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Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Titel: Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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einfach so verschwinden, oder? Ich komme zurecht, wenn ich mich auf etwas stützen kann.«
    »Wir könnten eine Bahre für dich bauen«, schlug Grimma vor. »Obwohl… Ich weiß gar nicht, ob die Rückkehr zum Steinbruch lohnt.«
    »Wir haben gesehen, wie Menschen über den Weg fuhren«, sagte Nooty. »Aber wir mußten durch den Dachstunnel gehen, und der Pfad war nicht mehr zu erkennen. Dann versuchten wir, das Feld zu überqueren, was sich als Fehler herausstellte, wegen der tiefen Furchen im Acker. Und wir hatten nichts zu essen«, fügte sie hinzu.
    »Gebt euch keinen übermäßigen Hoffnungen hin«, wandte Grimma ein. »Die Menschen haben kaum etwas von unseren Vorräten übriggelassen. Sie halten uns für Ratten.«
    »Nun, das ist nicht weiter schlimm«, kommentierte Dorcas.
    »Im Kaufhaus haben wir sie dazu ermutigt, uns für Ratten zu halten. Sie stellten Fallen auf. Als ich ein junger Bursche war, jagten wir Ratten im Keller, und dann führten wir sie zu den Fallen.«
    »Jetzt benutzen die Menschen vergiftetes Essen«, sagte Grimma.
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Komm. Bringen wir dich heim.«
    Draußen schneite es noch immer, aber die Flocken fielen jetzt nicht mehr so dicht und erweckten den Eindruck, aus einem billigen Sonderangebot zu stammen. Am östlichen Horizont zeigte sich eine rote Linie – nicht die Morgendämmerung, sondern nur ein erster Hinweis darauf. Das Licht wirkte alles andere als heiter und fröhlich. Wenn die Sonne aufging, würde sie in einem Kerker aus Wolken gefangen sein.
    Die Nomen sammelten einige Wiesenkerbel-Halme und konstruierten für Dorcas eine Art Stuhl, den vier Wichte tragen konnten. An der windgeschützten Seite der Hecke lag tatsächlich weniger Schnee, doch dafür hielt sie ein Durcheinander aus welken Blättern, Zweigen und anderen Dingen bereit. Dadurch kam die Gruppe nur langsam voran.
    Für Menschen ist alles viel leichter,
dachte Grimma, als handlange Dornen ihre Kleidung zerrissen.
Masklin hat recht: Diese Welt gehört ihnen. Alle Dinge haben genau die richtige Größe für sie. Die Menschen können jeden beliebigen Ort aufsuchen; niemand vertreibt sie. Wir glauben, frei zu sein, aber wir leben doch nur in abgelegenen Winkeln der Welt, zum Beispiel unter dem Fußboden und so. Und wir stehlen den Menschen auch dies und jenes, um zu überleben.
    Die übrigen Wichte schlurften in müdem Schweigen. Die einzigen Geräusche – abgesehen vom Knirschen des Schnees und der Blätter unter Nomenfüßen – stammten von Oma Morkie, die sich eine Mahlzeit genehmigte. Sie hatte Weißdornbeeren gefunden und kaute sie mit offensichtlichem Genuß. Ihre Begleiter lehnten die bitteren Früchte ab.
    »Wahrscheinlich muß man sich an ihren Geschmack gewöhnen«, brummte Oma und sah Grimma an.
    Vielleicht
müssen
wir uns daran gewöhnen,
dachte Grimma und ignorierte Oma Morkies beleidigten Blick.
    Wenn wir zurück sind… Unsere einzige Chance besteht darin, den Steinbruch in kleinen Gruppen zu verlassen, aufs Land zu ziehen, wieder in Kaninchenbauten zu leben und uns von den Dingen zu ernähren, die wir irgendwo finden. Einigen Gruppen gelingt es vielleicht, den Winter zu überstehen, wenn die Alten gestorben sind.
    Es bedeutet: Wir müssen Abschied nehmen von Elektrizität, von Büchern, von Bananen …
    Aber ich bleibe im Steinbruch, bis Masklin zurückkehrt.
    »Kopf hoch, Mädchen.« Oma Morkie versuchte, freundlich zu lächeln. »Sei nicht so trübsinnig. Ich sage immer: Vielleicht passiert’s nie.« Selbst Oma war bestürzt, als Grimma ihr ein Gesicht zuwandte, das ebenso weiß zu sein schien wie der Schnee. Die junge Nomin klappte den Mund auf und schloß ihn wieder.
    Dann sank sie langsam auf die Knie und schluchzte. Die Wichte hatten nie zuvor etwas Schrecklicheres gehört. Grimma schrie, schimpfte, rügte und befahl. Es war völlig
falsch,
daß sie weinte; dadurch stand die ganze Welt Kopf.
    »Ich wollte sie nur ein wenig aufmuntern«, murmelte Oma Morkie.
    Die verlegenen Nomen bildeten einen Kreis, und niemand von ihnen wagte es, sich Grimma zu nähern. Jetzt war alles möglich. Wenn ihr jemand auf die Schulter klopfte und ›Na, na‹ sagte – wer weiß, was dann geschehen mochte? Vielleicht biß sie die Hand ab oder so. Dorcas musterte die Wichte rechts und links, seufzte und stand mühsam auf. Er humpelte zu Grimma und hielt sich an einem Dornzweig fest.
    »Du hast uns gefunden, und jetzt kehren wir zum Steinbruch zurück, und dann ist alles in Ordnung«, sagte er in

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