Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
kongenial auf die Bühne brachte.
Und doch: Auf kurze Sicht geht die Berechnung Schillers nicht auf. Die berufliche „Durststrecke“, die er durchleidet, ist immens lang. Sie ist in unserer Zeit sicherlich kein attraktives Lebensmodell – auch wenn genügend junge Schriftsteller in ähnlich unsicheren materiellen Verhältnissen leben und sich von Künstlerstipendium zu Künstlerstipendium durchschlagen müssen. Wer diesen Lebensweg wählt, hat bis zu dem Zeitpunkt, wo sich (hoffentlich) auch der materielle Erfolg einstellt, wenig Alternativen. Er kann allenfalls zu einem „Brotberuf“ ohne sonderliche Ambitionen greifen, der die künstlerische Verwirklichung dann zu finanzieren hilft. Und diese sollte stets am Ende der Überlegungen stehen – wenn man nicht per se ein Boheme-Leben ohne die Aussicht auf ein auskömmliches Salär einschlagen will.
Wer aber nicht unbedingt auf ein Genre, eine bestimmte Branche festgelegt ist, hat es besser. Er kann sich umorientieren. Kann das Tätigkeitsfeld, den Beruf wechseln. Und er kann die volle Transparenz des Marktes nutzen. Denn auch für den künstlerischen Bereich gibt es heute Tarifabschlüsse oder zumindest Honorarempfehlungen.
Und die Informationen, die wir in praktisch allen Branchen über Durchschnittslöhne und Gehaltsgefüge erhalten können, sind Legion. Die Tatsache, dass in Großunternehmen die Vergütungsstrukturen häufig besser sind als in kleinen, ist mittlerweile in allen möglichen Studien nachzulesen. Ebenso, dass in Ballungsräumen die Löhne höher sind als auf dem Land, dass manche Branchen für eine vergleichbare Tätigkeit deutlich mehr bezahlen als andere. Selbst in den unterschiedlichen Sparten des Journalismus und des Literaturbetriebs gibt es deutliche Abstufungen in der Vergütung. Dass viele gelernte Journalisten in der PR ihr Geld verdienen (und in der Regel besser), ist längst kein Geheimnis mehr, sondern Ausdruck einer ökonomischen Realität.
Auch Schiller, der niemals sein Genre gewechselt hätte (die spätere Arbeit als Professor hat er in gewisser Weise auch als eine literarische Tätigkeit angesehen), hat später versucht, sein Einkommen aufzubessern. Seine literarischen Zeitschriftenprojekte, die er mit viel Elan und großen Hoffnungen angeschoben hat, zeugen von dieser ökonomisch motivierten Kreativität – und wären heute vielleicht mit einem hochklassigen Kultur-Blog zu vergleichen. Doch wie schwierig es ist, im Netz Geld zu verdienen, ist heute ja auch hinlänglich bekannt …
Schiller hat lange nach Möglichkeiten gesucht, in seinem Genre fair bezahlt zu werden. Unsere Freiheit, unser Wissen und unsere Mobilität hatte er dabei natürlich noch nicht: die Möglichkeit, Gehaltsvergleiche im Internet anzuschauen. Die Möglichkeit, sich über Ausschreibungen und offene Stellen jederzeit online zu informieren – auch in verwandten Branchen. Die Möglichkeit, sich über potentielle Arbeitgeber vorab genau zu informieren – und zwar nicht nur auf den offiziellen Firmen-Websites, sondern auch in Internetforen. Und nicht zuletzt auch die Möglichkeit, bequem selbst im Ausland nach passenden Jobalternativen zu suchen. Dennoch: Was Schiller hier trotz seiner beschränkten Möglichkeiten auszeichnet, ist sein unbedingter Wille zum (auch ökonomischen) Erfolg: Eine Konsequenz, die ihn über viele steinige Umwege letztlich auch zum ersehnten Ziel geführt hat. Aber mancher von uns hätte wohl doch lieber die bequeme Abkürzung genommen.
„Wir wissen, dass das kraftvolle Genie die Grenzen seines Geschäfts nicht zu Grenzen seiner Tätigkeit macht; aber das mittelmäßige Talent verzehrt in dem Geschäfte, das ihm zum Anteil fiel, die ganze karge Summe seiner Kraft, und es muss schon kein gemeiner Kopf sein, um, unbeschadet seines Berufs, für Liebhabereien übrig zu behalten.“
Über die ästhetische Erziehung des Menschen
11 BEWAHRE DIR EIN GUTES VERHÄLTNIS ZU DEINER FAMILIE, ABER HÖRE NICHT AUF JEDEN VERMEINTLICH GUTEN RATSCHLAG
„Vatersegen, sagt man, geht niemals verloren.“
Die Räuber
Wie lange war es jetzt her, dass er sein erstes Gedicht geschrieben hatte, in ungelenker Kinderschrift auf einem alten Fetzen Papier? Stolz, aber auch ein wenig schüchtern hatte er es seinem Vater vorgelesen, und was hatte der damals erschrocken ausgerufen? Fritz, bist Du närrisch geworden?
Ein Lächeln stiehlt sich auf Schillers Gesicht. Ja, närrisch musste er gewesen sein, sein ganzes gesichertes Dasein aufzugeben, so beschränkt
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