Die Schlacht der Trolle
ließ Kerr seinen Blick über das Wasser wandern, in dem sich der Mond spiegelte, wenn er zwischen den Wolken hervorlugte. Inzwischen war der Himmel überwiegend bewölkt, und die Hitze war drückender und feuchter geworden. Die Trolle ertrugen diese Veränderung stoisch, aber Sten hatte mehr als einmal beim Lagern erwähnt, dass er ein Gewitter herbeisehnte. Noch hatte Kerr nicht gefragt, was das wohl sein solle, aber das Wort allein klang in seinen Ohren schon unangenehm. Jetzt jedoch waren alle Fragen vergessen, während er an den rauschenden Fluten des Flusses stand.
»Boot sind wir auch gefahren«, erzählte Pard munter weiter. »Aus der Stadt raus, als …«
»Als Natiole gestorben ist«, ergänzte Sten. Überrascht sah Kerr den Menschen an, dessen Stimme plötzlich schleppend klang.
»Natiole?«
»Ein Freund. Er wurde auf der Flucht vor Zorpads Soldaten getötet. Einer von vielen Toten, die der Krieg uns gebracht hat.«
Mit diesen Worten wandte der Mensch sich ab und beendete so das Gespräch, obwohl Kerr gern mehr über den Krieg von ihm erfahren hätte.
Die anderen Trolle hatten es sich am Flussufer gemütlich gemacht, einige besonders Unerschrockene waren sogar in die dunklen Fluten gestiegen, genossen die Abkühlung und begannen, die an Land gebliebenen mit Wasser zu bespritzen. Halb erwartete Kerr, dass Pard einschreiten würde, aber der große Troll sah dem Treiben regungslos zu, sogar noch, als er selbst einen Schwall Wasser abbekam.
Ohne auf den Tumult zu achten, versuchte Kerr die fernen Lichter der Stadt deutlicher zu erkennen, konnte aber keine Einzelheiten ausmachen. Während er noch hinüberstarrte, ertönten flussaufwärts Rufe, und schon bald schälten sich dunkle Schemen aus der Nacht, die lautlos über die Oberfläche des Stroms glitten. Es waren vier längliche Kähne mit niedrigen Bordwänden, die jeweils von einer Handvoll Menschen mit langen Stangen gestakt wurden. Obwohl Kerr noch nie zuvor ein Boot gesehen hatte, kannte er diese Transportmittel aus den Erzählungen Druans, der gern von den Erfindungen der Menschen berichtet hatte. Deshalb war sein Erstaunen über die groß und schwer wirkenden Boote, die dennoch sanft und scheinbar mühelos auf dem Wasser lagen, nicht so groß wie über den Fluss selbst. Menschen haben viele seltsame und wundersame Dinge. Zwerge auch, schoss es dem jungen Troll durch den Kopf. Sie sind klein und schwach, aber sie haben scharfe Waffen und wohnen hinter dicken Mauern und können auch über tiefes Wasser fahren, das ein Troll nicht durchwaten kann.
Ohne sich um die gaffenden Trolle zu kümmern, trat Sten an das vorderste Boot heran und wechselte einige schnelle Worte mit einer älteren Frau, die am Bug stand. Dann rief er den Trollen zu: »Pard, lass deine Leute in die Boote einsteigen. Aber vorsichtig, nicht, dass sie kentern! Haltet euch in der Mitte und setzt euch ruhig hin!«
»Ja, ja, ich kenne die Dinger«, antwortete Pard knurrig und bellte einige Befehle, die Bewegung in die staunenden Trolle brachten. Während die Menschen die Kähne mit den Stangen gegen das Ufer drückten, kletterten die Trolle nacheinander an Bord, stets begleitet von Pards lauten Ratschlägen, Befehlen und Flüchen, indes Sten von Boot zu Boot lief und alles überwachte.
Unter dem Gewicht der Trolle schwankten die Kähne so bedenklich, dass Kerr jedes Mal zusammenzuckte. Als er schließlich an der Reihe war, als Letzter vor Pard, packte er zögerlich die dünnen Bretter der Bordwand und stieg vorsichtig hinüber, bis Pard ihm einen kräftigen Stoß gab, der den jungen Troll unsanft in das Boot fallen ließ.
»Hepp! Wir wollen los!«
Wütend richtete sich Kerr auf und fletschte die Zähne. Aber seine hastige Bewegung versetzte den Kahn in heftige Schwankungen. So schnell sein Zorn gekommen war, so schnell verflog er wieder, da Kerr verzweifelt versuchte, auf den Beinen zu bleiben. Doch jede seiner Bewegungen schien das Schaukeln nur noch schlimmer zu machen, bis Sten mit einem kühnen Satz in das Boot sprang und Kerr zurief: »Setz dich hin! Alle ganz ruhig bleiben!«
Während Kerr wenig elegant auf den Hintern sank, packte Pard das Boot an der Seite und stemmte sich dagegen, bis es wieder ruhig im Wasser lag. Erleichtert seufzte Kerr und sah Pard dann finster an: »Du hättest mich nicht schubsen sollen.«
»Geschenkt«, erwiderte der große Troll trocken und schwang sich in das Boot. Wieder schaukelte es unangenehm, aber Pard setzte sich nur zwischen die anderen
Weitere Kostenlose Bücher