Die Schlacht der Trolle
blieb weiterhin von Sorgen umwölkt. Nachdenklich musterte Tamár den stämmigen Mann, während er den verdünnten Wein in seinem silbernen Pokal kreisen ließ. Dann trank er noch einen Schluck und kostete den Geschmack voll aus, bevor er sagte: »Das alles passt mir ebenso wenig wie euch, Baró. Aber meine Hände sind gebunden. Vergesst nicht, dass Marczeg Laszlár uns angegriffen hat. Hätte er gegen die Wlachaken losgeschlagen, sähe es anders aus, aber nun hat er uns dieses Bündnis aufgezwungen.«
»Ich verstehe Eure Beweggründe, Vezét. Aber können wir den Wlachaken vertrauen?«
Erneut schwieg Tamár einige Herzschläge lang, um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen. Als er sprach, tat er dies langsam und betont: »Die Voivodin ist eine Frau des Schwertes. Sie hat das Bündnis zwischen uns beschworen. Ich vertraue ihr. Und wenn die Wlachaken sich insgeheim gegen uns stellen wollen, dann ist ohnehin alles verloren. Wir können nicht hoffen, gegen zwei mächtige Gegner zu bestehen.«
»Arkas hat auf dem langen Ritt erst die Dyrier und dann die Wlachaken geschlagen«, erinnerte ihn Rurjos, ein Baró aus der Gegend zwischen Iames und Ylt, der kaum mehr als einige kleine Dörfer sein Eigen nannte. Der Baró war ein alter Mann, ein Veteran vieler Grenzscharmützel zwischen dem Sadat und dem Sireva, dessen Wort bei seinen Standesgenossen deswegen viel Gehör fand, obwohl seine Besitzungen eher spärlich waren. Tamárs Blick wanderte von Odön zu Rurjos, dessen Miene undurchdringlich war. Eine lange Narbe zog sich von der Schläfe bis zu der Nase, deren linker Flügel fehlte. Manch anderer Mann hätte wohl einen Vollbart getragen, um das Wundmal zu verbergen, doch Rurjos trug nur einen schmalen Kinnbart, der inzwischen genauso grau war wie sein Haupthaar.
»Ich halte einen Zweifrontenkrieg für einen fatalen Fehler«, erwiderte Tamár mit Bedacht. »Zudem liegen die Karten bereits auf dem Tisch: Ich habe der Voivodin mein Wort gegeben.«
»Nun«, sagte Odön gedehnt. »Ein Wort einer Wlachakin gegenüber ist nicht zwangsläufig bindend.«
Die letzten Worte des Satzes verklangen. Die Bedeutung war allen Anführern, die sich in Odöns Zelt versammelt hatten, mehr als deutlich. Auf einigen Gesichtern konnte Tamár Zustimmung erkennen. Andere hielten ihre Mienen ausdruckslos. Nur wenige zeigten, dass sie die Worte missbilligten. So ist das also, dachte Tamár. Auch ein Marczeg ist nur so mächtig, wie seine Untergebenen es erlauben. Und gerade hängt meine Autorität an einem sehr dünnen Faden. Ich muss ihre Herzen wieder für mich gewinnen.
»Mein Wort gilt«, bekräftigte der junge Marczeg. »Wir können uns keine Feindseligkeiten mit den Wlachaken erlauben. Mein Vater war einem Abkommen mit Ionna zugeneigt. Allein die Umstände haben dies verhindert. Wir werden dieses Bündnis schmieden und die Wünsche meines Vaters achten.«
Aufmerksam blickte Tamár in die Runde. Er sah bedenkliche Gesichter und Widerstand, doch er fuhr beharrlich fort: »Außerdem ist es besser, wenn die Wlachaken an unserer Seite bluten. Dieser Kampf wird alle schwächen, nicht nur uns, und ihre Begehrlichkeiten, so sie existieren, im Keim ersticken.«
Diesmal nickten einige der Hauptleute, darunter auch Rurjos. Selbst Odön, auch wenn er nicht zustimmte, widersprach ihm nicht. Zufrieden leerte Tamár seinen Pokal und sah den Baró fragend an. »Wie viele Soldaten führt Szilas ins Feld? Wir hatten bisher nur sehr widersprüchliche Berichte von den Spähern. Wisst Ihr Genaueres?«
Der Szarke trat an einen kleinen Tisch, entrollte eine Karte, die das Sireva zeigte. Mit einem Finger fuhr er die Linie des Magy von Turduj aus beginnend nach Westen nach.
»Szilas hat den Großteil seiner Armee aus Turduj abgezogen. Sie folgen, ähnlich wie Ihr, Marczeg, dem Verlauf des Magy und nutzen dabei die Pfade der Burlai.«
Sein Finger deutete auf einen Ort etwa drei Tagesmärsche von Turduj entfernt.
»Hier hatten unsere Späher Kontakt. Sie berichteten uns, dass Szilas weit über sechzighundert Soldaten hat, davon ein Gutteil Kavallerie. Möglicherweise mehr als ein Drittel. Inzwischen steht der Marczeg hier.«
Auf der Karte war deutlich zu erkennen, dass die anrückende Armee nicht weit entfernt sein konnte. Nachdenklich zog Tamár die Stirn in Falten und versuchte, sich an die Umgebung zu erinnern. Als Anführer von Soldaten war er in alle Ecken des Sirevas geritten, und er kannte seine Heimat gut. Auf dem Weg zu Ionnas Heerlager hatte er
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