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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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gleich in das Zelt kommen und scherzend einen Becher Schnaps verlangen würden. Dann wurde der Wlachakin wieder bewusst, dass sie nun Bojarin war, und die Ironie darin ließ sie freudlos auflachen. Jahrelang hatte sie sich mit Händen und Füßen dagegen gesträubt, Teil der Rebellion zu werden. Dann schließlich hatte sie widerwillig akzeptiert, dass sie sich dem Kampf nicht entziehen konnte, so sehr sie es auch versuchte. Und nun war sie die Einzige aus ihrem Kreis, die übrig geblieben war. Natiole, ihr Freund aus Jugendtagen und erster Lehrer der Waffenkunst, der immer an Stens Seite zu finden gewesen war - tot; gestorben während der wilden Flucht aus Teremi. Viçinia, Schwester der Voivodin, Freundin, Schwester im Herzen und Komplizin bei so manchem Abenteuer in Désa - tot. Sten, ihr Bruder, dem Flores näherstand als sonst einem Menschen, dessen Geist und Wesen sie manchmal besser verstand als sich selbst - verschwunden und vielleicht auf der Suche nach den Dunklen Pfaden, um Viçinia zu folgen. Du Bastard lässt mich allein mit der Trauer zurück und wählst den leichten Weg! Immer hast du gegen alle Widerstände gekämpft, selbst im Angesicht schier unüberwindlicher Hindernisse weitergemacht, nur um jetzt aufzugeben und dein Leben bei dem närrischen Unterfangen der Trolle wegzuwerfen.
    Wütend nahm Flores einen tiefen Schluck, dessen Feuer ihr den Atem raubte und ihr Tränen in die Augen trieb. Der Abschied verlief nicht wie geplant, aber es fehlten auch die anderen Freunde und Verwandten, welche Geschichten über die Verstorbene erzählten und ihre Erinnerungen teilten. So war Flores allein mit ihrem Verlust und ihrer Trauer. Und mit ihrer Wut. Nur ihr Bruder konnte sie so wütend machen, durch seinen dicken Schädel und seine Art, kompromisslos an dem Weg festzuhalten, den er für den richtigen hielt. Ich hätte dich aufhalten müssen. Als ich sah, wie sehr du leidest, hätte ich dich nicht ziehen lassen dürfen. Stattdessen habe ich deinen Platz eingenommen. Deine Stiefel passen mir nicht, Brüderchen, und der Tod ist nichts für dich. Verdammt, ich war eine Närrin!
    Doch jetzt konnte Flores daran nichts mehr ändern. Das Einzige, was sie tun konnte, war, dem Pfad zu folgen, der sich vor ihr aufgetan hatte. Stens Rat, das Land zu verlassen, klang ihr in den Ohren, doch inzwischen erschien der Wlachakin der Gedanke absurd. Sie hatte ebenfalls gekämpft, sie trug ebenfalls Verantwortung. Es erschien ihr nicht richtig, den einmal eingeschlagenen Weg wieder zu verlassen. Es wäre Verrat gewesen, auch an Sten .
    Draußen sank die Sonne hinter die Berge, und die Welt wurde in graues Dämmerlicht getaucht. Wolkenfelder hatten das Firmament erobert, aber noch hatte es keinen Regen gegeben, auch wenn das Land danach lechzte. An den Hängen der Sorkaten entluden sich donnernd Gewitter, doch weiter im Inland kam von der Abkühlung, die sie brachten, nichts an.
    Die kleine Feuerschale in Flores’ Zelt spendete ein warmes Licht, beleuchtete die wenigen Habseligkeiten der Bojarin. Eine einfache Bettstatt, kaum mehr als einige Felle auf dem Boden. Dazu eine große Truhe und zwei grob gezimmerte Hocker. Einzig die lederne Rüstung, welche Ionna ihr hatte fertigen lassen, war ihrer neuen Würde angemessen, mit ihren Metallbeschlägen und dem Umhang mit dem Wappen von Dabrân. Neben dem Rüstungsständer, der wenig mehr war als ein hölzernes Kreuz, hingen Flores’ Waffen an den tragenden Stangen des Zeltes. Der Waffengürtel war seit vielen Jahren in ihrem Besitz. Er war alt und abgeschabt, doch er erfüllte seinen Zweck und hatte seine Trägerin durch mehr als einen gefährlichen Kampf begleitet.
    Unsicher erhob sich Flores und prostete ihren Waffen zu.
    »Mögt ihr mir weiterhin gute Dienste leisten«, sagte sie grinsend. Sie nahm einen tiefen Schluck und fügte leise hinzu: »Ich werde es brauchen.«
    Als sie den Krug wieder an die Lippen hob, stellte sie verärgert fest, dass dieser leer war. Gerade als sie Nachschub holen wollte, rief jemand am Eingang ihres Zeltes: »Nemes Flores? Seid Ihr hier?«
    »Wo sollte ich sonst sein?«, entgegnete sie laut. Sie bemerkte, dass ihre Worte verwaschen klangen.
    »Darf ich eintreten?«
    »Ihr Geister, warum nicht? Ja, kommt rein!«
    Die Stoffbahn vorm Eingang wurde zur Seite gehoben, und Tamár betrat gebückt das Zelt. Als er Flores ansah, runzelte er die Stirn, dann wanderte sein Blick weiter zu dem Krug in ihrer Hand. Missbilligend verzog er die Mundwinkel, was Flores

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