Die Schlacht der Trolle
warum die Krieger Tamár weiter folgten. Weil er in jeder Situation bei ihnen war und selbst niemals aufgab. Sie wussten, dass sie sich auf ihn verlassen konnten. Er verlangte viel von seinen Soldaten, doch er selbst leistete noch mehr. Aber er sieht das nicht. Er fürchtet, zu versagen und der Grund für den Untergang des Hauses Békésar zu sein. Die Vorwürfe, die er sich selbst macht, legt er seinen Kriegern in den Mund.
Natürlich musste Flores zugeben, dass die Ereignisse der letzten Wochen niederschmetternd waren. Auch sie spürte die Last der Verantwortung, die sich unversehens auf ihre Schultern gelegt hatte.
Selbst wenn sie Szilas entkamen, würde der Krieg im nächsten Jahr mit gleicher Härte und ungewissem Ausgang weitergeführt werden. Das Land und seine Bewohner würden weiter leiden. Aber wir haben keine andere Möglichkeit. Wir Wlachaken werden uns nicht unterwerfen und die Unterdrückung neuerlich ertragen. Dazu wurde unsere Freiheit zu teuer erkämpft; zu viele sind dafür gestorben. Einen Moment lang stutzte Flores. Bei allen Geistern, ich klinge schon wie Şten und Nati! Der Gedanke ließ sie lächeln, auch wenn die Erinnerung an Natiole immer noch schmerzte. Sie wusste, dass der Rebell in diesem Moment stolz auf sie wäre. Und sie konnte ihn jetzt besser verstehen als je zuvor.
Seit sie die Ausläufer der Sorkaten erreicht hatten, war das Wetter noch kühler geworden. Getrieben von einem eiskalten Wind, der von den höchsten Gipfeln der schneebedeckten Berge wehte, peitschte der Regen auf die marschierenden Soldaten nieder, die sich, so gut sie konnten, dagegen zu schützen suchten.
Trotz all dieser Widrigkeiten schleppten die Krieger sich weiter, denn ihre einzige Hoffnung lag in der legendären Feste Désa, die von den Voivoden im Laufe des jahrhundertelangen Kampfes gegen die Masriden immer weiter ausgebaut worden war, bis sie als uneinnehmbar galt. Flores hatte gemeinsam mit Sten ihre Jugend in der Festung verbracht, die auf einem Plateau über der gleichnamigen Stadt thronte. Beide, Stadt und Feste, lagen am Ende des Désa-Tals und waren von mehreren trutzigen Mauern geschützt. Jeder Angreifer musste diese erst überwinden, bevor er die Burg überhaupt angreifen konnte.
Auch Flores setzte all ihre Hoffnung auf Désa, denn sie war des Kämpfens und Reitens müde. Dabei wusste sie, dass der Marsch für die einfachen Fußsoldaten noch schlimmer war. Man konnte es sehen, an den durchnässten Mänteln, den eingefallenen Gesichtern, den leeren Augen.
Das Geräusch von galoppierenden Hufen schreckte Flores aus ihren Gedanken auf. Von vorn näherte sich ein Masride im gestreckten Galopp. Erdklumpen wirbelten durch die Luft; der Mann hatte seinen Kopf gesenkt, um die Augen vor dem Regen zu schützen. Als er nur noch wenige Schritt entfernt war, riss er an den Zügeln und lehnte sich nach hinten. Sein Tier scheute beinahe, die Hufe glitten auf dem rutschigen Untergrund aus, doch der Masride warf sich zur Seite und hielt so das Gleichgewicht. Während das Pferd schnaubend zum Stehen kam, rief der Reiter: »Die Vorhut wird angegriffen!«
Sofort ritt Tamár neben ihn und packte ihn am Arm. »Von wem? Und wie vielen?«
»Reitern, Vezét. Einigen Dutzend«, berichtete der Bote atemlos.
»Wer führt die Vorhut?«, erkundigte sich Flores.
»Rurjos«, antwortete Tamár und lenkte sein Pferd herum. Der Marczeg stellte sich in die Steigbügel und rief: »Reiter nach vorn! Macht euch zum Kampf bereit!«
Flores wandte sich an die Gruppe Wlachaken, die an der Spitze der Kolonne marschierte: »Folgt uns schnell, aber seid vorsichtig, es könnte ein Hinterhalt sein.«
Dann trieb sie ihr Pferd an und folgte Tamár, der inmitten seiner Garde bereits voranritt. Ein Blick über die Schulter zeigte der Wlachakin, dass die Berittenen rechts und links der Marschkolonne vorbeipreschten und sich ihnen anschlossen.
Der kalte Regen war wie eine endlose Folge von kleinen Stichen im Gesicht, bis die Haut so kalt war, dass Flores kaum noch etwas spürte. Sie ritten in halsbrecherischem Tempo den Weg entlang, und der aufgeweichte Boden war gefährlich. Die Wlachakin konnte in Tamárs Miene lesen, dass es dem jungen Marczeg zu langsam voranging, doch selbst die geübten Reiter der Masriden mussten sich dem Wetter beugen.
Trotz des prasselnden Regens hörte Flores schon bald die Geräusche eines Kampfes. Als sie durch ein letztes Stück Wald ritten, sah die Wlachakin zwischen den Bäumen hindurch das Gefecht. Die
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