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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Höchstens zwei Drittel derselben konnten vernünftigerweise hoffen, darinnen Unterkunft zu finden. Da hieß es nun eine Wahl treffen!
    Diese Wahl ging unter Faustschlägen vor sich. Die Stärksten unter den Emigranten hatten sich der verschiedenen Teile der zerlegbaren Häuser bemächtigt und verweigerten, als sie dann fertiggestellt waren, den Zutritt zu denselben. Aber ihre Kraft hielt der Menge der Anstürmer nicht immer stand und sie mußten den Besitz mit einer Anzahl anderer teilen, welche sie an der Besitzergreifung hatten verhindern wollen. So war eine zweite Serie von Auserwählten entstanden, welche, wie die erste, ihrer Stärke den Erfolg verdankte. Als dann die Besatzung der Häuser zahlreich genug war, um ohne Gefahr einer Niederlage den Ansturm der übrigen Emigranten aushalten zu können, wurde den letzteren der Eintritt tatsächlich verwehrt.
    Über fünfhundert Personen, der Mehrzahl nach Frauen und Kinder, wurden auf diese Art gezwungen, sich mit dem Schutze, den die Zelte boten, zu begnügen. In geringerer Anzahl vertreten war das männliche Geschlecht, meist Familienväter und verheiratete Männer, die das Los ihrer Frauen und Kinder teilten. Zu letzteren gehörte auch der Kawdjer und seine beiden Freunde, die Feuerlands-Insulaner, welche auch ein Übernachten in freier Luft nicht scheuten, und die Überlebenden der Bemannung des »Jonathan«, denen Mister Hartlepool das Beispiel der Selbstverleugnung gab. Diese braven Leute hatten sich ohne Murren in alles gefügt, selbst Kennedy und Sirdey, welche seit dem Abenteuer mit der Schaluppe ungekannten Eifer und Fügsamkeit zeigten.
    Zur Zahl der wenig Begünstigten gehörten auch. John Rame und Fritz Groß, welche die körperliche Schwäche von der Teilnahme am Kampfe ausgeschlossen hatte, und die Familie Rhodes, deren Oberhaupt sanftmütigen Charakters war und alles gewaltsame Vorgehen scheute.
    Diese fünfhundert Personen nahmen mit den Zelten vorlieb. Nachdem sich die Zahl der Zeltbewohner verringert hatte, konnte man zwei Zelte übereinanderstellen, die durch eine Luftschicht getrennt waren, was den Innenraum ganz wohnlich machte. Auch die Häuser wurden inzwischen in wohnlichen Stand gesetzt: man verstopfte die Fugen und Spalten, denn nach den Weisungen des Kawdjer mußte so viel als möglich die Feuchtigkeit am Eindringen abgehalten werden; andere schafften aus dem nahen Walde Holzvorräte herbei oder verteilten Lebensmittel in solcher Menge, daß ein jedes während vier Monaten sein genügendes Auskommen finden konnte, während die Maurer, deren sich zwanzig unter den Emigranten befanden, in aller Eile einfache Öfen fertigstellten.
    Diese Arbeiten waren am 20. Mai noch nicht ganz beendet, als der Winter, der sich dieses Jahr glücklicherweise verspätet hatte, in Gestalt eines eisigen Schneesturmes von furchtbarer Heftigkeit über die Insel Hoste hereinbrach. In wenigen Minuten war die Erde mit einem weißen Leichentuch bedeckt, aus dem die frosterstarrten Bäume hervorragten. Am nächsten Morgen war der Verkehr zwischen den einzelnen Teilen des Lagers sehr schwierig geworden.
    Aber jetzt war man ja geschützt gegen die Unbilden der Witterung. Wohlverwahrt in ihren Häusern oder unter ihren doppelten Zeltwänden, durchwärmt von freundlichen Holzfeuern, waren die Schiffbrüchigen des »Jonathan« bereit, die Schrecken eines antarktischen Winters über sich ergehen zu lassen.

Viertes Kapitel.
Das Überwintern.
    Volle vierzehn Tage lang heulte der Sturm ohne Unterbrechung und der Schnee fiel in dichten Flocken. Während dieser zwei Wochen konnten sich die Emigranten kaum ins Freie wagen und blieben zwischen ihren schützenden Wänden vergraben.
    Diese aufgezwungene Absperrung war sehr traurig für alle, besonders aber für diejenigen, welche sich in den Häusern einen Platz erobert hatten und ihn genießen wollten. Diese Häuser waren aber nur ein ineinandergreifendes Gefüge von Holzplatten und entbehrten aller Bequemlichkeit. Trotzdem hatten sich die Emigranten um ihren Besitz gestritten – sie waren durch den oberflächlichen Augenschein, vielleicht auch nur durch den Namen »Haus« irregeführt worden – und jetzt hatte sich ihrer eine große Enttäuschung bemächtigt, denn die Häuser waren eigentlich nur Schlafräume, in denen ein Strohsack neben dem anderen auf den Boden gelegt wurde; Schlafräume, die während der kurzen Tagesstunden sich in gemeinsame Wohnzimmer und Küchen verwandelten. Bei dieser Überhäufung, diesem

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