Die Schlacht der Trolle
Nacht. Ein Blick zum östlichen Horizont zeigte ihr, dass noch kein verräterischer heller Streifen den Tag ankündigte.
Um sie herum war Wald, der jedoch nicht das dichte Unterholz bot, das in Wlachkis sonst typisch war. Die Ruinen des Hofes waren kaum mehr als einige hüfthohe Mauerreste, die von Efeu überwuchert waren. Auch der Ausgang im halb verschütteten Keller war von den Ranken bedeckt, die den Einstieg verbargen.
Unter großen Mühen wurden die Karren über die von vielen nassen Füßen rutschig gewordenen Stufen gehievt. Die Menschen kauerten sich in kleinen Gruppen zitternd und verängstigt in die Ruinen, während Viçinia zwischen ihnen umherschritt, hier tröstete und da beruhigte. Als schließlich alle wieder an der Oberfläche waren, gab sie den Befehl zum Aufbruch, so gern sie den Menschen auch eine längere Rast gegönnt hätte.
Auch wenn der Wald licht war, blieb der Weg mühsam, und sie kamen nur langsam voran. Noch bevor sie die Bäume hinter sich gelassen hatten, färbte der Himmel sich langsam, aber unaufhaltsam rot. Immer noch schritt die Wlachakin an der Spitze, während ihr die Flüchtlinge in einer lang gezogenen Kolonne folgten. Zwei der Krieger liefen als Vorhut und Späher voraus, zwei weitere folgten in einigem Abstand.
Kurz bevor sie den Rand des Waldstücks erreichten, kehrte einer der vorderen Späher zurück und hielt sie auf. Der junge Szarke war außer Atem, und ihm lief Schweiß in dünnen Linien über das Gesicht.
»Reiter«, keuchte er atemlos und deutete mit der Hand in Richtung Westen.
»Ruhig«, erwiderte Viçinia leise. »Warte einen Moment.«
Mit tiefen Atemzügen versuchte der dunkelhaarige Mann, ihrem Befehl nachzukommen, presste dann jedoch hastig und abgehackt hervor: »Reiter. Drei Dutzend. An der Furt.«
»Konntet Ihr ein Banner erkennen?«, fragte Sanyás, der von Viçinia unbemerkt an sie herangetreten war. Vielleicht ist es eine Vorhut der Békésar-Truppen. Vielleicht ist der Entsatz näher, als wir glaubten. Vielleicht …
»Der Drache«, antwortete der Szarke und zerstörte so ihre Hoffnungen. Besorgt unterdrückte Viçinia den Wunsch, ihn zu fragen, ob er sich sicher sei. Stattdessen fragte sie: »Können wir sie umgehen?«
»Nur freies Feld. Und sie sind aufmerksam«, stieß der junge Krieger zwischen hastigen Atemzügen hervor.
»Szilas weiß, dass im Westen Truppen stehen. Er wird mehrere solcher Spähtrupps ausgesandt haben, um vorgewarnt zu sein, falls sich Entsatz nähert«, vermutete der Sonnenpriester, und Viçinia nickte.
»Wo ist die nächste Furt? Gibt es eine Brücke?«
»Das Wasser steht niedrig, wegen des heißen Sommers. Dann ist vielleicht die Consati-Furt gangbar. Das wären zwei Tagesritte in Richtung Norden. Ansonsten eher fünf bis zur nächsten Furt.«
»Das ist zu weit«, entschied Viçinia. »Aber wir dürfen hier auch nicht zu lange ausharren. Drei Dutzend sind zu viele für einen Kampf. Es gäbe ein Massaker.«
»Was sollen wir tun?«, fragte Sanyás und sah Viçinia an. Was wir tun sollen? Sten wüsste eine Antwort, Flores auch. Nach Norden? Damit entfernen wir uns von unserem geplanten Pfad, und vermutlich hat Szilas dort auch Späher. Außerdem sind im Norden die Sorkaten. Wir müssen über den Ylt, dann sind wir am ehesten in Sicherheit. Irgendwann werden wir auf Tamárs Krieger im Westen stoßen.
»Wir müssen den Plan ändern«, beschied die Wlachakin ernst und blickte nach Osten. »Die Sonne geht auf. Bald wird Szilas die Feste erneut angreifen lassen. Tamár muss die Burg aufgeben und seine Krieger hierher führen. Wir brauchen ihren Schutz.«
»Aber der Marczeg wollte uns Zeit erkaufen«, widersprach Sanyás.
»Wenn wir nicht vorankommen, nützt uns keine Zeit der Welt.«
Als sie es aussprach, wusste Viçinia, dass sie die Wahrheit sagte. Entschlossen zog sie ihren Dolch und packte ihren Rock.
»Ihr versteckt Euch hier mit den Flüchtlingen im Wald, Priester. Sorgt dafür, dass sich die Menschen möglichst gegenseitig beschützen!«
Mit einem Ruck stieß sie die Klinge durch den Stoff und begann zu ziehen. Verwundert fragte Sanyás: »Und was tut Ihr?«
»Ich werde den Marczeg und die Soldaten holen. Sobald ich diesen Rock abgeschnitten habe!«
Viçinia sah die erstaunten Blicke der Soldaten und des Priesters, doch sie kümmerte sich nicht darum. Als sie den Rock gekürzt hatte, wandte sie sich noch einmal an Sanyás.
»Betet zu Eurem Licht, dass der Marczeg und ich bald zurück sind - und Ihr bis
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