Die Schlacht der Trolle
ausgefallen.«
»Und Euer Urteil?«, fragte Sanyás.
»Ich glaube, dass Zorpad seine Macht missbraucht hat. Und dass sich einige Eures Ordens von ihm haben verführen lassen. Allerdings denke ich auch, dass Eurem Orden manchmal mehr Respekt vor dem Land angemessen wäre.«
Kaum dass Viçinia die Worte ausgesprochen hatte, taten sie ihr leid. Nicht, weil es nicht dem entsprach, was sie fühlte, sondern weil sie mit diesem Mann zusammenarbeiten musste. Ein Streit würde die ohnehin schwer zu bewältigende Aufgabe nicht leichter machen. Was ist nur los mit mir?, dachte sie, zornig auf sich selbst. Doch der Priester neigte nur das Haupt und sagte sanft: »Ich verstehe Euch. Ich kann Euch versichern, dass der Zorn über das Fehlverhalten unserer Brüder im Orden groß ist. Egal, welchen Grund sie gehabt haben mögen, nichts rechtfertigt die schändliche Magie, die sie gewirkt haben. Und Ihr sprecht die Wahrheit: Es gibt Dinge in Ardoly, die gefährlich sind und die Respekt erfordern. Lässt man diesen vermissen, besteht die Gefahr, das Göttliche Licht zu verlassen und in Dunkelheit zu enden. So wie der Lángor von Starig Jazek und die Ältesten des Klosters.«
In Gedanken hörte Viçinia Stens Stimme, der ihr von dem Blutbad berichtete, das die Trolle damals unter den Sonnenmagiern angerichtet hatten. In Dunkelheit enden. Das passt auf den Tod, den sie fanden. Wehe demjenigen, der die Trolle zu Feinden hat!
»Ich weiß Eure Worte zu schätzen, Sanyás. Jetzt aber müssen wir vor allem diese Menschen in Sicherheit bringen. Die Vergangenheit liegt hinter uns, es ist nun an uns, die Zukunft zu bestimmen.«
Während der Priester zustimmend nickte, wandte sich die Wlachakin ab und begann damit, die Menschen in kleine Gruppen aufzuteilen, die sich gegenseitig beistehen und helfen sollten.
Der kalte Luftzug ließ die Fackel flackern. Der Eingang wirkte wie ein gähnendes Maul, aus dem der Atem der Bestie blies. In der Ferne tropfte leise Wasser. Mit der linken Hand hob Viçinia den Saum ihres Rocks an und ging noch weiter hinab, blieb jedoch auf der letzten Stufe stehen, denn der Boden des Tunnels war von Wasser bedeckt. Der Schein der Fackel reichte nur wenige Schritt weit, danach versank der Gang in Dunkelheit. Die Luft hier unten war deutlich kühler als an der Oberfläche und ließ die Wlachakin schaudern.
»Wie lang ist der Tunnel?«, fragte sie Sanyás, der hinter ihr stand und ebenfalls in die Dunkelheit starrte.
»Viele hundert Schritt. Er führt beinahe direkt nach Norden.«
»Wir müssen Späher vorausschicken, um zu klären, ob der Ausstieg sicher ist.«
»Der Tunnel endet bei einem abgebrannten, verlassenen Gutshof. Dort gibt es einen kleinen Wald.«
»Von der Handvoll Soldaten, die uns der Marczeg an die Seite gestellt hat, sollten zwei vorlaufen und uns Bericht erstatten.«
»Ich werde das veranlassen.«
»Gut. Ich werde mich indes um die Flüchtlinge kümmern«, sagte Viçinia resolut. Während Sanyás die Treppe hinaufstieg, blickte sie noch rasch den Gang hinab. Die Wände bestanden aus grob behauenen Steinen, die von altem, schimmeligem Holz gestützt wurden. Ein außergewöhnlich großer Mann würde sich im Tunnel vielleicht bücken müssen, doch die meisten Menschen konnten wohl einfach so hindurchgehen. An einigen der Stützbalken sah Viçinia Spuren der Werkzeuge, mit denen die Handwerker den Einsturz vorbereitet hatten.
Sie fand das spärliche Licht, das nur einen kleinen Teil des Ganges erleuchtete, sonderbar passend. Die nächsten Schritte liegen in Dunkelheit; keiner weiß genau, wohin die Reise führt. Noch vor kurzer Zeit blickten wir mit Zuversicht in die Zukunft; doch nun liegt wieder Finsternis über allem, und der alte Dunkelgeist des Krieges geht um.
Noch in ihren düsteren Gedanken gefangen, riss sich die junge Wlachakin vom Anblick des Tunnels los und schritt hinauf in den Bergfried. Noch war es finsterste Nacht, und nur die wenigen glimmenden Überreste der Feuer schenkten dem Hof Licht. Der Marczeg hatte seinen Soldaten Stille befohlen. Der Feind sollte nichts von der Flucht erfahren, alles musste so normal wie möglich erscheinen.
Mit einer Handbewegung rief Viçinia eine der jungen Kriegerinnen zu sich, welche die Menschen begleiten sollten. »Wir versammeln uns im Hof. Sorgt dafür, dass genügend Fackeln im Bergfried bereit liegen, damit wir sie dort entzünden können.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, lief die junge Adlige weiter in das Hauptgebäude. Die dort
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