Die Schiffe der Kleopatra
Bevölkerung Ägyptens in Sichtweite des Nils lebt, bekamen alle ihren jeweils amtierenden Gott zu sehen, wenn er in Glanz und Gloria vorbeirauschte.
Doch ich muss gestehen, dass ich der ägyptischen Marine damals nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Die Ägypter verfügen zwar über den größten Hafen der Welt, aber sie waren nie im engeren Sinne ein seefahrendes Volk. Schiffe aus allen Ländern mit Meeresküsten, sogar jene, die an dem Ozean jenseits der Säulen des Herkules liegen, schicken ihre Schiffe nach Alexandria, um Getreide und andere Güter abzuholen, doch nur wenige ägyptische Schiffe kreuzen die Meere. Aus maritimer Sicht war Ägypten für mich immer Niemandsland gewesen.
Die Ruderer klemmten sich behend hinter ihre Riemen, und wir flogen förmlich zu dem wartenden Mutterschiff. Als wir näher kamen, sah ich, dass die
Serapis eine Galeere von konventioneller Bauart war, jedoch an den Seiten höher und insgesamt breiter, weder so schlank wie ein typisches Kriegsschiff noch so rundlich wie ein Handelskahn. Die Ramme hatte die Form eines Kobrakopfes, der Rumpf war kaminrot angemalt und golden verziert. Entlang der Reling entdeckte ich ein paar ziemlich ernsthaft aussehende Geschosse. Kleopatra erwartete mich an der Reling, als eine Leiter herab gelassen wurde. Unter nur geringer Beeinträchtigung meiner Würde kletterte ich, dicht gefolgt von Hermes, an Bord. »Willkommen, Senator!« rief Kleopatra, während ein kleines Orchester schrille Pfeifen, klappernde Sistren und plinkernde Harfen ertönen ließ. Sklaven schwenkten an goldenen Ketten kleine Gefäße mit brennendem Weihrauch, eine Sklavin hängte mir einen Kranz aus Lotusblüten um den Hals, eine Pflanze, deren Herkunft mir bis heute unbekannt ist.
»Das stellt alles in den Schatten, was die römische Marine zu bieten hat«, erklärte ich der Prinzessin. Sie hatte ein schlichtes Gewand aus weißem Leinen an, beinahe so kurz wie eine Jagdtunika, gegurtet mit einer goldenen Kordel, an der ein kleiner Dolch mit goldenem Griff in einer ebenfalls goldenen Scheide steckte. An den Füßen trug sie Sandalen aus geflochtenem Stroh.
»Möchtest du das neueste Schiff deiner Flotte besichtigen?« fragte sie.
»Ich würde es um nichts in der Welt verpassen wollen«, versicherte ich ihr. »Geht voran.«
Sie führte mich über das schmale Deck, das sich über die gesamte Länge des Schiffes erstreckte. Auf beiden Seiten ragten die Köpfe der Ruderer auf der oberen Bank über die Deckhöhe hinaus. Sie saßen absolut reglos an ihren Riemen, schwitzten jedoch ausgiebig. Es waren durch und durch muskulöse Männer mit typisch ägyptischen Gesichtern, die Köpfe kahlrasiert, aber mit weißen Leinentüchern vor der Sonne geschützt. »Die Ägypter leben auf dem Fluß«, sagte Kleopatra, »deshalb herrscht an geübten Ruderern kein Mangel. Diese wurden unter den besten ausgewählt und nach Größe und Armlänge zusammen gestellt.«
Das Deck unter meinen Füßen war wunderbar poliert. Alle Handwerksarbeiten, die ich sah, waren denen, die man für gewöhnlich auf römischen Schiffen antraf, weit überlegen. Wir stiegen die drei Stufen zum Vordeck hinauf, einem kleinen, aber entscheidenden Teil des Schiffes, wo die Bailisten konzentriert waren. Hier standen etwa vierzig bewaffnete Männer in Zweierreihen auf jeder Seite.
»Das sind meine Seesoldaten. Ihr Kommandant ist Epimanondas. Sie sind alle Mazedonier, ausgewählt aus der Wache meines Vaters.«
Auch wenn sie einen griechischen Dialekt sprechen, darf man Mazedonier nicht mit echten Griechen verwechseln, die ein degeneriertes und weibisches Volk sind. Die Mazedonier hingegen sind primitiv, wild und wahrscheinlich unseren römischen Vorfahren ziemlich ähnlich. Diese speziellen Vertreter ihrer Nation trugen einen altmodischen Panzer aus Bronze und mehreren Schichten aus Leinen sowie Bronzehelme mit offenem Visier, womit sie eher an die Helden Homers gemahnten denn an moderne Legionäre. Doch ihre Montur war durchaus vernünftig, denn ein römisches Kettenhemd wäre unter den klimatischen Bedingungen auf See rasch verrostet. In einer Hand trugen sie kleine runde Schilde, in der anderen halblange Spieße. Ihr Kommandant war ein narbengesichtiger Veteran, dessen Waffen wenig moderner aussahen als die seiner Leute, aber immer noch immens kampftauglich wirkten.
»Ein prächtiger Haufen von Schurken«, sagte ich anerkennend. Zumindest was diese Männer betraf, war ich froh, sie bei der Piratenjagd an meiner
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