Die Schlacht der Trolle
rannte auf ihn zu, stolperte beinahe über einen Felsen, ohne deswegen auch nur ein wenig langsamer zu werden, und fiel dem Menschen in die weit ausgebreiteten Arme. Kerr konnte hören, wie sie immer wieder seinen Namen murmelte. Sten hielt sie fest, die Augen geschlossen. Dann nahm er ihr Gesicht in seine Hände und schaute sie lange an. Er sagte etwas zu ihr, geflüsterte Worte, die Kerr nicht verstehen konnte. Die Frau, die Turk Viçinia genannt hatte, erwiderte etwas, ebenso leise. Dann hob sie eine Hand und strich Sten über die dunklen Haare am Kinn. »Du hast dir ja einen Bart wachsen lassen«, sagte sie mit einem Schnauben, das halb wie ein Lachen und halb wie ein Schluchzen klang.
»Ich habe vergessen, mich zu rasieren. Es vergessen, wie so viele andere Dinge. Nichts war mehr wirklich wichtig, als ich dachte … als ich dachte, dass du …«
Die Stimme des Menschen versagte, und er sprach nicht weiter.
Kerr blickte die beiden Menschen ebenso verblüfft wie fasziniert an.
»Bring mich fort von hier«, bat Viçinia plötzlich. »Bring uns wieder nach oben.«
»Ich verspreche es dir. Wir helfen den Trollen bei dem, was getan werden muss, und dann kehren wir zurück. Nach Wlachkis, ins Tageslicht. Ich verspreche es dir.«
50
I n der Dunkelheit lauerte Anda auf die Beute. Ihre Jäger würden die letzten, jämmerlichen Überreste des Stammes zu ihr treiben. Ihr Sieg würde erst vollständig sein, wenn Pard, ebenso wie Druan, vernichtet wäre. Er ist damals geflohen, als die Menschen Zdam getötet haben. Er ist kein Troll, er verdient es nicht, in meiner Heimat zu leben.
Die Rufe der Jäger hatten sich entfernt, aber Anda hatte überall in den Gängen Gruppen von ihnen postiert. Die Beute konnte nicht entkommen.
Dennoch wurde die Trollin allmählich unruhig. Ein Kribbeln lief ihr über den Nacken, ein seltsames Gefühl von Veränderung beschlich sie. Hastig legte sie die Klauen an die Wand und öffnete sich ganz dem Schlag des Herzens.
Das Labyrinth der Gänge und Höhlen war endlos. Sie spürte jeden Felsen, jedes Wesen, das sich zwischen diesen bewegte. Sie erkannte ihre Trolle, stark und mächtig, die unangefochtenen Herrscher dieser Welt. Aber sie spürte keine schwachen Trolle, nirgends in ihrer Nähe.
Ihr Brüllen hallte durch die Finsternis und schreckte ihre Begleiter auf.
»Was ist?«
»Sie sind entkommen! Der Feigling muss sie weiter in die Tiefe geführt haben!«
Ohne lange zu überlegen, lief Anda los, zum nächsten Gang in die tiefer liegenden Regionen. Ihre Schreie riefen die verstreuten Jäger zusammen, doch einige waren zu weit entfernt und würden zu lange brauchen, um zu ihnen aufzuschließen. Er denkt, er ist schlauer als wir. Er geht dahin, wo selbst Trolle kaum überleben können. Aber er kann uns nicht entkommen!
Der Weg hinab war lang, doch Anda und ihre Jäger waren schnell und ausdauernd. Sie erreichten die großen Spalten, die wie Wunden in der Welt waren, und durchquerten die gewaltige Halle. Obwohl ihr Leib so nah beim Herzschlag erbebte, beachtete Anda ihre beeindruckende Umgebung nicht. Ihr Sinn war nur auf ein Ziel gerichtet: Pards Stamm zur Strecke zu bringen.
Andere Gruppen von Jägern schlossen sich ihnen an. Sie reihten sich hinter Anda ein, die unermüdlich vorwärtsrannte. Als sie den Dampftunnel erreichten, stoppte die Trollin. Der Geruch von Blut lag in der Luft, Trollblut. Um sie herum schnüffelten ihre Jäger. Der Geruch reizte sie, machte sie wütend und wild.
Zornig lief Anda in den Tunnel. Bald erreichte sie das heiße Wasser. Dort trieb der Geruch nach Blut, Angst, Hass und Tod in den trägen Dampfschwaden. Die Trollin folgte dem Geruch, der sie hinaus in den See führte, über ein schmales Stück Fels, das gerade eben aus dem kochenden Wasser ragte. Der Boden war dunkel vom Blut der Trolle. Andas eigenem Blut, das hier vergossen worden war. Keiner ihrer Jäger war zu sehen und keine Spur der schwachen Trolle zu entdecken. Sie kniete nieder und strich über den Fels. Mit dem Dreeg kamen Sinneseindrücke, flossen Bilder durch ihren Geist. Hier unten waren keine weiteren Jäger, nur Pards Trolle, die sich immer weiter in Richtung des Herzschlags entfernten.
Rasend vor Wut, brüllte Anda auf. Dunkler Groll pochte in ihrem Herzen. Er hat wahre Trolle getötet! Ich werde ihn zerquetschen!
»Folgt mir!«, befahl sie. Ihre Stimme klang donnernd, und selbst ihre Trolle bebten vor Furcht, als sie sie vernahmen. »Unsere Beute flieht zum Herzen. Sie ist
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