Die Schlacht der Trolle
Kleidung. Jetzt werde ich hier verenden, begraben unter dem Schutt meiner Festung, dachte er, da ließ der Steinhagel nach, und die Decke hielt für den Moment. Wenn wir überleben wollen, müssen wir dieser tödlichen Falle so schnell wie möglich entkommen, erkannte der Marczeg und rappelte sich auf. Flores bewegte sich auf allen vieren zu dem Einsturz. Erde und Steine versperrten den Tunnel, krochen scheinbar langsam auf sie zu, doch Tamár wusste, dass der Eindruck täuschte.
»Wir müssen hier raus!«, schrie er Flores zu und lief geduckt zu ihr. Noch immer reizte der Staub seinen Hals, und in seinem Mund war der bittere Geschmack von Erde.
»Lass mich!«, fauchte die Wlachakin und begann mit bloßen Händen in der Erde zu wühlen. »Sie ist da drin, wir müssen sie retten!«
Ein großer Stein brach aus der Decke und schlug hinter ihnen mit einem Klatschen ins Wasser. Mit der Rechten wischte sich Tamár Dreck aus den Augen. Noch waren sie nicht aus dem gefährdeten Bereich heraus; auch hier hatten Handwerker die alten Stützbalken geschwächt, um einen Einsturz zu ermöglichen. Die Wände und Decke ächzten, jeden Augenblick konnte ein weiterer Teil des Ganges einstürzen.
»Komm!«, brüllte Tamár und zog Flores am Arm. Doch die Wlachakin fuhr mit einem Dolch in der Hand herum. Tränen zeichneten helle Linien in ihr vor Schmutz starrendes Gesicht. Aus einer Wunde am Haaransatz lief Blut über ihre Schläfe, doch ihre Bewegungen waren präzise, als sie den Dolch zwischen sich und Tamár hielt. Ihre Miene zeigte deutlich, dass sie nicht zögern würde zuzustoßen. Ich sollte sie hier zurücklassen, dachte Tamár, doch er sagte stattdessen eindringlich: »Es ist vorbei. Wir können hier nichts tun. Der restliche Gang wird einstürzen. Wir müssen hier raus!«
Als hätte er die Worte gehört, rief Köves aus der anderen Richtung des Ganges: »Vezét? Seid Ihr unversehrt? Vezét?«
»Wir kommen, Köves!«, antwortete der Masride
»Ich muss sie …«, sagte Flores leise, aber Tamár schüttelte den Kopf.
»Du kannst nichts für sie tun. Außer hier mit ihr zu sterben. Wenn das dein Wille ist, bleib. Sonst komm mit.«
Damit drehte er sich um und lief tiefer in den Gang hinein. Nach einigen Schritten stoppte er jedoch und sah sich um. Immer noch stand Flores direkt am Einsturz, den Dolch erhoben. Erde und Steine rieselten um sie herum zu Boden. Unschlüssig blickte die Wlachakin ihn an, und Tamár konnte den Schmerz in ihrem Inneren beinahe körperlich spüren. Ihre Augen trafen sich, sie zuckte zusammen, dann schrie sie aus vollem Hals, legte den Kopf in den Nacken und brüllte ihren Zorn hinaus. Der junge Masride ließ sie gewähren, auch wenn jedes Ausharren ihrer beider Leben gefährdete. Dann endlich löste sich Flores und folgte ihm durch den spärlich erleuchteten Gang, lief neben ihm, bis sie hinaus in die grelle Sonne traten, deren unwirkliches Licht sie blinzeln ließ.
Ohne zu zögern, gab Tamár die Befehle, um einige der Soldaten mit Pferden in den Norden zu senden, während er mit dem größten Teil bei den Flüchtlingen blieb. Flores folgte ihm ohne Widerspruch. Die Augen weit aufgerissen, starrte sie blicklos vor sich hin und ignorierte selbst die eigenen Verwundungen. Auch Tamár scherte sich nicht um seine schmerzende Schulter, sondern drängte seine Untergebenen zum Aufbruch. Jede Verzögerung war gefährlich, solange sie sich in unmittelbarer Nähe von Szilas’ Armee befanden.
Während sie nach Westen marschierten, sprach Flores kein Wort. Ihr Gesicht war ausdruckslos, ihre Bewegungen mechanisch. Nur an den Tränen, die aus ihren Augen quollen, konnte Tamár die Empfindungen erkennen, die in der jungen Wlachakin wüteten. Nun haben wir beide jemanden verloren: ich meinen Vater und sie ihre Verwandte. Marczeg Szilas hat sich eine Feindin geschaffen, die vor nichts Halt machen wird, um sich zu rächen. Oder sie gibt mir die Schuld an Viçinias Tod. Dann werden wir bald unsere Waffen kreuzen. So oder so, ihr Schmerz wird zu Wut werden. So wie ich den meinen zu einem Zorn schmieden werde, der meine Feinde vernichtet!
Während die Sonne langsam im Westen versank und die Schatten der erschöpften und geschlagenen Krieger immer länger wurden, loderte in ihrem Rücken Feuer in der Feste Zvaren auf, das die ganze Nacht über den Himmel im Osten rot färbte.
19
W as ist, wenn es Anda und ihre Trolle sind?«, fragte Kerr, der offensichtlich bemüht war, leise zu sprechen. Die Stimme des
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