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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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auch wenn er sich wie ein Dieb fühlte, der sich in der Nacht davonschlich.
    Es kostete einige Überredungskraft, einen Navar zu finden, der sie übersetzen würde. Die abergläubischen Fährleute ließen sich am Ende von Stens Namen überzeugen. Dennoch bekam Sten nur zwei Fähren, in denen jeweils lediglich eine Handvoll Trolle Platz fanden. Damit die Trolle den Befehlen der Navari folgten und keine Schwierigkeiten machten, fuhren Pard und Sten mit jeder Fuhre hinüber und wieder zurück.
    Jetzt war Sten froh darüber, dass sich das Wetter bisher gehalten hatte, denn Regen oder gar ein Gewitter hätten eine nächtliche Überfahrt gefährlich oder gar unmöglich gemacht. Als die Boote zum letzten Mal am Nordufer ablegten, setzte sich Sten neben Kerr, der mit starrem Blick nach vorn schaute.
    »Warum haben sie das gemacht?«, fragte der junge Troll. Die Anspannung in seiner Stimme zeigte Sten, dass er sich noch nicht an Flusspassagen gewöhnt hatte. Oder er ist seekrank. Werden Trolle seekrank? Viçinia verträgt es ja auch nicht. Dann wurde dem Wlachaken plötzlich bewusst, dass seine Frau nie wieder mit einem Boot fahren würde. Sein Herz setzte einen Schlag aus, und ein tiefer Schmerz fuhr durch seinen Leib. In seiner Erinnerung tauchten all die kleinen Dinge auf, die er nun nie wieder erleben würde. Die Art, wie Viçinia Handschuhe anzog. Wie sie ihre Augenbraue hob, wenn sie an etwas zweifelte. Wie ihr Haar über ihre Schulter fiel. Wie sie lächelte.
    »Weißt du es nicht?«, fragte Kerr und riss Sten aus seinen Gedanken.
    »Was?«, erwiderte der Krieger zerstreut, und die Erinnerungen verblassten, auch wenn der Schmerz blieb. Ich werde dich niemals vergessen, mein Herz.
    »Die Bootsmenschen. Zwei haben ins Wasser gespuckt, und einer hat einen Becher in den Fluss gegossen.«
    »Sie bringen dem Geist des Flusses Opfer dar. Etwas von jedem Essen und den ersten Becher von jedem Wein. Die Sonnenmagier haben es lange Zeit verboten, deshalb spucken manche nur, als Zeichen des Respekts.«
    »Oh. Sie ehren die Geister, indem sie spucken?«
    »Genau«, sagte der Wlachake und lehnte sich zurück, während Kerr neben ihm lautstark Speichel sammelte und dann ins Wasser spie. In Stens Kopf tanzten noch schmerzhafte Bilder. Und obwohl die Erinnerungen über seine Seele kratzten, waren sie doch nun sein kostbarster Besitz. Das Wasser rauschte an ihnen vorbei, die Trolle unterhielten sich flüsternd, und die Sterne funkelten trüb durch einen Dunstschleier auf sie herab. Viçinia indes wandelte auf den Dunklen Pfaden, jenseits dieser Welt. Warte auf mich, dachte Sten . Ich werde dir folgen.
     
    In den frühen Morgenstunden machten die Trolle im Wald südlich des Magy Rast. Während Pard und die anderen aßen und derbe Scherze trieben, hielt sich Sten abseits. Sein Körper schrie nach Schlaf, aber sein geschundener Geist wollte ihm diesen nicht gewähren. So trieb er im Land zwischen Wachen und Schlafen, gefangen in wirren Bildern und unverständlichen Gedanken, aus denen er bei jedem lauten Lachen der Trolle aufschreckte. Schließlich glitt er doch ganz in die Welt der Träume und wurde erst wieder wach, als Pard ihn grob anstieß.
    »Auf, Sten, wir wollen weiter.«
    Erholung hatte der Schlaf nicht gebracht, obwohl die Glieder sich nun weniger beschwerten. Nach einem einfachen Frühstück brachen sie auf und folgten am Waldesrand dem Verlauf des Magy. Innerlich plagten Sten Zweifel, ob er den Weg zu Vangelius Hütte finden würde, da rief Pard unvermittelt erfreut aus: »Hier sind wir letztes Mal angekommen!«
    Tatsächlich kam die kleine geschützte Stelle in der Uferböschung auch Sten vertraut vor. Als wir hier an Land gingen, habe ich Natioles toten Leib getragen. Stets sind Tod und Trauer meine Begleiter. Das Land frisst uns alle auf!
    Ohne seine düsteren Gedanken auszusprechen, führte Sten die Trolle auf dem Weg, den sie damals zu Vangeliu genommen hatten. Er achtete kaum auf ihre Umgebung, und auch die Trolle schienen mehr mit ihren Gesprächen und Erzählungen beschäftigt zu sein als mit dem Pfad, dem sie folgten. Sie sind Kreaturen der Tat. Nichtstun zehrt an ihnen, so wie es stets an mir gezehrt hat, erkannte der junge Krieger.
    Endlich erschien ein schwaches Licht zwischen den Bäumen, auf das der Wlachake zusteuerte. Die Hütte des alten Geistsehers lag tief im Forst versteckt auf einer Lichtung, in dem Teil von Wlachkis, der seit jeher Eigentum des Waldes war. Nur selten verirrten sich Menschen hierhin, und

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