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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Löwin von Désa gegeben hatten.
    »Möglicherweise«, stimmte Tamár zu, was Rurjos einen fragenden Blick entlockte. »Aber ich glaube das nicht. Mein Vater war für dieses Bündnis. Er wusste, dass es nicht einfach sein würde, mit den Wlachaken auszukommen. Er hatte recht, und es brennt mir im Herzen, dass ich Masriden hängen musste.«
    Der grauhaarige Krieger nickte langsam.
    Mit einer Hand strich sich Tamár über das Gesicht, während er sich mit der anderen auf den Tisch stützte. »Aber sie haben sich gegen mein Wort gerichtet. Sie haben mein Ansehen bei den Wlachaken untergraben. Ich hätte sie bestrafen müssen, so oder so. Auch Ionna hat ihre Leute gehängt. Ich weiß, dass wir ein gefährliches Spiel spielen, Rurjos. Doch uns bleibt kaum eine andere Wahl. Ich habe alle Spielzüge bedacht. Glaubt Ihr mir? Vertraut Ihr mir?«
    Die Fragen hingen in der Luft, eindringlich und mit weitreichenden Folgen. Jetzt entscheidet es sich. Wenn er mir nicht deutlich antwortet, habe ich ihn verloren. An Odön verloren, erkannte Tamár. Seine Finger umklammerten die Tischkante, bis seine Knöchel weiß hervortraten. Er sah den Veteranen an, der jedoch seinem Blick auswich. Im Gesicht des Barós arbeiteten die Muskeln, dann sah er auf.
    »Euer Vater war ein guter Marczeg, Herr. Er hat unser Land durch alle Gefahren geführt, die richtigen Bündnisse geschmiedet, die fähigsten Berater an seinen Hof geholt. Es war stets richtig, ihm zu dienen. Ihr seid jung«, erklärte Rurjos, und Tamár schloss die Augen. Er misst mich an meinem Vater, und er wird mich für schwächer halten. Habe ich nicht Turduj verloren? Bin ich nicht im Begriff, meine Macht über mein Volk zu verlieren?
    »Aber Ihr seid Eures Vaters Sohn«, fuhr der Veteran fort. »Ihr geht einen schweren Weg. Einen Weg, den Ihr allein nicht bewältigen könnt. Wir können uns jetzt keine Uneinigkeit leisten.«
    Stumm nickte Tamár, während Rurjos hörbar den Atem ausstieß.
    »Mir schmeckt das Bündnis nicht. Aber Ihr habt Euch entschieden, und ich werde Euch folgen. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als den Wlachaken zu vertrauen. Wenn sie unseren Untergang planen, dann sind wir ohnehin verloren. Denn Ihr habt recht: Einen Krieg an zwei Fronten können wir nicht austragen, nicht jetzt, nicht unter diesen Umständen.«
    »Danke.«
    »Nur erinnert Euch stets daran, wer Ihr seid und wo Ihr hingehört. Die Wlachaken sind uns nicht gleich, das dürfen wir niemals vergessen.«
    »Ihr sprecht mir aus dem Herzen, Rurjos. Alles, was ich tue, geschieht, um mein Volk und mein Land zu retten. Der Wein, den ich trinke, ist bitter, aber ich werde den Becher bis zur Neige leeren, wenn es sein muss.«
    »Euer Vater hat Euch auf diese Tage vorbereitet«, sagte der Baró und nickte Tamár zu. »Führt uns gut.«
    Damit wandte er sich ab, und Tamár spürte eine mächtige Erleichterung in den Knochen. Rurjos ist kein Ränkeschmied. Er spricht aus, was er denkt. Seine Unterstützung ist mir sicher. Dann musste der junge Marczeg an die letzten Worte des Veteranen denken. Auf Zeiten wie diese hat mein Vater mich nicht vorbereitet; wie hätte er sie auch kommen sehen sollen? Aber ich werde mich ihnen stellen und mich ihnen gewachsen zeigen. Oder dabei untergehen. Mit einem letzten Blick auf Odön, der wild gestikulierend in ein Gespräch mit einigen Adligen vertieft war, verließ Tamár das Zelt und sah sich im Lager um, dessen Soldaten schon bald mit dem Namen Békésar auf den Lippen in die Schlacht ziehen würden.

30
     
     
    D er Geruch von Krankheit und Verfall hing schwer in der Hütte. Seit dem Gespräch mit Ruvon hatte sich Vangelius Zustand zusehends verschlechtert, bis der alte Mann die Augen geschlossen hatte und in einen unruhigen, von Hustenanfällen gestörten Schlaf gefallen war. Während Tarlin nicht von der Seite des Geistsehers wich und diesem von Zeit zu Zeit das Gesicht mit einem feuchten Tuch abwischte, fühlte sich Sten hilflos. Zunächst blieb er, doch dem alten Mann beim Sterben zuzusehen zehrte an seinem Innersten und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Alles in der Hütte schien von der Krankheit gezeichnet zu sein; alles wies auf die kleine Lagerstatt, wo Vangeliu mit dem Tod rang. Selbst die Feuerschalen verbreiteten ein unangenehmes, fahles Licht, das Vangelius schweißfeuchte Haut wächsern glänzen ließ. Der schwere Atem und der bellende, harte Husten klangen Sten wie das Lachen des Todes in den Ohren, bis er schließlich hinaus in den anbrechenden Tag

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