Die Schlacht der Trolle
Köves’ Hilfe warf sich der junge Masride seine Rüstung über die Schulter und schritt die Stadtmauer entlang.
»Wir werden mir den Arm festbinden müssen und den Schild daran auch.«
»Ihr solltet nicht mehr weiterkämpfen, Vezét, die Wunde …«
»Ich werde meine Leute nicht verlassen!«, unterbrach ihn Tamár wütend. »Besorg Stoff oder Seil und hilf mir lieber, statt mir gute Ratschläge zu geben, die ich nicht annehmen kann. Und schau nach, wie weit die Handwerker sind. Mach ihnen Feuer unter dem Hintern, wenn es sein muss.«
»Ja, Vezét.«
Verärgert sah Tamár dem Szarken nach, doch es war ihm bewusst, dass der Späher recht hatte. Mit einem verletzten Schildarm würde er wenig ausrichten können. Na und? Dann ist es wenigstens schnell vorbei!
Bevor er den Gedanken weiterverfolgen konnte, erklang von jenseits der Mauer eine neue Serie von Hornsignalen, gefolgt von Alarmrufen aus der Stadt. Nun denn, dachte Tamár und fletschte die Zähne, auf ein weiteres Mal!
Die Sonne stand schon tief über dem Horizont, aber offensichtlich hatten Szilas’ Krieger für diesen Tag noch nicht genug vom Kampf. Ungeduldig wartete Tamár, bis Köves zurückgerannt kam und ihm in die Rüstung half. Mit langen Lederbändern, die der Szarke in der Stadt besorgt hatte, banden sie den Arm des Prinzen vor die Brust. Doch den Schild zu greifen hatte keinen Sinn, denn der Arm war zu unbeweglich, und das metallbeschlagene Holz behinderte den Masriden mehr, als dass es ihm nutzte.
»Du musst mich links decken«, befand Tamár, als ihm klar wurde, dass er ohne Schild würde kämpfen müssen. Gemeinsam liefen sie den nächsten Aufgang zur Mauer hoch und sahen sich um.
Im Norden rückte der Feind wieder in großer Zahl mit Leitern vor. Auch im Westen schienen Angriffe stattzufinden, doch konnten sie von ihrer östlichen Position aus kaum etwas erkennen. Aber direkt unter ihnen bahnte sich ein Rammbock langsam den beschwerlichen Weg bis zum Tor der Stadt. Gedeckt von Bogenschützen, welche die Zinnen der Stadt mit einem tödlichen Pfeilhagel eindeckten, wurde das Ungetüm von Dutzenden von Soldaten geschoben, die durch das dicke Holzdach des Rammbockes geschützt waren.
»Schießt sie weg!«, befahl Tamár. »Macht das Öl bereit! Jetzt gilt es!«
Der ständige Beschuss aber zwang nicht nur ihn, sondern auch die Soldaten viel zu häufig in die Deckung der Zinnen. Schier unaufhaltsam näherte sich die Ramme dem Portal. Als sie schließlich dumpf gegen die Torflügel stieß, schrie Tamár: »Das Öl! Jetzt!«
Schwer atmend legten die Soldaten den Hebel um, der die beiden mächtigen Krüge kippte. Langsam floss das kochende Öl in die dafür vorgesehene Bahn und ergoss sich in einem Schauer über die Sturmramme.
Grausam verzerrte Schreie waren zu hören, und der Gestank, der zu ihnen empordrang, raubte Tamár beinahe den Atem, aber immer noch schossen die Bogenschützen des Feindes, immer noch liefen ausgeruhte und unverletzte Krieger zu dem Rammbock, während die Verteidiger nur vereinzelt den Beschuss erwidern konnten. Hilflos musste der Prinz hören, wie der schwere Rammbock das erste Mal gegen das Portal geschlagen wurde. Der Schlag ließ das ganze Torhaus erbeben. Immer wieder schleuderten Krieger Steine und Speere hinab, doch das war zu wenig, um den Gegnern gefährlich zu werden, die unter dem festen Dach des Rammbockes arbeiteten.
Wieder schlug der Kopf des Bockes gegen das Tor. Verzweifelt sah Tamár sich um, suchte nach einer Rettung. Wieder dröhnte ein Schlag, dem diesmal ein lautes Knirschen folgte.
»Sie brechen durch!«, ertönte ein Schrei, und der junge Masride wusste, dass der Rufer recht hatte. Wir sind zu wenige, um ein geborstenes Tor zu halten. Die Erkenntnis schmeckte bitter in seinem Mund, aber noch gab es das hintere Tor des Torhauses, das den Angreifern Widerstand leisten würde. Noch ist nichts verloren.
Doch da brandete vom Norden her Jubel auf, und als Tamár dorthin sah, verkrampften sich seine Eingeweide. Auf beiden Türmen des Nordtores wehte der Drache, und immer mehr Soldaten kamen über die Zinnen. Einen Herzschlag lang wollte der junge Krieger vorstürmen und die Feinde zurückschlagen, doch dann erkannte er, dass dies ein sinnloses Unterfangen war.
»Köves! Gib das Signal zum Rückzug!«, rief er stattdessen heiser und befahl dann den Kriegern in seiner Nähe: »Zur Feste! Rückzug zur Feste!«
Sofort brach um ihn herum Chaos aus. Die Soldaten verließen ihre Stellungen, und einige
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