Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
mitunter selten gewordene Tugend. Schiller schwimmt gegen den Strom der herrschenden Meinung, weil er allein seinem Herzen, seiner sittlichen Empfindung folgt, die schon bei dem gut 20-Jährigen erstaunlich weit ausgeprägt ist. Er weiß: Eine Handlungsweise wird nicht automatisch dadurch richtig, dass viele sie begehen. Eine durchaus höchst aktuelle Erkenntnis: Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise hat hier erst vor kurzem wieder so manchem die Augen geöffnet. Die Frage nach der Moral der Manager, nach den ethischen Maßstäben des täglichen Handelns wird aktuell wieder deutlich lauter gestellt.
Auch Schiller hat diese Frage aufgeworfen – wenn auch zunächst unausgesprochen. Er wollte im Grunde seines Herzens nicht aufbegehren, scheute den direkten Konflikt mit dem Herzog (siehe Kapitel „Aber wisse auch, wann man diplomatisch sein muss“). Er wollte lediglich einige persönliche Freiheiten für sich selbst, sein Schreiben, seine Kunst … Erst als dies nicht möglich war, ging er bis zum Äußersten. Aber selbst dann noch versuchte er, sein Handeln zu rechtfertigen, eine letzte Brücke zu bauen.
Letztlich vergebens. Aber mit seinem ganzen Leben zeigt Schiller uns, was es heißt, das Für und Wider von Entscheidungen sorgfältig abzuwägen. Die Folgen für uns und andere klug zu bedenken. Und immer wieder zu erforschen, ob der Maßstab unseres Handelns noch der richtige ist. Der kann im tiefen christlichen Glauben ebenso verankert sein wie in der Philosophie von Immanuel Kant, mit dem sich Schiller eingehend beschäftigt hat. Entscheidend ist letztendlich, dass der eigene, innere Kompass mit dem allgemein akzeptierten Werte- und Koordinatensystem übereinstimmt. Es sind eben verstärkt diese „Soft Skills“, auf die es in den meisten Berufen neben der fachlichen Qualifikation ankommt.
Auch wenn die äußere Freiheit manchmal arg eingeschränkt ist: Zumindest die innere Freiheit, diesen inneren Kompass kann uns niemand nehmen. Selbst wenn er uns in eine Richtung weist, in der wir eine letztlich unangenehme Entscheidung treffen müssen.
„Das Leben ist der Güter höchstes nicht.
Der Übel größtes aber ist die Schuld.“
Die Braut von Messina
9 ERKENNE DEINEN WERT – UND VERKAUFE DICH NICHT DARUNTER
„Und es herrscht der Erde Gott, das Geld.“
An die Freunde. Gedicht
Warum nur musste das Leben so hart sein? Auf Mannheim hatte er alle seine Hoffnungen gesetzt, aber seine Freunde dort hatten sein neues Stück, den „Fiesco“, nicht verstanden – fast hätten sie es ausgelacht. Und doch, er wusste, dass es gut war, weit reifer als die „Räuber“! Meine Räuber mögen untergehen, mein Fiesko wird leben! Und dann hatten sie ihm geraten, nicht in Mannheim zu bleiben, sondern weiter zu fliehen – vor den Schergen des Herzogs, die den flüchtigen Regimentsmedikus nur zu gern zurück nach Stuttgart bringen würden: als Gefangenen.
Schiller und Streicher folgen dem Rat, ziehen weiter nach Frankfurt. Langsam wird das Geld knapp, und auf dem zweitägigen Fußmarsch ist Schiller schon einmal vor Erschöpfung zusammengebrochen. Sei’s drum – es ist der Geist, der sich den Körper baut … In Frankfurt finden die beiden eine bescheidene Unterkunft. Hier erreicht sie ein Brief vom Mannheimer Theaterintendanten Dalberg mit der niederschmetternden Nachricht, dass Schillers „Fiesco“ in der vorliegenden Form für das Theater unbrauchbar sei … Wie viele Hoffnungen hatte er auf das Stück gesetzt! Und den Vorschuss, den er sich von Dalberg erhofft hatte, hätte er so dringend gebraucht – und jetzt: kein Geld, keine Hoffnung, keine Zukunft.
Irgendwie musste es weitergehen. Er hatte sich bei einem Frankfurter Buchhändler als Dichter der „Räuber“ zu erkennen gegeben – vielleicht konnte er ihm eines seiner Gedichte verkaufen?
Ein neuer Hoffnungsstrahl glimmt auf. Schiller packt das längste Gedicht ein und macht sich auf zu dem Buchhändler – für 25 Gulden will er es ihm zum Druck überlassen. 25 Gulden! Das ist eine stolze Summe, aber das Gedicht ist es allemal wert. Und er und Streicher würden davon ein paar Wochen leben können … Kaum zwei Stunden später ist Schiller zurück in dem ärmlichen Quartier. Entmutigt, fassungslos, hoffnungslos. Der Buchhändler hat den geforderten Preis nicht bezahlt – lumpige 18 Gulden hatte er ihm geben wollen, aber dafür konnte er ihm sein Gedicht einfach nicht überlassen. Auch wenn er jetzt nicht weiß, woher Streicher und er die nächste
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