Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«
benachrichtigen, war er eines Tages verschwunden, hatte seinen Rang und seine Güter aufgegeben und war ein Weltläufer geworden, bis er das Land gefunden hatte, das noch in unbeschränkter Freiheit lebte. Und so war er im Magalhães-Archipel gelandet, wo er durch zehn Jahre hindurch den elendesten der Geschöpfe sein Leben weihte, bis der chilo-argentinische Vertrag und dann der Schiffbruch des »Jonathan« seinen Frieden wieder störten.
Das plötzliche Verschwinden von Fürsten ist kein außergewöhnliches Vorkommnis, wenn auch nicht immer die gleichen Gründe mitspielen wie beim Kawdjer. Jedermann erinnert sich an die Namen mehrerer solcher hochgestellter Persönlichkeiten, deren Flucht um so interessanter wird, je weniger Spuren sie zurückläßt. Einige haben sich einem Handwerke zugewandt und sind Geschäftsleute geworden wie gewöhnliche Sterbliche. Andere haben ein einfaches bürgerliches Leben geführt; wieder ein anderer dieser hohen Herren, welche den Eitelkeiten dieser Welt entsagt haben, hat sein Leben der Wissenschaft geweiht und viele prächtige Werke herausgegeben, die allgemein bewundert werden. Und die Beweggründe des Kawdjer waren gewiß nicht weniger schön, der den Altruismus zur treibenden Lebenskraft erwählt hatte.
Nur einmal, als er die Regierung der Insel Hoste übernommen, hatte er sich seiner einstigen Größe erinnert. Er wußte, welche Folgen sein plötzliches Verschwinden nach sich gezogen haben mußte und kannte den Geist der Gesetze. Wenn auch die Personen bald der Vergessenheit anheimfallen, ihr Eigentum wird ihnen lange noch aufbewahrt. Der Kawdjer zweifelte nicht daran, daß sein Vermögen ihm noch jederzeit zur Verfügung stehe und ein Teil dieses Vermögens konnte unter den herrschenden Umständen von bedeutender Hilfe sein; darum hatte er seinen Widerwillen besiegt und Harry Rhodes über seine Persönlichkeit aufgeklärt; dieser war, mit den Instruktionen und der Vollmacht des Kawdjer versehen, abgereist, um Gold zu holen, das jetzt die Insel Hoste in so bedauerlicher Menge selbst lieferte.
Der Eindruck, den die Bekanntmachung des wirklichen Namens des Kawdjer auf die Hostelianer und die Abenteurer hervorbrachte, war diametral verschieden. Weder die einen noch die anderen sahen indes klar und für alle blieb die erhabene Seite dieses groß angelegten Charakters immer verschleiert.
Die fremden Goldsucher waren alte Schlauköpfe und hatten schon die Welt in allen Richtungen hin durchlaufen, waren mit zu viel Menschen in Berührung gekommen, um sich durch ein solches Faktum verblüffen zu lassen. Dank seiner gesellschaftlichen Vorzüge betrachteten sie den Träger des berühmten Namens noch mehr als ihren Feind als früher. Jetzt war es nicht mehr zu verwundern, daß er so harte Gesetze für die armen Leute erfand! – Ein Aristokrat! Das erklärte alles in ihren Augen.
Die Hostelianer dagegen fühlten die Ehre, die ihnen zuteil geworden war, daß ein Mann von Rang an ihrer Spitze stand, ihr Oberhaupt so hoher Herkunft war. Ihre Eitelkeit wurde dadurch geschmeichelt und die Autorität des Kawdjer gewann an Ansehen.
Dieser war ganz verzweifelt nach Liberia zurückgekommen, angeekelt von den widerwärtigen Bildern, die er hatte sehen müssen, so daß man in seiner Umgebung schon befürchtete, er werde die Insel Hoste verlassen. Ehe diese Möglichkeit eintrat, wollte Harry Rhodes noch einen Versuch wagen und die Frage erörtern, ob nicht als letzte Rettung der Beistand Chiles angerufen werden sollte.
»Die chilenische Regierung wird uns sicher nicht im Stiche lassen, bemerkte er. Es liegt ja auch in ihrem Interesse, daß die Kolonie ihre Ruhe wiederfindet.
– Ein Hilferuf an Fremde! rief der Kawdjer.
– Es wäre ja genügend, wenn ein chilenisches Schiff in Sicht der Insel kreuzen würde, meinte Harry Rhodes; mehr brauchte es nicht, um diese Elenden zur Vernunft zu bringen.
– Karroly könnte ja nach Punta-Arenas fahren, sagte Hartlepool, und noch vor vierzehn Tagen…
– Nein, unterbrach ihn der Kawdjer mit einem Tone, der keine Widerrede duldete. Und wenn die hostelische Nation zugrunde gehen sollte, niemals wird ein solcher Schritt mit meiner Einwilligung getan. Aber alles ist noch nicht verloren. Noch ein wenig Mut und Geduld, wir werden uns allein retten, so, wie wir uns allein gemacht haben.«
Vor einem so formellen Entschluß hieß es sich beugen.
Einige Tage später – gleichsam als Belohnung für diese unbeugsame Energie – machte sich in den Reihen der
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