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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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seinen gewöhnlichen Aufbewahrungsort zurückbrachte.
    Jetzt bemerkte er aber, daß auch ein zweites Pulverfaß verschwunden war. Das im Gerichtssaal aufgefundene mit eingerechnet, waren nur vier Fässer vorhanden, anstatt fünf. Was wollte man mit dem Pulver beginnen? Gewiß nichts Gutes! Aber nachdem jede Feuerwaffe fehlte, war es kaum verwendbar; denn die Diebe mußten sich wohl sagen, daß man einen zweiten ähnlichen Versuch, den ein glücklicher Zufall an der Ausführung verhindert hatte, nicht geschehen lassen würde!
     

    Die beiden improvisierten Maurer setzten das Stück wieder ein. (S. 329.)
     
    Als Hartlepool zurückgekehrt war, setzten die beiden improvisierten Maurer das Stuck des von Kennedy herausgeschnittenen Balkens wieder ein, dann wurden die Lücken wie früher durch ein Gemenge von Mörtel und Steinen ausgefüllt. Bald war keine Spur von dem geplanten Verbrechen zu entdecken. Dann erst zog sich der Kawdjer in sein Gemach zurück und rief Hartlepool zu sich, dem er nun von dem Verschwinden eines zweiten Pulverfäßchens Mitteilung machte.
    Die Sache war ernster Beachtung wert. Daß die Schuldigen sich des Pulvers bemächtigt hatten, war ein Beweis, daß sie eine Wiederholung des Attentates planten und man mußte über die entsprechenden Mittel beraten, um sich vor einem zweiten ähnlichen Versuch zu schützen.
    Nachdem die Angelegenheit nach allen Richtungen hin erwogen worden war, wurde endgültig beschlossen, von dem geplanten Attentat nichts verlauten zu lassen und recht vorsichtig zu sein, damit ja nichts zur Kenntnis der Öffentlichkeit gelange. Vor allem aber sollte die Polizei von vierzig auf sechzig Mann erhöht werden und auch noch mehr, wenn sich diese Notwendigkeit späterhin ergeben sollte. Vorläufig mußte man sich mit acht Ersatzmännern begnügen, da man nur über ebensoviele Reservegewehre verfügte, aber der Kawdjer gedachte zweihundert Schußwaffen kommen zu lassen, um in Zukunft gegen ähnliche Vorkommnisse gefeit zu sein. Liberia vergrößerte sich zusehends – man mußte der Stadt auch die nötige Sicherheit bieten, ihre Interessen verteidigen können.
    Es wurde ferner beschlossen, daß die Wachen während der Nacht nicht mehr im Wachtlokale verbleiben, sondern im Freien auf und ab wandern sollten; dort mußten sie um das Regierungsgebäude herumgehen, wodurch jede Überraschung ausgeschlossen wurde.
    Der Kawdjer glaubte, mit diesen Vorschriften seine Pflicht getan zu haben, aber Hartlepool nahm sich insgeheim vor, dieselben noch zu verschärfen und den Gouverneur mit einer größeren, wenn auch sehr diskreten Wachsamkeit zu umgeben.
    Die Hoffnung, die Schuldtragenden zu entdecken, war besser, aufzugeben, wollte man nicht die ganze Stadt in Aufregung bringen. Sie hatten keine Spur zurückgelassen, nur die Entdeckung des gestohlenen Pulverfäßchens hätte sie entlarven können. – Aber um dieses
corpus delicti
aufzufinden, hätte man Hausdurchsuchungen vornehmen müssen, welche in der Bevölkerung große Erregung hervorgerufen haben würden, und das wollte der Kawdjer ja um jeden Preis vermeiden.
    Nachdem die Sache so beigelegt war, ging das Leben seinen ruhigen Gang weiter. Ein Tag folgte dem anderen und die Erinnerung an den Zwischenfall, der um ein Haar so tragische Folgen nach sich gezogen hätte, erstarb allmählich. Die dahinfließende Zeit nahm auch viel von seiner ursprünglichen Wichtigkeit mit sich und die neuen, verschärften Vorschriften machten einen ähnlichen Versuch unmöglich.
    Der Kawdjer erinnerte sich bald nicht mehr daran. Andere Sorgen beschäftigten ihn. Sein Werk begeisterte ihn derart, daß er etwas von dem berauschenden Bewußtsein des Schöpfers in sich fühlte. Sein überarbeitetes Gehirn suchte immer nach neuen Unternehmungen und die Ausführung des einen Projektes war noch nicht zur Vollendung gediehen, als er schon ein zweites bereit hielt und anzufangen wünschte.
    Noch waren die Grundmauern des künftigen Kais nicht geschaffen, als er sich schon mit anderen Plänen beschäftigte. Einer von diesen, der sehr leicht ausführbar war, bestand darin, einen wenige Kilometer stromaufwärts gelegenen Wasserfall zu verwerten; dort wollte er ein Elektrizitätswerk anlegen, das überall hin Licht und Kraft liefern sollte. Liberia mit elektrischer Straßenbeleuchtung!… Wer hätte das vor zwei Jahren für menschenmöglich gehalten?
    Aber dieses Projekt begeisterte den Kawdjer nicht einmal so sehr – er liebäugelte mit einem anderen, glänzenderen.

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