Die Schlacht der Trolle
Läufe mühsam zuckten; daneben lag regungslos der von Pfeilen gespickte Leib des Reiters und ein in den Staub gefallenes Banner mit dem Greifen der Békésars.
Mit dem Finger wies Viçinia auf den toten Boten. »Szilas will nicht verhandeln.«
Schweigend nickte Flores, als plötzlich wieder Hörner ertönten und die Armee sich wie ein Mensch in Bewegung setzte. Speere wurden auf Schilde geschlagen, und aus Tausenden von Kehlen stieg ein lauter, rauer Kriegsschrei auf.
Jetzt beginnt es, zuckten Flores’ Worte erneut durch Viçinias Geist, während die Armee zum Sturm auf die Stadt ansetzte. So viele! Mögen die Geister uns beistehen!
11
K errs Augen vermochten die Dunkelheit des nächtlichen Waldes kaum zu durchdringen, und so musste er sich mehr auf seine anderen Sinne verlassen. Wie macht der Mensch das?, fragte der junge Troll sich verwundert, denn Pard und Druan hatten stets in ihren Erzählungen behauptet, dass die Sinne der Menschen schwach und kaum entwickelt waren, ganz anders als die der Trolle. Pard hatte mehr als einmal gesagt, dass Menschen in der Dunkelheit nicht einmal mit beiden Händen ihren eigenen Hintern finden könnten; eine Erinnerung, die Kerr innerlich grinsen ließ. Aber entgegen den Geschichten kam Sten gut allein zurecht, auch wenn die großen Bäume das spärliche Licht des Himmels fast gänzlich verschluckten.
Immer wieder wanderte Kerrs Blick hinauf zu den Kronen, die als schattenhafte Umrisse vor dem dunklen Himmel zu hängen schienen. Einige schmale Wolken hatten sich vor den Mond geschoben und bildeten ein von einem silbrigen Rand gesäumtes Band der Schwärze. Obwohl sich am Boden kein Lüftchen regte und auch jetzt noch die Hitze des Tages zwischen den Bäumen stand, rauschten die höheren Blätter im Wind. Überall waren Geräusche zu hören und Bewegungen zu sehen, ganz anders als in Kerrs Heimat. Dafür war der Herzschlag der Welt nur schwach zu vernehmen, ein weit entferntes, leises Geräusch, mehr im Bauch gefühlt als tatsächlich gehört.
Die Fremdartigkeit seiner Umgebung ließ Kerr zum wiederholten Male trotz der Wärme frösteln. Immerhin war es nicht so kalt, wie Pard prophezeit hatte. In den Tiefen der Welt herrschte ewige Wärme, doch angeblich konnte es an der Oberfläche sehr kalt werden.
Mit hochgezogenen Schultern schritt Kerr weiter und achtete genau auf seine Umgebung. Jeder Ruf eines Tieres ließ ihn zusammenfahren, jede aus dem Augenwinkel erhaschte Bewegung ließ seinen Kopf herumschnellen. Doch nicht nur die ungewohnte Welt der Oberfläche beunruhigte ihn. Immer wieder konnte er hinter sich leise Gespräche zwischen den Trollen hören, hier ein Knurren, dort einen gefauchten Streit. Wut lag in der Luft, Wut und Angst. Die Fremdheit der Umgebung hatte sich wie schwerer Fels auf die Stimmung der kleinen Trollgruppe gewälzt, erdrückte allen Spaß unter ihrem Gewicht und sorgte für eine gefährliche Gereiztheit.
Neben Kerr schritt Pard scheinbar sorglos aus, doch der jüngere Troll konnte die prüfenden Blicke sehen, die ihr Anführer immer wieder über die Schulter warf. Erst am Vortag hatte er in einen zornigen Wortwechsel eingreifen müssen, der fast zu einer Schlägerei zwischen zwei jungen Trollen geführt hätte. Noch genügte Pards Brüllen, um die Streitenden zu trennen, aber insgeheim fragte sich Kerr, wie lange das noch der Fall sein würde. Und wie lange Pards Autorität noch andauern würde. Wann werden die ersten Zweifel an seiner Führung laut?
»Wie weit?«, fragte Pard und machte einige große Schritte, bis er neben Sten herlief.
»Zwei oder drei Nächte bis zum Fluss. Den müssen wir noch überqueren. Ich hoffe, meine Leute haben genug Boote organisiert.«
»Je eher, desto besser«, brummte Pard, und der Mensch nickte.
»Ihr werdet unruhig«, flüsterte er und blickte über die Schulter. Stumm nickte Pard. Gemeinsam gingen sie eine kurze Zeit weiter, dann wandte sich Sten überraschend an Kerr.
»Warst du schon einmal an der Oberfläche? Es fällt mir schwer, euch auseinanderzuhalten. Ich kann mich nicht an dich erinnern.«
»Nein. Ich war zu jung. Einige Trolle der Stämme sind unten geblieben und mussten auf die anderen warten.«
»Das war bestimmt nicht leicht. Ich fände es schlimmer, tatenlos abwarten zu müssen, als selbst in die Schlacht zu ziehen.«
»Er hat es gehasst!«, fiel Pard mit einem tiefen Lachen ein. »Sie alle haben es gehasst. Aber es ging nicht anders. Wir konnten kaum alle mitnehmen. Und als wir
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