Die Schiller-Strategie: Die 33 Erfolgsgeheimnisse des Klassikers (German Edition)
und dafür im Kerker der Festung Hohenasperg lag, hat er ständig vor Augen. Der Herzog selbst hatte ihn zu Schubart geschickt, um ihn zu lehren, welches Schicksal unbotmäßige Schreiberlinge erwartete … Nein, das konnte er nicht hinnehmen! Flucht ist erlaubt, wenn man Tyrannen flieht. Er musste schreiben, musste!!! Koste es, was es wolle!
Der Erfolg würde ihm recht geben. In Mannheim wurden seine „Räuber“ begeistert gefeiert. In einer Loge hatte er halb verborgen gesessen, heimlich aus Stuttgart nach Mannheim gereist. Ein unerhörtes Vergehen in den Augen des Herzogs. Arrest und Schreibverbot statt Anerkennung. Und auf der anderen Seite das Publikum, die ganze Welt, die auf seine Stücke wartet. Nicht mehr von Fürsten abhängen. Nur noch von der Gunst des Publikums. In Stuttgart hätte er nicht mehr schreiben können. Nicht unter diesem Herzog, der alles schöpferische Denken ersticken wollte. Das Gesetz hat zum Schneckengang verdorben, was Adlerflug geworden wäre. Das konnte, das durfte nicht sein … Kein Kuschen, kein Unterordnen mehr. Keine Kapitulation.
Koste es, was es wolle! Sein Einsatz war hoch, aber der Preis war es wert: Ein freier Weltbürger. Keinem Herrn untertan. Dafür lohnte das Risiko, dafür lohnte alles …
Zu Schillers Zeit gab es in Württemberg nur ein Gesetz: das Wort des Herzogs. Der war Legislative, Exekutive und Judikative zugleich – eben das Musterbeispiel eines absolutistischen Herrschers. Und Karl Eugen glaubte genau zu wissen, was gut war für ihn, seine Untertanen und sein Land. Mal generös, mal kleinlich regierte er sein süddeutsches Sonnenkönigtum, war letzte Instanz bei allen Entscheidungen. Wer aufmuckte oder gar öffentlich Widerworte gab, wurde im schlimmsten Falle ohne Prozess eingekerkert – so, wie dies ja auch mit Friedrich Christian Daniel Schubart passierte, der Schiller ein warnendes Beispiel sein sollte (Siehe Kapitel: „Lass’ Deinen freien Geist nicht einengen“).
Schiller jedoch atmete den Geist der Rebellion. Er brauchte die Freiheit wie die Luft zum Atmen. In der Karlsschule, später in seinem Beruf als Regimentsmedikus, drohte er förmlich zu ersticken. Nicht nur die engstirnige Kasernenhofatmosphäre war ihm zuwider – nein, auch das ganze Klima der Kleingeisterei, der Unterdrückung machte ihn krank. Wenn er nicht an seiner Seele Schaden nehmen wollte, musste er fortgehen, in die Fremde, in die Freiheit …
Ein Szenario, das auch heute mancherorts gar nicht so weit hergeholt ist, wenn man sich in der Arbeitswelt umsieht. Viele kennen das aus eigener Erfahrung: Da ist das Klima in der Abteilung vergiftet, oder es herrscht gleich im ganzen Betrieb eine gedrückte Stimmung. Der Chef hat die Meinungsführerschaft, Widerworte und Kritik sind unerwünscht, Speichellecker kommen weiter, kritische Geister sind längst verstummt oder lästern nur noch heimlich in der Teeküche. Die Guten, die Fähigen haben längst das Weite gesucht, verfolgen ihre Karriere anderswo weiter … Und für die Zurückbleibenden wird es immer unerträglicher, nimmt die Spannung weiter zu. Wer hier nicht bereit ist, mit dem Strom zu schwimmen und möglichst wenig aufzufallen, hat schlechte Karten. Und wer einem solchen Betriebsklima auf Dauer ausgesetzt ist, wird häufig krank – oder zum Zyniker.
Schiller kennt diese Umstände sehr genau und zieht mit seiner Flucht die für ihn einzig mögliche Konsequenz. Natürlich ist sie nicht eins zu eins auf unser heutiges Leben zu übertragen – auch wenn sich mancher schon gewünscht haben mag, dem Chef ein spontanes „Ich kündige!“ an den Kopf zu werfen. Viel wichtiger aber als dieses äußere Zeichen ist die innere Einstellung, die innerliche Freiheit: Ob man sich von der herrschenden Atmosphäre niederdrücken lässt. Ob man es zulässt, dass andere über das eigene Wohlbefinden bestimmen, einem die Lust an der Arbeit nehmen. Oder ob man bewusst dagegenhält. Sich nicht unterkriegen lässt. Seine Meinung äußert – auch wenn sie unbequem ist. Nicht in den Chor der Lästerer einstimmt. Und freundlich ist zu jedermann – auch und gerade zu Personen in der Abteilung, die von den meisten bewusst geschnitten werden …
Schiller macht es uns vor. Er setzt Maßstäbe: Er vertraut auf sein Herz! Ein unstillbarer Durst nach Freiheit und freier Selbstentfaltung wohnt darin, aber auch Freundschaft, Empathie und ein starker Gerechtigkeitssinn. Schiller zeigt uns in seinem ganzen Leben, was Fairness bedeutet – eine heute
Weitere Kostenlose Bücher