unnötig Geld der Versicherungen, und die Mühen vieler Menschen schlägst du in den Wind. Menschen, die dich wirklich gerne haben! Du schmeißt dies alles weg wie Dreck, der dich nicht mehr kümmert! Du lässt Johnathan einfach im Regen stehen, obwohl er alles für dich getan hat. Er hat dir deine Existenz in Glendale ermöglicht! Er hat dir ein geregeltes Leben gegeben! Jetzt schaust du ihn nicht einmal mehr an, als wenn er Unrat wäre! Herr Gott, wie ich dich verachte!“
    Mir war es nie in den Sinn gekommen, so mit meinem Freund zu reden. Aber es war nicht mehr viel kaputt zu machen. Und außerdem musste es raus.
    Ich hatte bei der Wahl des Zimmers um absolute Diskretion gebeten und somit den kompletten dritten Stock von Roosevelt zugewiesen bekommen. Der Stock, in dem auch Dane die letzten Tage verbringen musste. Die Etage war komplett leer und damit ideal für uns. Wir waren ganz allein und konnten alles tun!
    Minuten vergingen, sie wirkten wie Stunden auf mich. Dane kam taumelnd hoch und ging zum Tisch. Er begann, auf meinen Schreibblock zu malen. Ich kam interessiert näher und betrachtete die Zeichnung. Dane konnte immer schon hervorragend zeichnen. Die Zeichnung zeigte eine alte Scheune, wie sie in den fünfziger Jahren auf den Farmen in den Südoststaaten erbaut wurden.
    „Hast du davon geträumt?“, fragte ich leise und war gerührt von seiner nickenden Geste.
    „Heißt du Dane Gelton?“, fragte ich weiter. Dane antwortete: „Ja.“
    Auch darüber war ich gerührt. Sein erstes Wort seit Monaten. Gott, wie lange hatte ich diese Stimme nicht mehr gehört. Jetzt hörte ich wieder den Klang seines Lachens.
    „Warum hast du deinen Namen geändert?“
    Damit ließ Dane die Konversation einfach sterben. Er wedelte gestikulierend mit den Händen in der Luft herum und zuckte ratlos die Schultern. Aus.
    „Du wurdest also als Gelton geboren und hast irgendwann diesen Namen ablegt. Ich denke mal, das war, als du zu uns nach Glendale kamst.“
    Ich versuchte, auf eine Fortsetzung des Gesprächs zu drängen, denn dieser neue Name brachte mich völlig aus dem Konzept. Dane wandte sich erneut ab und sah aus dem Fenster. Die Schlinge um seinen Hals zog sich enger.
    Ich legte mich schweigend auf mein Bett. Kurze Zeit später war ich eingeschlafen. GELTON hallte es in meinem Kopf.
     
    *
     
    Es war halb zwölf in der Nacht, als Danes Träume erneut begannen. Er stöhnte zaghaft. Dadurch wurde ich wach. Ich nahm den Block und drückte leise die Aufnahmetaste meines Rekorders. Dane wurde unruhig. Schweißausbrüche, Hecheln, Stöhnen, unverständliches Gemurmel. Alles, was einer Aufnahme nicht dienlich war.
     
    Bühne frei!, jubelte das Loch und ließ Dane walten.
     
    Groß und gewaltig baute sich die Scheune wieder vor ihm auf. Er schaute sich um. Die hässlichen Peiniger aus seinem letzten Traum waren verschwunden. Erst zaghaft, dann immer lauter werdende Stimmen von Kindern und die eines Mannes schlichen sich wieder in das Traumbild hinein. Sie kamen aus der Scheune. Er berührte mit seinen Fingern die große Scheunentür und drückte. Sie war verschlossen. Der Riegel war von innen vorgeschoben. Schon wieder gelange er nicht hinein. Selbst als er mit seinem ganzen Körper gegen die schwere Tür drückte ging sie nicht auf. Sein Drang, den Kindern dahinter helfen zu wollen wurde unerträglich groß. Er schmiss sich immer wieder mit den Schultern voran gegen das massive Holz, aber der Widerstand war einfach zu groß. Ihm kam der Gedanke, sich

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