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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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herum schlugen Geschosse mit dumpfem Krachen ein. Es schien nur so Felsen, Steine und halbe Bäume zu regnen. Tamár duckte sich unter einem kopfgroßen Felsbrocken hinweg und kauerte sich dann hinter den Leib des gefallenen Trolls, um Deckung zu finden. Als er zu Irinyi hinüberschaute, sah er, dass ihr Gesicht von Blut überströmt war.
    »Ich … ich kann … nicht mehr lange. Das Licht … brennt«, keuchte Sanyás, dem der Schweiß in Strömen über das Gesicht lief und dessen Arme zitterten. Fluchend blickte Tamár sich um, versuchte zu erkennen, woher die Geschosse kamen, doch er konnte kein eindeutiges Ziel ausmachen. Selbst wenn, ohne das Licht können wir gegen diese Monstren nichts ausrichten, dachte er und rief: »Auf die Pferde! Nehmt die Verwundeten mit. Wo ist Ignác?«
    Stumm deutete Köves auf eine furchtbar entstellte Leiche, deren Arme und Beine gebrochen zu sein schienen und deren Kopf fehlte. Am verzierten Waffenrock konnte Tamár jedoch erkennen, dass der Szarke recht hatte: Der Waffenmeister war in das Ewige Licht eingegangen.
    »Nimm Irinyi mit«, befahl Tamár Köves und lief zu seinem eigenen Pferd. Mit einem Satz sprang er in den Sattel und drückte Szeg herum.
    »Nach Süden!«, brüllte er in der Hoffnung, dass die Monster seinen Befehl nicht deuten konnten, und lenkte sein Streitross dann neben Sanyás. Der Sonnenpriester schien der Ohnmacht nahe, sein Gesicht war kalkweiß, und seine Augen zuckten unkontrolliert. Als Tamár sah, dass die kläglichen Überreste seiner kleinen Truppe sich gesammelt hatten, packte er den Priester an der Robe und warf ihn vor sich über die Kruppe des Pferdes. Mit einem Schnalzen und den Hacken trieb er Szeg an, noch bevor das Licht in den Händen des Priesters erloschen war. Im Dorf und dem umliegenden Wald ertönte triumphierendes, blutgieriges Gebrüll, indes Tamár sich tief nach vorn duckte und verzweifelt versuchte, nicht nur sich selbst, sondern auch den bewusstlosen Sanyás bei dem wahnwitzigen Ritt durch die Nacht auf dem Pferd zu halten.

4
     
     
    D ie letzten paar hundert Schritt ging Flores zu Fuß. Ihr Pferd war erschöpft von dem langen Ritt, und die junge Wlachakin hatte nicht vor, es zu Schanden zu reiten, nur um ein wenig früher an der Fährstation anzukommen. Die Wagen der Händler rumpelten hinter ihr auf der ausgetrockneten Erde der Straße und wirbelten Staub auf, der von dem sanften Wind in dicken Wolken nach Osten geweht wurde. Die heiße Sonne machte allen Tieren zu schaffen, und auch die Menschen schwitzten und fluchten unter ihren Strahlen. Flores hingegen genoss die Wärme. Sie hatte ihre Rüstung abgelegt und auf dem Pferd festgezurrt und trug nun nur eine Hose und ein einfaches Hemd, dessen lose Zipfel im Wind flatterten. So nahe an Teremi erwartete sie keinerlei Schwierigkeiten mehr, auch wenn sie Schwert und Dolch natürlich am Waffengürtel trug.
    Schon oft war Flores cal Dabrân von ihren vielfältigen Aufträgen als Söldnerin nach Teremi zurückgekehrt, doch im letzten Jahr hatte der Anblick der Stadt sich verändert. Von den Zinnen der Feste Remis hingen nun die grünen Banner der Fürstin Ionna cal Sares mit dem schwarzen Raben, der Ionnas Feldzeichen war. Die einige Schritt langen schweren Stoffbahnen bewegten sich kaum im Wind, anders als die Wimpel auf dem mächtigen Bergfried. Zu Füßen der Festung, deren dunkler Stein sie selbst an einem sonnigen Tag düster erschienen ließ, lagen die Häuser und Hafenanlagen Teremis mit ihrer weißen Tünche und den hohen Giebeln. Früher hatte Flores die Stadt als zusammengekauert empfunden, geduckt unter Zorpads Knute. Jetzt hingegen schien sie einfach die Nähe und Sicherheit der Burg zu suchen, so düster diese auch wirken mochte. Hat sich tatsächlich alles verändert?, fragte sich Flores, oder ist es nur mein Blick, der anders ist? Oder ist es einfach die Sonne, die alles verwandelt?
    Am Ufer des Magy, dessen Kraft selbst so weit oben am Flusslauf schon zu erahnen war, hatten die Navari, die Fährleute, neben der hölzernen Hütte ein fleckiges Tuch gespannt, in dessen Schatten sie saßen und das Moraspiel spielten. Unter lautem Gejohle wurden die Hände ruckartig bewegt, dann riefen alle ihre Zahlen, und schließlich wurde unter viel Geschrei der Sieger ermittelt. Vom Klagen der Verlierer sowie dem Spott der Gewinner begleitet, wurden die Einsätze eingesammelt, und die Fährleute waren so abgelenkt, dass sie Flores erst bemerkten, als diese sich vor dem Sonnensegel

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