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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Sklaven aufzog oder eine unfruchtbare Frau sich verzweifelt ein Kind wünschte. Meist hauchten sie ihr kurzes Leben aus, weil man ungewollte Säuglinge als minderwertig oder fluchbeladen erachtete. Aber eine Witwe in Roms griechischem Viertel hatte den wimmernden Säugling zwischen faulendem Fleisch und Pferdemist entdeckt und aus Mitleid mit nach Hause genommen.
    So kam es, dass der Astrologe heranwuchs, ohne sein persönliches Tierkreiszeichen und seine persönlichen Planeten zu kennen oder zu wissen, in welchem Haus sein Mond und seine Sonne standen. Und weil es sein sehnlichster Wunsch war, dass die Götter irgendwann und irgendwie ihrem demütigen Diener seine Geburtssterne enthüllten, war Timonides bei der Ausübung seiner astrologischen Tätigkeit immer ehrlich gewesen. Nie hatte er ein zweideutiges Horoskop gestellt, nie hatte er den Sinngehalt der Sterne zugunsten einer positiveren Aussage verfälscht.
    Bis zum heutigen Tage.
    Was aber, wenn ihm erneut ein Speichelstein zu schaffen machte?
    Es war, als hätte ihm ein Maultier einen Tritt in den Brustkasten verpasst. Konnte es so weit kommen, dass sich in seiner Speicheldrüse erneut ein Steinchen bildete? Die unerträglichen Schmerzen sich wieder einstellten?
    Werde ich dann abermals auf mein geliebtes Essen verzichten müssen?
    Und er kam zu dem Schluss: Das junge Mädchen muss in meiner Nähe bleiben.
    Timonides, der ehrliche und aufrichtige Astrologe, erschrak bis ins Mark.
    Allmächtiger Zeus, stöhnte er innerlich, während seine Gedanken auf einer mit Gotteslästerung und Frevel gepflasterten Bahn dahinrasten. Er musste sicherstellen, dass das Mädchen mit ihnen mitkam, er musste, so unmöglich es ihm auch erschien, seinen Meister überreden, eine alleinstehende junge Frau in einer Karawane mitzunehmen, die ausschließlich aus Männern bestand. Es gab nur eine Lösung: Timonides der ehrliche Astrologe musste Sebastianus’ Horoskop fälschen.
    Da auf leeren Magen getroffene Entscheidungen zu nichts führten, schaufelte er ein paar Brocken Schweinefleisch und Bratensoße auf sein Fladenbrot, schob sich den Bissen in den Mund und kaute lustvoll darauf herum. Je mehr er von dem Schmortopf in sich hineinstopfte, desto mehr Geschmacksknospen öffneten sich für Knoblauch und Zwiebeln, erinnerten ihn daran, wie es war, als er unmöglich etwas hatte essen können, und wie unerträglich es wäre, wenn er erneut darauf verzichten müsste. Eigentlich war ja das, was er vorhatte, nicht mehr als nur eine kleine Unwahrheit. Nicht wirklich eine Lüge, eher etwas Dazuerfundenes. Ich werde auch nicht sagen, dies sei, worauf die Sterne hinweisen, sondern es nur andeuten und meinen Meister die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen lassen.
    Timonides spülte das Schmorgericht mit Bier hinunter, das in feuchtem Stroh kühl gehalten worden war, und während er sich die Lippen leckte, bedeutete er Nestor, ihm eine zweite Schüssel zu füllen. Eigentlich wollte er ja nichts weiter, als die Götter um einen kleinen Gefallen zu bitten. Seit er sich den Gestirnen widmete, hatte er das noch nie getan. Bestimmt würden die Götter einem alten Mann, der ihnen bislang in standhafter Treue gedient hatte, die kleine Schummelei nachsehen.
    Als eine weitere Portion Schweinefleisch und würzige Zwiebeln seinen Gaumen kitzelten und ihm weitere kulinarische Köstlichkeiten verhießen, bekam Timonides der Astrologe das gute Gefühl, sich richtig entschieden zu haben.
     
    Sebastianus und Ulrika kehrten ins Lager zurück. Sie hatten einen vertrauenswürdigen Führer ausfindig gemacht, der bereit war, sie nach Colonia mitzunehmen, weil sich in seiner Karawane mehrere Familien befanden. Ein erfrischter und ungemein aufgekratzter Timonides mit Sternenkarten in der Hand begrüßte sie. »Meister, die Botschaft ist erstaunlich, aber eindeutig. Dieses Mädchen da soll mit uns mitkommen.«
    Damit der Schwindel nicht aufflog, sprach der Alte ungemein hastig. Er zeigte Sebastianus seine Kalkulationen und sagte: »Meister, wie du weißt, hast du als Sonnenzeichen die Waage, mit Steinbock als Mondzeichen.« Er erging sich lang und breit über Haus und Aspekt, Ekliptik und Aszendenten, Konjunktionen und die Sichel des zunehmenden Mondes, erklärte die Position der fünf Planeten in Relation zu Sonne und Mond und wie sie nicht nur Sebastianus Gallus beeinflussten, sondern auch die Karawane, das Mädchen namens Ulrika und den Ausgang des Wettstreits um das Kaiserliche Diplom
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    Mit gerunzelter Stirn

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