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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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trat Tamár mit erhobener Faust auf Flores zu, die jedoch nicht zurückwich, sondern den Masriden angriffslustig anfunkelte.
    »Ihr habt doch Feuer in Euren Adern. Nutzt das, Prinz«, sagte Viçinia hastig. Für einen Moment schien der Krieger gewillt, die kleinere Wlachakin niederzuschlagen, doch dann senkte er den Arm und sah Viçinia an.
    »Turduj ist eine Stadt. Der Stammsitz Eurer Familie. Sie ist alt und groß und wichtig. Aber sie ist nicht das Herz Eures Landes.«
    »Und wo finde ich dieses Herz?«, höhnte Tamár.
    Ohne ihn aus den Augen zu lassen, trat Viçinia vor und legte ihm die Hand auf die Brust.
    »Hier. Oder nirgendwo.«
    »Dort draußen, in all jenen, die bereit sind, für Euer Haus zu kämpfen. Eure Stärke liegt nicht in der Dicke Eurer Mauern oder in der Schärfe Eurer Schwerter. Sie liegt nicht in einem Einzelnen, sondern in allen, die Euch folgen«, führte Flores aus.
    Stille hüllte die drei Menschen ein, die sich gegenüberstanden und einander ansahen. Eine Ewigkeit schien zu verstreichen, ohne dass sich jemand bewegte oder etwas sagte. Alles in Viçinia schien dem jungen Masriden zuzurufen: Sei vernünftig! Entscheide weise! Dennoch schwieg sie, bis Tamár zurücktrat und den Bann löste, indem er sagte: »Ihr predigt Verrat gegen meinen Vater.«
    Noch regte sich Widerstand in ihm, aber Viçinia konnte spüren, wie er schwand.
    »Ich predige den Erhalt Eures Hauses. Ihr sagt selbst, dass Turduj fallen wird. Aber Eure Familie muss nicht mit der Stadt fallen. Euer Land muss nicht mit der Stadt fallen. Euer Volk …«
    »Ja, ja. Schon gut«, antwortete Tamár und hob abwehrend die Hände. »Ich werde Zeit benötigen, darüber nachzudenken. Und ich werde mir auf keinen Fall den Thron meines Vaters vor der Zeit aneignen!«
    »Niemand verlangt so etwas von Euch, Prinz. Euer Vater wird die Weisheit dieses Vorgehens erkennen, wenn der Schock über den Angriff abgeklungen ist. Er ist ein gewiefter Herrscher. Das hat er immer wieder bewiesen«, bestärkte Viçinia den Prinzen, auch wenn ihr in Erinnerung an den Anblick, den Gyula zuletzt geboten hatte, Zweifel an ihren eigenen Worten kamen.
    Mit einem Nicken trat Tamár aus der Tür. Bevor er sie schließen konnte, bat Flores: »Könnt Ihr uns erlauben, einen günstigeren Ort als diesen aufzusuchen, während Ihr unsere Worte erwägt? Ich würde gern sehen, was vor sich geht …«
    Nach kurzer Überlegung wies der Masride den Soldaten vor der Tür an: »Geleite die Wlachaken zum Dach. Sie dürfen dort oder in ihren Räumen sein, nirgends sonst. Ist das klar?«
    »Ja, Herr«, erwiderte der Krieger mit einer Stimme, die verriet, wie wenig ihm dieser Auftrag behagte, und trat beiseite, um den Prinzen vorbeizulassen.
    Während sie auf das Dach stiegen, flüsterte Flores: »Glaubst du, dass er das Richtige tun wird?«
    Unsicher verzog Viçinia das Gesicht. »Ein Ertrinkender ergreift auch einen Strohhalm. Seine Verzweiflung war ihm anzusehen, oder nicht?«
    »Schon. Aber er scheint ziemlich halsstarrig zu sein. Und loyal seinem Vater gegenüber.«
    »Wir müssen hoffen, dass er intelligent genug ist, den Sinn unseres Angebotes zu erkennen.«
    »Und nicht zu stolz, es anzunehmen. Wird Ionna ein Bündnis ehren?«
    »Sie wird alle Absprachen halten, die ich treffe. Ich habe vorhin die Wahrheit gesagt. Entweder wir verbünden uns mit dem Haus Békésar oder mit niemandem. Und wir sind nicht stark genug, gegen alle zu stehen.«
    »Noch bluten unsere Feinde sich gegenseitig aus«, erinnerte sie Flores.
    »Ein geeinigter Osten wäre eine große Gefahr für uns, vor allem, wenn keinerlei Bündnisse den Herrscher an uns binden. Wir …«, begann sie, doch in diesem Augenblick erreichten die beiden Frauen die flache Brustwehr des Gebäudes und erhaschten einen Blick auf die sonnenbeschienenen Felder vor den Toren der Stadt. Eine große Streitmacht hatte sich dort versammelt, wo am gestrigen Morgen noch Bauern ihrer Arbeit nachgegangen waren. Dunkle Gestalten bedeckten die Felder, Hunderte von Zelten waren außerhalb der Bogenreichweite aufgestellt worden, und über allem wehte der Drache des Hauses Szilas in einem warmen, sanften Wind, der von Westen kommend über das Land strich.
    Schweigend betrachteten die Wlachakinnen das Aufgebot, das die Stadt von allen drei Seiten einkreiste und trotz der heftigen Aktivität innerhalb der Reihen eher wie ein geducktes, zum Sprung bereites wildes Tier wirkte.
    Im Osten lag zwischen den Linien ein verletztes Pferd, dessen

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