Die Schlacht der Trolle
verliert.
In den folgenden Tagen nahm Sten an einigen Besprechungen des Rates teil. Mehr und mehr Adlige und Anführer trafen auf Ionnas Geheiß in Teremi ein, und schon bald waren Soldaten in den Farben ihrer Herren ein häufiges Bild in den Straßen der Stadt. In der Nacht begleitete er manchmal die Trolle, wenn diese aus dem Keller hinauswollten. Einige Veteranen der großen Schlacht des letzten Jahres waren abkommandiert worden, sich um die Belange der seltenen Besucher zu kümmern, während Sten unabkömmlich war. Als endlich die Botschaft kam, dass Kalines Fieber leicht zurückgegangen war, atmeten die Trolle sichtlich auf, denn der erzwungene Aufenthalt in dem Keller hatte die Stimmung gedrückt, und leichteren Sinnes brachen Sten, Kerr und Pard auf, um die kranke Geistseherin ein weiteres Mal zu besuchen.
Doch schon bald hörten sie schwere Hufschläge auf der Straße, die sich ihnen näherten. Sofort wurden die Trolle still, und Sten konnte ihre Anspannung spüren.
In der Dunkelheit kamen sich zwei Reiter auf sie zu, die ihren Weg mit hohen Laternen erleuchteten. Als sie die Gestalten von Mensch und Trollen erblickten, zügelten sie ihre Pferde und trabten langsam näher. Es handelte sich um einen Mann und eine Frau, die in Ionnas Farben gekleidet waren. Der Vorderste beugte sich nach vorn und fragte: »Sten cal Dabrân?«
Das Schlimmste vermutend, antwortete der Wlachake: »Der bin ich.«
»Ihr müsst mir bitte folgen. Die Voivodin hat Nachrichten erhalten und erbittet dringend Eure Anwesenheit.«
»Nachrichten? Was für Nachrichten?«
»Aus dem Osten«, erklärte der Bote mit rauer Stimme. »Marczeg Laszlár führt seine Soldaten in den Krieg.«
»Der dreimal verfluchte Hund!«, entfuhr es Sten. An die Trolle gewandt, erklärte er: »Der Marczeg greift uns an.«
»Verzeiht«, warf der Reiter ein, bevor die Trolle antworten konnten, »aber Marczeg Laszlár marschiert gegen Turduj, nicht gegen uns.«
Jedes Gefühl wich aus Stens Gesicht. Seine Hände zitterten, als ihm bewusst wurde, was dies bedeutete. Viçinia ist in Turduj!
20
D ie Stimmung war gedrückt, doch Flores nahm die anderen Reiter kaum wahr. Seit ihre Späher gemeldet hatten, dass sich anscheinend keine Verfolger auf ihrer Spur befanden, hatte Tamár zumindest das halsbrecherische Tempo gedrosselt und den Tieren und Menschen etwas Erholung gegönnt. Schließlich hatten sie den Heereszug unter der Führung des Szarken namens Odön getroffen, der ihnen von der Grenze her entgegengezogen war, und die Flüchtlinge in dessen Obhut zurückgelassen. Nun war nur noch ein etwa fünfzigköpfiger Trupp übrig, der mit Tamár nach Westen ritt, während die Flüchtlinge ihnen unter dem Schutz der Fußsoldaten und der restlichen Kavallerie langsam folgten.
Die tagelange Gewaltanstrengung hatte den Menschen viel abverlangt. Neben der körperlichen Erschöpfung kam bei Flores noch eine geistige Mattheit hinzu, die alle ihre Sinne betäubte. Der Verlust von Viçinia hatte eine spürbare Leere in der jungen Wlachakin hinterlassen. Sie fühlte die Schmerzen im Rücken und in den Beinen, das warme Pochen in der geschwollenen linken Hand; sie aß die trockenen Mahlzeiten und trank Wasser. Doch nichts davon erschien ihr wirklich, nichts vermochte die Stille in ihrer Seele zu übertönen, außer der nagenden Stimme, die ihr die Schuld am Tod der jungen Bojarin gab. Şten wird es das Herz brechen, dachte sie finster. Mein Bruder hat mir vertraut; Ionna hat mir zugetraut, dass ich Viçinia begleite und sicher zurückbringe, und jetzt ist sie tot. Ihr Geister, er hat sie so sehr geliebt.
Das Wetter war schlechter geworden. Mehr Wolken bedeckten den Himmel, und die Hitze der letzten Wochen wurde zu einer drückenden, feuchten Wärme. Die Gleichförmigkeit der Tage ließ sie vor Flores’ innerem Auge verschwimmen und zu einem endlosen Ritt verschmelzen. Sie konnte nicht mehr sagen, wie lange sie schon unterwegs waren, und es interessierte sie auch nicht. Als Tamár den Trupp anhielt, wusste die Söldnerin nicht, ob es nur eine kurze Rast oder schon das Nachtlager war. Schweigend glitt sie aus dem Sattel und sank an einem Baumstamm zu Boden. Um sie herum brach die übliche Geschäftigkeit aus. Die Pferde mussten abgesattelt, Kochfeuer entzündet und Lagerplätze von Steinen befreit werden. Ein Masride nahm ihr Pferd und begann es abzureiben. Teilnahmslos schloss Flores die Augen und öffnete sie auch nicht, als ein Schatten auf sie fiel.
»Bei
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