Die Schlacht der Trolle
ganzen Morgen in der Luft, doch bisher hatte Szilas nur seine Truppen Aufstellung beziehen lassen und wartete ab.
»Ich hätte nicht übel Lust, selbst den Sturm zu befehlen«, zischte Flores. Bevor Neagas widersprechen konnte, fuhr sie fort: »Ich weiß. Das wäre Wahnsinn. Aber dann wäre diese elende Warterei wenigstens vorüber.«
»Wir werden noch früh genug kämpfen.«
Linkerhand war die schwächste Position ihrer Stellung. Dort führte Istran die Flanke, deren Reihen mit denen bestückt war, die verletzt oder krank waren, aber noch eine Waffe führen konnten. Ihre spärlichen Reserven waren angewiesen worden, besonderes Augenmerk auf den linken Flügel zu haben. Am liebsten hätte Flores Neagas als Kommandeur der schwächeren Einheiten gehabt, denn der alte Kämpe war ein gewiefter Stratege und gut darin, seine Krieger auch im härtesten Getümmel beieinanderzuhalten. Aber Istran hatte auf sein Recht gepocht, die Flanke zu übernehmen. Und da er als Bojar im Rang über Neagas stand und Flores den einflussreichen Kämmerer in dieser ohnehin schon so schwierigen Situation nicht vor den Kopf stoßen wollte, hatte sie widerwillig ihre Zustimmung gegeben. Selbst im Angesicht des Untergangs feilschen wir noch um Einfluss und Ehre. Manchmal verstehe ich meine eigenen Leute kaum.
Da Szilas’ Truppen im Tal weiterhin keinerlei Anstalten machten, sich zu bewegen, löste sich Flores aus den Reihen und lief hinter den Kriegern zu Tamár. Im Lager war der Boden von unzähligen Füßen aufgeweicht, und Flores musste bei jedem Schritt aufpassen, damit sie nicht ausglitt. Als sie Tamárs Position erreichte, trat der Marczeg zurück und sah sie fragend an.
»Vielleicht sollten wir einige Soldaten zurückziehen und ihnen etwas Ruhe gönnen«, schlug die Wlachakin vor.
»Was, jetzt?« Tamár zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
»Ja. Wenn wir alle jederzeit bereitstehen, arbeiten wir Szilas doch nur in die Hände. Er spielt ein Spiel mit uns, aber ich weigere mich, nach seinen Regeln zu spielen.«
»Er hofft doch nur darauf, dass wir einige Krieger abziehen. Wenn wir uns eine Blöße geben, wird er diese sofort ausnutzen. Die Reihen mitten im Angriff wieder zu füllen wäre äußerst heikel und schwierig zu bewerkstelligen.«
Grübelnd blickte Flores den Masriden an. Sie verstand seine Argumente nur zu gut, doch es missfiel ihr, sich von Szilas auf diese Weise das Vorgehen aufzwingen zu lassen. Sie war von Unruhe erfüllt; das Warten auf die Schlacht zerrte an ihren Nerven, und alles in ihr schrie danach, die Klinge in die Hand zu nehmen und die Entscheidung herbeizuführen, so oder so. Zur Untätigkeit verdammt zu sein widersprach ihrem Wesen so sehr, dass sie beinahe ein körperliches Unwohlsein verspürte.
»Es wird früh genug zur Schlacht kommen«, sagte Tamár beruhigend, der ihre Zerrissenheit wohl erahnt hatte, und Flores musste lachen.
Der junge Marczeg runzelte die Stirn. »Was ist daran lustig?«
»Das sind fast die gleichen Worte, die Neagas benutzt hat.«
»Vielleicht sollte dir das zu denken geben? Ungeduld ist in der Kriegsführung nicht gerade eine Tugend«, erklärte Tamár grinsend.
Flores verdrehte die Augen. »Und Humor ist nicht gerade deine stärkste …«, begann sie, wurde jedoch von einem Hornsignal unterbrochen. Für einen Augenblick glaubte sie, dass Szilas den Befehl zum Angriff gegeben hatte, doch es näherte sich lediglich ein Reiter.
»Kein Unterhändler«, stellte die Wlachakin fest, als sie das hoch aufgerichtete Drachenbanner sah, das der Berittene in der Faust trug. Gemeinsam mit Tamár drängte sie sich durch die Reihen der Krieger nach vorn, um besser sehen zu können.
»Eine Herausforderung«, vermutete Tamár. »Womöglich sucht er den Zweikampf.«
»Szilas? Gegen dich? Bei diesem Wetter? Das würde der eitle Laffe niemals wagen. Sein Mantel könnte ja mit Schlamm bespritzt werden«, entgegnete Flores abfällig.
Der Bannerträger ritt näher, bis er nur noch ungefähr zweihundert Schritt entfernt war. Dann lenkte er sein Pferd zur Seite und ritt die Linie ab. Seine Stimme ertönte hell und deutlich, selbst durch den Regen: »Masriden! Marczeg Laszlár Szilas weiß, dass ihr es hasst, an der Seite der schwachen Wlachaken kämpfen zu müssen! Er weiß auch, dass ihr glaubt, eurem verräterischen Herrn treu sein zu müssen, und er ehrt euch deshalb!«
»Schießt den Bastard vom Pferd«, knurrte Rurjos.
Einige Bogensehnen sirrten, doch die Schüsse verfehlten den
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