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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Rudergang arbeitet das Gebälk, und das Wachs in den Fugen wird weich und gibt plötzlich nach. So haben sie es gemacht, und deswegen haben die Ruderer auch nichts gemerkt. Es war kein langsames Leck. Alle Fugen haben gleichzeitig nachgegeben. Es ist ein Wunder, dass wir nicht auf der Stelle gesunken sind.« Er schüttelte den Kopf und warf die verhängnisvolle Masse angewidert ins Meer. »Sie haben meine sorgfältige Kalfaterung mit einem Hohlmeißel herausgekratzt und es durch dieses Zeug ersetzt. Wir haben einige Arbeit vor uns, Senator.«
    »Das heißt, man muss nur die Rümpfe neu kalfatern?« fragte ich einigermaßen erleichtert. »Das klingt doch überschaubar.« Ich blickte zu den Tieren auf dein Felsen hoch. »Ziegenhaar sollte jedenfalls kein Problem darstellen.«

    »Und du hast nicht zufällig auch noch ein paar Fässer Pech dabei?« meinte Ion spöttisch.
    Zwei Tage später kehrte Kleopatra mit den benötigten Materialien zurück, und das waren nicht wenige. Ich lernte, dass man nicht einfach eine Handvoll Pech nimmt und das hässliche Zeug auf die Rümpfe schmiert. Zunächst muss es in Kesseln erhitzt werden, wofür man Brennholz braucht, und die Stelle, an der wir gestrandet waren, war baumlos wie die ägyptische Wüste jenseits der Pyramiden. Wenn das Pech erhitzt ist, muss es mit dem Ziegenhaar vermischt, mit speziellen Werkzeugen in Form eines Paddels aus den Kesseln geschöpft und vorsichtig in die Fugen zwischen den Spanten geschmiert werden. Danach muss der gesamte Rumpf mit einer Schicht reinen Pechs kalfatert werden. Dafür braucht man jede Menge Pech, und es macht eine Höllenarbeit.
    Und wenn ich sage, Kleopatra kehrte mit den Materialien zurück, soll das nicht heißen, dass sie ihre königliche Barkasse mit einer derart übelriechenden Fracht besudelt hätte. Nein, in ihrem Fahrwasser schipperte ein bauchiges Handelsschiff. Der flachrumpfige Frachter konnte nicht auf einen derart felsigen Strand gezogen werden, also mussten die Pechfässer, Säcke voll streng riechender Haare, Bündel von Brennholz, schwere Kupferkessel sowie weniger anrüchige Objekte mit den Beibooten an Land gebracht werden.
    Verantwortlich für den Bestand des Marinedepots war immer noch Harmodias, der eigens mitgekommen war, um sich die Lieferung der Waren quittieren zu lassen.
    »Zu deinem Glück waren die Schiffsausrüster bereit, Rom weiteren Kredit zu gewähren«, informierte er mich. »Die sollen sich hüten«, knurrte ich, nicht in allerbester Stimmung.
    »Obwohl mir die Sache ein wenig seltsam vorkam«, meinte er vielsagend. »Wir haben gehört, ihr seid auf felsigen Grund gelaufen, aber ihr brauchtet weder Holz noch Nägel, sondern lediglich Kalfatermaterial.«
    »Es waren halt ungewöhnliche Felsen«, gab ich unwirsch zurück.
    Er ging zu einem der Schiffe. Es lag beinahe auf der Seite und entblößte eine Flanke bis zum Kiel. »Wachskalfaterung, was?« gluckste er. »So was dachte ich mir schon. Ein alter Trick, Senator. Normalerweise greifen Händler darauf zurück, um die Konkurrenz auszuschalten. Das Schiff segelt einfach los und verschwindet auf Nimmerwiedersehen, wenn der Trick funktioniert.«
    »Und wo warst du am Abend von Silvanus' Bestattungsbankett?« fragte ich ungehalten.
    Er grumelte in seinen Bart. »Ich weiß, worauf du hinauswillst. Tatsache ist, ich war auf dem Bankett wie alle anderen auch. Meine Aufgabe ist es, die Marinebestände zu verwalten, nicht, deine Schiffe zu bewachen, Senator.«
    Ich wandte mich ab, sah, dass die Feuer unter den Kupferkesseln bereits geschürt waren, und roch das schmelzende Pech.
    »An die Arbeit«, sagte ich. »Wenn morgen die Sonne untergeht, will ich in Paphos einlaufen.«

X
    Auf der Rückfahrt hatten wir günstige Winde, so dass die meisten Seeleute sich ein wenig ausruhen konnten, nachdem sie mühevoll die Rümpfe geflickt, die Schiffe wieder ins Wasser gezogen und beladen hatten. Auch ich brauchte mich um kaum etwas zu kümmern und konnte in Ruhe über meine mißliche Lage grübeln.
    Gabinius war mein Feind, soviel war immerhin klar. Ich hatte mich von dem exotischen Bild eines römischen Piratenanführers täuschen lassen und versucht, ihm einen Charakter und eine Vergangenheit zu erfinden, während er aller Wahrscheinlichkeit nach bloß einer von Gabinius' alten Soldaten war, der noch immer den Befehlen des gescheiterten, intriganten Generals gehorchte.
    Doch das bedeutete auch, dass Gabinius Silvanus hatte ermorden lassen. Irgend etwas stimmte da nicht.

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