Die Schlacht der Trolle
Herzen. Die Trollin trat zu Pard, der taumelnd zurückwich, einen Arm in einer sinnlosen Geste der Abwehr erhoben. Sie ignorierte den schwachen Schlag, der sie traf, und schüttelte belustigt den Kopf: »Du bist der letzte Zeuge einer toten Welt. Ich trete in die neue Welt, die Welt der Trolle.«
Unvermittelt stand Kerr auf. Andas Blick fiel voller Verachtung auf ihn. »Du kommst auch noch dran, keine Sorge. Wir hätten sichergehen sollen, dass du tot bist, du schwaches, erbärmliches Wesen!«
Ein Dreeg nahm Andas Worten ihre Bedeutung. Als würde sein Blick von der Dunkelheit unwiderstehlich angezogen, schaute Kerr zu dem Dunkelgeist. Ohne wirklich zu wissen, was er tat, trat er vor, halb geleitet von Tarlins Worten. Weit entfernt brüllte Anda voller Wut auf, doch Kerr erreichte ihr Schrei nicht mehr. Die Finsternis umfing ihn, liebkosend, flüsterte ihm Versprechungen von Geborgenheit und Schutz ins Ohr. Die Stimme war angenehm, wie der Ruf des Stammes. Kerrs Klauen berührten Haut, rau und kühl, die Haut eines Trolls.
Das Herz schlug. Und Kerr nahm die Welt in sich auf.
55
N ur aus dem Augenwinkel sah Viçinia, wie der junge Troll Kerr auf die Dunkelheit zuschritt, welche die Wlachakin selbst nicht anzusehen wagte. Die grausamen Visionen waren an den Rand ihrer Sicht gerückt, die flüsternden Stimmen in ihrem Geist kaum noch verständlich, aber die absolute, alles verschlingende Finsternis war noch da, lauerte darauf, dass Viçinia einen Moment der Schwäche zeigte. Deshalb hielt sie die Augen abgewendet und blickte stattdessen Sten an. Sie konnte die widerstreitenden Gefühle in ihm ringen sehen, den Wunsch, Pard zu helfen, und das ohnmächtige Wissen, dass dies unmöglich war.
Plötzlich verstummten die leise murmelnden Stimmen. Die Bilder verblassten. Erstaunt sah Viçinia auf. Die Dunkelheit war noch vorhanden, eine sich ständig bewegende Schwärze, aber sie wirkte weniger bedrohlich, weniger fremdartig.
Viçinias Blick wanderte zu Pard und Anda, die sich gegenüberstanden. Wie zwei Seiten einer Münze, dachte sie benommen. Sie bemerkte Andas ungläubigen Gesichtsausdruck. Die Trollin starrte an ihrem Körper herab, und als Viçinia dem Blick folgte, sah sie, wie all die Wunden, die Pard geschlagen hatte, wieder aufbrachen, sich öffneten wie Blumen, die dunkles Blut preisgaben.
»Du bist kein Troll mehr«, flüsterte Pard und warf sich auf Anda. Bevor die Trollin reagieren konnte, wurde sie zu Boden gerissen. Die unglaubliche Kraft der Trolle überwältigte Viçinia, die den Atem im Angesicht solcher Wut anhielt. Die beiden rangen wie Urgewalten miteinander, in einem gnadenlosen Kampf gefangen.
Andas Trolle wichen zurück. Auf ihren Mienen zeigte sich Unsicherheit, ja Angst. Turk sprang aus den Schatten, lief an den Kämpfenden vorbei und stürzte sich brüllend auf einen der Feinde. Andere Trolle folgten ihm, und innerhalb von wenigen Herzschlägen war die Höhle von ihrem Gebrüll erfüllt. Diesmal heilten die geschlagenen Wunden nicht sofort, diesmal waren Turks Jäger ihren Gegnern ebenbürtig.
Auch Sten sprang mit gezogener Klinge auf die Beine. Er duckte sich unter den wirbelnden Armen eines Trolls durch und schlug nach dessen Gegner. Es fiel Viçinia schwer, den Blick von ihm zu lösen, ihre Angst um ihn zu beherrschen, doch sie sah zu Pard, der über Anda kniete, die Faust erhoben. Wieder und wieder sauste die Pranke herab, schlug Andas erhobene Arme zur Seite, traf ihren Schädel.
Langsam drängten Turk und die Jäger ihre Feinde zurück. Schritt für Schritt, über die Gefallenen schreitend, bis in den Gang.
Pard hob die Pranken hoch über den Kopf und hieb nach Andas Schädel. Die Trollin bäumte sich auf. Dann lag sie still. Es ging wie ein Wispern durch ihre Trolle, sie wandten sich zur Flucht und stürmten in den Gang.
Einige andere Trolle wollten sie verfolgen, doch Turk rief: »Nicht!«, und sank zu Boden. Er sah übel zugerichtet aus, aber er fletschte die Zähne und grinste.
Pard, der noch immer unbeweglich über Anda kniete, kippte plötzlich zur Seite weg. Zahllose Wunden bedeckten seinen Leib, er atmete schwer. Mühsam schob er sich an der Wand hoch und lehnte sich mit dem Rücken an den Fels.
Aus der Mitte der Dunkelheit trat Kerr. Die Finsternis schien ihn nicht freigeben zu wollen, sie klebte an ihm, umrankte ihn, hielt ihn fest wie eine Geliebte. Doch der junge Troll tat ein paar unsichere Schritte, bis er aus der Schwärze entkommen war, dann knickte er ein
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