Die Schlacht der Trolle
die tiefe Stimme des Leibwächters. Zerstreut blickte Sargan auf und schüttelte den Kopf. »Nein. Ich muss nachdenken, also störe mich nicht.«
Wenn die Zurechtweisung den Sylken traf, dann ließ er es sich nicht anmerken. Irritiert betrachtete Sargan den großen Krieger in der goldenen Rüstung, der nur dann wortlose Kritik an Sargans Verhalten übte, wenn der Legat es ihm nicht vorwerfen konnte. Komm schon, verzieh den Mund, dachte der Dyrier, aber Balaos tat ihm diesen Gefallen nicht. Also verbannte Sargan den Soldaten aus seinen Gedanken und konzentrierte sich wieder auf die Probleme, die vor ihm lagen. Attaga wollte eine Nachricht senden. Hat sie gehofft, dass ich dem zustimme und mich später korrigieren muss? Das hätte Zweifel an meiner Nützlichkeit aufkommen lassen. Will sie meine Autorität untergraben?
Seufzend griff Sargan nach dem Krug mit dem Honigwasser, der neben seinem Diwan stand. Zum einen war die Lage in Ardoly ungleich komplizierter, als er gehofft hatte, zum anderen drohten von Seiten seiner eigenen Gesandtschaft Intrigen. Ich sollte das Land nicht Ardoly nennen, berichtigte sich der Dyrier selbst. Hier heißt es Wlachkis. Außerdem war es einst die Provinz Wlachkis. Nur weil die Masriden das Land Ardoly nennen, brauche ich nicht dasselbe zu tun. Es sei denn, ich erkenne ihren Anspruch an. Dies war noch ein wunder Punkt. Es wäre vernünftig, den Krieg auszusitzen, sein Ergebnis abzuwarten und mit dem Sieger Geschäfte zu machen. Allerdings wusste Sargan nur allzu gut, dass ein eindeutiger Sieg unwahrscheinlich war. Viel eher würde es erneut zu einem schwelenden Konflikt kommen. Und dann galt es, beide Seiten gleichmäßig zu beachten. Es sei denn, das Goldene Imperium beschließt, nur eine Seite zu unterstützen. Allerdings ist dann die Frage, wessen Wort man mehr Gewicht beimisst - dem meinen oder dem der Spione in meiner Gesandtschaft, die ihre Berichte an andere Stellen abgeben. Ginge es nur nach mir, würde ich Şten und den ehemaligen Rebellen einfach zur Seite stehen und somit Fakten schaffen. Aber wenn ich auf das falsche Pferd setze, wird man mir daraus einen hübschen Strick drehen, mit dem man mich auf das Rad flechten wird.
Unwillkürlich sehnte sich der Dyrier nach den alten Zeiten zurück, als seine Aufträge zwar gefährlich, ja manchmal sogar beinahe tödlich waren, er aber wenigstens immer wusste, aus welcher Richtung der Dolch kommen würde. Jetzt hingegen musste er sich mit den Intrigen des Hofes herumschlagen, die so allumfassend waren, dass sie bis in das rückständige Wlachkis reichten. Jedes Wort will sorgfältig abgewogen sein, jede Handlung genauestens durchdacht. Jeder Fehler wäre tödlicher als ein wütender Troll. Nun gut, ebenso tödlich, dachte Sargan, der an Pards gewaltige Körperkräfte und die berüchtigte üble Laune des Trolls denken musste.
Plötzlich wurde die Tür geöffnet, und Attaga kehrte in den Raum zurück. Sargan beobachtete das kurze geflüsterte Gespräch zwischen ihr und Balaos. Sie schritt, so schnell es das Protokoll erlaubte, durch den Saal und hob sogar den Blick. Voller Genugtuung bedachte Sargan den Verstoß gegen die Etikette mit einer hochgezogenen Augenbraue, welche die Zeremonienmeisterin dazu veranlasste, das Haupt sofort zu neigen. Anscheinend hatte der Vorfall sie aus dem Konzept gebracht, denn als sie sprach, stotterte sie zunächst: »Ich bitte um Verzeihung.«
»Gewährt«, erwiderte Sargan großmütig. Ein solches Vergehen hätte mit körperlicher Züchtigung geahndet werden können. Aber so ist sie ist mir zu Dank verpflichtet.
»Es gibt Neuigkeiten. Ein Bote traf gerade aus dem Osten ein.«
»Berichte.«
»Die Voivodin hat sich gemeinsam mit Marczeg Tamár zur Schlacht gestellt. Ihre vereinten Armeen wurden geschlagen; die Voivodin scheint gefallen zu sein. Der Bericht ist etwas unklar, der Bote wirkt verwirrt. Aber Marczeg Laszlár verfolgt wohl die Überreste der beiden Heere und scheint den Krieg mit einem entschiedenen Schlag beenden zu wollen.«
Eine Spur von Triumph huschte über die Züge der Zeremonienmeisterin, als Sargan mit versteinerter Miene den Neuigkeiten lauschte. Es scheint, als wären die Götter gegen die Wlachaken. Aber zumindest hat sich Attaga als Kreatur eines meiner Feinde zu erkennen gegeben. Was soll ich nun tun?
»Wir benötigen mehr Informationen. Verdopple deine Bemühungen, diese zu erlangen«, wies er die Dyrierin an und entließ sie. Hätte Ionna nicht siegen können? Jetzt wird
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