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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nachdem sie gehofft hatten, durch ihre Stärke zu siegen.
    Nun, der nächtliche Rückzug durch die verwüsteten Felder glich ganz dem letzten Akte eines Streikes mit bösem Ausgang. Auch der Seelenzustand war der gleiche. Diese verblendeten Menschen fühlten sich enttäuscht, lächerlich gemacht, besiegt und ärgerten sich ob ihrer eigenen Dummheit.
    Und wo steckten die Anführer? Dorick und Beauval?… Sie waren fort… Weit vom Spielplatz. Und so ist es immer und überall! Es gibt eben Füchse und – Schafe; Ausbeuter und – Ausgebeutete.
    Jeder Streik mit blutigem Ausgang, jeder Aufruhr, jede Revolution hat ihr eigenes Ritual, das strikte eingehalten wird und das die Teilnehmer genau kennen, weil sie es durch Übung erlernt haben. Es ist üblich, daß bei allen derartigen Bewegungen, wobei der Mensch vergißt, daß er ein denkendes Wesen ist und zu Gewaltakten und Mord seine Zuflucht nimmt, die unglücklichen Opfer als geheiligte Banner angesehen werden.
    Und Banner waren auch diejenigen geworden, welche die Plünderer zurückgebracht hatten, darum hatte man sie auch vor die Augen Ferdinand Beauvals hingelegt, welcher als Verkörperung der Macht für alle Unglücksfälle verantwortlich gemacht wurde. Aber dabei war ein Wortwechsel mit seinen Anhängern entstanden, man beschimpfte sich wechselseitig, zu Schlägereien war es noch nicht gekommen.
    Die Stunde zu Handgreiflichkeiten war noch nicht da. Das Programm mußte eingehalten werden, alles in der richtigen Ordnung gehen. Nachdem genügend debattiert worden war und die Kehlen vom vielen Schreien müde waren, verschlief man die Sache; am nächsten Morgen wurden – stets unter genauer Beibehaltung des Rituals – die Opfer unter großer Feierlichkeit zu Grabe geleitet. Dann erst waren ernstliche Ausschreitungen zu befürchten.
    Die Dazwischenkunft des Kawdjer hatte den Gang der Ereignisse beschleunigt. Ihm war es zu danken, daß ein vorzeitiger Waffenstillstand eingetreten war und daß man sich erinnert hatte, daß es außer den Toten auch Verwundete gab, welche durch rasche Hilfe vielleicht am Leben zu erhalten waren.
    Als der Kawdjer nach Neudorf zurückkehrte und den Platz passierte, war er menschenleer. Die Volksseele zeichnet sich ja durch staunenswerte Beweglichkeit aus – ist »bald himmelhoch jauchzend – bald zum Tode betrübt«. – Jetzt war alles beruhigt, die Häuser geschlossen – man schlief.
    Während des Heimweges überlegte der Kawdjer das Vorgefallene. Über den Rangstreit Doricks und Beauvals hatte er nur die Achseln gezuckt, aber der Plünderungszug der Raubbanden im Inneren der Insel schien ihm ernsterer Betrachtung wert. Diese Erpressung, dieser Diebstahl, diese barbarische Handlungsweise waren ein böses Omen. Die Kolonie war verloren, wenn die Kolonisten in offener Feindschaft lebten, wenn es zum Kampfe kam.
    Was wurde denn aus den Theorien, auf die dieser edelmütige Erleuchtete sein Leben aufgebaut hatte, wenn sie mit diesen Tatsachen in Kontakt kamen? Das Ergebnis war da, klar, faßlich, unbestreitbar Sich selbst überlassen, hatten sich diese Menschen zum Leben unfähig gezeigt – und sie wären Hungers gestorben wie eine schwachköpfige Herde, die ihre Nahrung nicht zu finden weiß, wenn der Hirt sie ihr nicht gibt. Und was ihr moralisches Sein anbelangt, so hielt es mit ihrem praktischen Sinn gleichen Schritt. Der Überfluß, der Mangel, das Elend, die Sonnenhitze und die Winterkälte, alles hatte als Vorwand herhalten müssen, daß sich die unleugbaren Mängel der Seele entwickelt hatten Undankbarkeit und Egoismus, Mißbrauch der Kraft und Feigheit, Unmäßigkeit, Leichtsinn und Trägheit – diese Eigenschaften beherrschten die meisten dieser Menschen, in deren Interesse es gelegen wäre, wenn sie sich schon zu keinem höheren Beweggrund aufschwingen konnten, die vielen Köpfe in ein Walten zu vereinigen Jetzt stand man vor dem Schlußakt dieses beklagenswerten Unternehmens.
    In achtzehn Monaten hatte sich das ganze Drama vom Anfang bis zum Ende abgespielt. Es war, als ob die Natur ihr Tun bedauert und ihren Irrtum eingesehen hätte, sie ließ die Menschen, welche sich selbst verlassen hatten, verderben Der Tod pochte ohne Unterbrechung an die Türen Heute verschwand dieser morgen ein anderer auf immer. Die Erde hatte sie wieder aufgenommen in ihren Schoß, wo alles sich verändert; und durch den ewigen Kreislauf der Dinge wurden vielleicht aus ihnen einst andere Wesen, wahrscheinlich und leider – ihnen

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