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Die Schicksalsgabe

Die Schicksalsgabe

Titel: Die Schicksalsgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Spaniers Vorbereitungen zum Aufbruch eines großen Handelszuges für eine diplomatische Reise nach China im Gange waren, für die der römische Kaiser höchstpersönlich die Schirmherrschaft übernommen hatte.
    Für Ulrika gab es keinen Zweifel, dass es sich bei dem Spanier nur um Sebastianus handeln konnte. Schließlich hatte er gesagt, er wolle erst nach der Sommersonnenwende aufbrechen.
    Die Flachskarawane schlängelte sich durch dicht besiedelte Viertel. Ulrika hatte von der Macht und Bedeutung Marduks gehört, der bei seinen Anhängern als wichtigste Gottheit des Universums galt, und beschlossen, seine Priester zu befragen. Vielleicht konnte sie bei ihnen etwas über Shalamandar in Erfahrung bringen.
    Jetzt, da die Karawane in dem Gedränge kaum noch vorankam, nahmen die, mit denen Ulrika unterwegs gewesen war – darunter die sechs Schwestern, denen Ulrika beim Abschied viel Glück wünschte –, ihre Bündel und machten sich zu Fuß in die Stadt auf.
    Der Karren schlug den Weg ein, der am Adad-Tor vorbei führte – einem massiven Torbogen in der Stadtmauer, vor dem Wachen postiert waren und von deren Türmen Banner im Wind knatterten –, als unvermittelt laute Trompetenstöße erschallten. Gleich darauf galoppierte eine berittene Truppe durch das Tor, donnerten Hufe über den Befestigungsgraben. »Platz da! Zur Seite!«, brüllten die Reiter. »Fallt auf die Knie zu Ehren des Großen Gottes Marduk!«
    Der Flachshändler hielt seinen Karren an, der gesamte Straßenverkehr, Fußgänger inklusive, kam zum Stillstand. Ulrika beobachtete, wie hinter den Pferden eine Schar Trommler folgte, die in gleichbleibendem Takt auf ihre Instrumente einschlugen, was einen Höllenlärm verursachte.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte sie den Flachshändler.
    »Sie veranstalten eine Prozession zu Ehren des Großen Gottes«, sagte er. »Es soll Glück bringen, wenn man einen Blick auf Marduk erhascht. Also halt die Augen offen.«
    Während sie den Vorbeimarsch der Prozession abwartete, schaute Ulrika nach Osten, zu den gefiederten Palmen und dem blauen Himmel, der sich über dem Sammelplatz der Karawanen wölbte.
    Heute Abend, sagte sie sich, und ihr Herz schlug schneller, heute Abend werde ich bei Sebastianus sein …
     
    »Mein Freund, es war mir ein Vergnügen, mit dir ins Geschäft zu kommen. Ich verspreche dir, dass meine erlesenen Weine dir Türen und Tore öffnen und dass sie in Männern den Wunsch wecken werden, dir ihre jungfräulichen Töchter zu überlassen. In aller Bescheidenheit sei dir gesagt, dass meine Trauben selbst Marduk vor Neid erblassen lassen!«
    Angesichts des redseligen Babyloniers konnte sich Sebastianus, während er nochmals seine Tiere und ihre Last überprüfte, ein Lächeln nicht verkneifen. Zu den Waren, die er bislang in seinem Zug mit sich führte, war neuerdings Wein hinzugekommen, der nach der jahrhundertealten Tradition der Phönizier in silbernen Gefäßen aufbewahrt wurde, da das Silber vor dem Verderb schützte. Und an den Maultieren hingen zusätzlich Säcke mit frischer Milch, deren Gärungsprozess bald einsetzen und durch die schaukelnde Bewegung der Tiere dazu führen würde, dass sie gerann und zu Quark wurde; die zurückbleibende Flüssigkeit, die Molke, konnte man trinken, falls es einmal an Wasser mangeln sollte.
    Die Karawane von Sebastianus war so gut wie zum Aufbruch bereit. Nur noch die Feiern zur Sonnenwende galt es abzuwarten.
    Bis dahin, so hoffte er inständig, würde Ulrika auftauchen, damit er sie überreden konnte, mit ihm nach Osten zu ziehen.
    War das vermessen von ihm? Bestimmt hatte Syphax sie inzwischen bei ihrer Mutter in Jerusalem abgeliefert, wo sie erfahren hatte, wo Shalamandar lag. Und jetzt konnte sie auf dem Weg zu ihm sein; vielleicht war sie bereits ganz in der Nähe, und derselbe Wind, der über Sebastianus’ Gesicht strich, liebkoste auch das von Ulrika.
    »Ich danke dir für deine Hilfe, Jerash«, sagte er und tauschte mit dem Babylonier einen kräftigen Händedruck. Jerash, der ein farbenfroh eingefasstes Gewand und eine kegelförmige Kopfbedeckung trug, war der Vetter eines Mannes, mit dem sich Sebastianus in Antiochia angefreundet hatte. Von Jerash wiederum hatte er die Namen von Verwandten genannt bekommen, die sich entlang der nach Osten führenden Handelsroute angesiedelt hatten. »Du brauchst nur meinen Namen zu erwähnen, edler Gallus«, sagte der Babylonier und zog aus einer bestickten tiefen Tasche ein paar Tontafeln, »und meinen

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