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Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)

Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)

Titel: Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Wodarz-Eichner , Karsten Eichner
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Theater, und er weiß, welchen Effekt er damit erzielen kann – die spektakuläre Uraufführung der „Räuber“ war eine Sache, seine persönliche Abrechnung mit Herzog Karl Eugen in „Kabale und Liebe“ eine andere. „Kabale und Liebe“ – der Titel für seine „Luise Millerin“ war einfach genial. Und er stammte noch nicht einmal von ihm. Er war die Idee von August Wilhelm Iffland, dem Star unter den Schauspielern am Mannheimer Nationaltheater. Dem einzigen von ihnen, der selbst auch Stücke verfasste – und zwar verdammt erfolgreiche. Seichte, rührselige, manchmal durchaus humorige Familienstücke, Sittengemälde ihrer Zeit. Es war unglaublich, worüber Iffland alles schrieb, aus welchen Themen er ein Stück schaffen konnte: Ob es die Furcht vor einem Kometeneinschlag war oder eine schnöde Betrugsgeschichte, ob es um die Revolution ging oder um eine Hofgesellschaft, um Erbstreitigkeiten oder Standesdünkel. Und er hatte Erfolg damit! Das Publikum liebte Ifflands Stücke. Warum nur?
Schiller wirft die Feder beiseite, springt auf und beginnt, unruhig im Zimmer hin und her zu gehen. Er hat sich selbst schon amüsiert über den Witz in Ifflands Stücken, hat schon manch einen sorglosen Abend dabei im Theater verbracht. War es das, was die Menschen an Ifflands Werk faszinierte? Waren es die frohen Stunden, die er ihnen bescherte? Die doch bei keinem einen tieferen Eindruck hinterlassen hatten, darauf würde er jede Wette eingehen. Und doch hatte Iffland Erfolg, der sich in klingender Münze auszahlte …
Und er? Als ihn Dalberg am 1. September 1783 zum Theaterdichter am Mannheimer Nationaltheater machte, hatte er geglaubt, dass ihm die Welt nun zu Füßen liegt. 300 Gulden im Jahr, dafür sollte er drei Stücke liefern und zusätzlich als Dramaturg arbeiten – das war es! Er war am Ziel seiner Wünsche. Endlich konnte er seinen Lebensunterhalt mit Schreiben verdienen!
Und jetzt, ein knappes Jahr später? Da fürchtet er, dass dieser Vertrag nicht verlängert werden wird. Weil er den Vertrag unmöglich einhalten kann. Weil er und Dalberg eine andere Auffassung davon haben, was das Theater eigentlich ist. Weil er auch die theoretische Seite des Theaters sieht, darüber einige Schriften veröffentlicht hat und weil Dalberg sich daran stößt – sogar eine „Mannheimer Dramaturgie“, die er – Schiller – nach dem Vorbild Lessings schreiben wollte, hat er abgelehnt.
Was wäre, wenn Dalberg den Vertrag wirklich nicht verlängerte? Dann säße er nach einem Jahr des unermüdlichen Arbeitens mittellos und verschuldet auf der Straße. Und würde einmal mehr nicht wissen, wie es weitergehen soll …
Und doch – es lohnte! Ebenso wenig wie er seine Werke unter Wert verkauft, kann er aus seinem Herzen eine Mördergrube machen und solche Stücke wie Iffland produzieren. Er weiß, dass er recht hat – das Theater diente dazu, die Menschen zu erziehen, zu bessern! Und er ist überzeugt, dass seine Stücke überleben werden, während man sich an die aus Ifflands Feder schon bald nicht mehr erinnern würde …
    Schiller ist hier im Zwiespalt: Einerseits glaubt er fest daran, dass seine Arbeit, seine Werke ihr Publikum finden werden. Dass er etwas schafft, das von Dauer ist. Kein seichtes Zeug für den Massengeschmack, das nach schnellem Erfolg auch schnell wieder vergessen ist. Und doch: Die Gegebenheiten des Marktes verlangen gerade nach solchen Stücken. Intendant Dalberg will vor allem eines: ein volles Haus und ein reibungsloses Geschäft. Hehre Kunst steht dem eher im Weg.
    Im steten Spiel von Angebot und Nachfrage hat nur der Erfolg, der die Nachfrage mit seinem Angebot befriedigt – damals wie heute. Ist die Nachfrage größer als das Angebot, steigen die Preise. Im anderen Falle sinken sie. Und ein Theaterdichter des späten 18. Jahrhunderts – ein Newcomer zumal – hatte wenig Spielraum für Verhandlungen. Er musste liefern, was das Publikum verlangte, wenn er Erfolg haben wollte.
    Schiller wählt jedoch auch hier einen anderen Weg: Er ist überzeugt davon, dass sein Angebot sich seine Nachfrage schon schaffen wird. Er setzt auf Qualität statt auf Masse, auf echte Gefühle statt seichter Komödien. Auf lange Sicht hat er sich damit durchgesetzt: Die Stücke Schillers sind heute noch wohlbekannt, sie gehören zum klassischen Bühnenrepertoire und zur Pflichtlektüre im Deutschunterricht. Iffland kennt man heute hingegen nur noch als den gefeierten Schauspieler, der Schillers (und andere) Charaktere

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