Die Schlacht von Trident
beim Niemandsland ab. Und Leslie verstand, was Rudenko ihm damit sagen wollte. Während an der Grenze zum Niemandsland eine lückenlose Überwachung durch zahlreiche Schiffe gewährleistet war, sah es bei Tau Ceti ganz anders aus. Er wandte seinen Blick wieder auf das geöffnete Fenster der Transmission mit Rudenko.
Dieser blicke den Captain schweigend an und deutete nur mit dem Zeigefinger auf den Touchscreen vor sich. »Noch Fragen?«
Leslie schüttelte den Kopf. »Keine, Sir. Wie mir scheint, wird Tau Ceti immer noch eine untergeordnete Priorität zugeordnet, gerade jetzt, wo sich die Kridan anscheinend auf dem Rückzug befinden …«
Der Admiral legte einen genervten Blick auf. »Spotten Sie nicht über mich, Commander. Ich habe Sie sehr wohl verstanden. ›Das Star Corps hat immer nur dort die Augen, wo sich etwas bewegt!‹ Vielleicht haben Sie Recht, Leslie, aber denken Sie daran, was ich Ihnen vorhin gesagt habe: Halten Sie Augen und Ohren besonders offen. Wer weiß, ob die wahren Ereignisse nicht dort stattfinden, wo Sie sich befinden?«
»Kann in der Tat niemand wissen, Sir«, erwiderte Leslie lakonisch.
»Na, sehen Sie!« Admiral Rudenko schien mit seiner Überzeugungsarbeit zufrieden zu sein und legte ein gutmütiges Lächeln auf. »Starten Sie, sobald Sie Ihre Crew von Ihrem neuen – beziehungsweise ›alten‹ – Auftrag in Kenntnis gesetzt haben. Commodore Allister erwartet Sie dann bei Tau Ceti mit weiteren Einzelheiten und neuen Patrouillenrouten. Alles Gute, Commander. Rudenko, Ende.«
Damit wurde die Verbindung geschlossen, und Captain Leslie wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Nicht nur, dass sie das schon die gesamten letzten Wochen kaum mehr als Routine-Patrouillenflüge bei Tau Ceti absolviert hatten und ihnen diese Region des Weltraums schon zum Halse heraushing, nein, sie wurden auch wieder Commodore Seijon Allister unterstellt, dessen Einschätzungen und Taktiken Leslie und sein Erster Offizier Björn Soldo höchstens als verbesserungswürdig einordnen konnten.
Na dann, zurück an die Front! , witzelte der Captain der STERNENFAUST in Gedanken. Dan, ich glaube in nächster Zeit musst du dir nicht besonders viele Sorgen um deinen großen Bruder machen.
Doch die von Rudenko erwähnten Truppenbewegungen der Kridan an der Grenze zum Niemandsland hinterließen bei ihm auch ein unbestimmtes Gefühl der Bedrohung.
Hoffen wir, dass ich nur Gespenster sehe und nicht wirklich ein Sturm im Anzug ist …
Im Tempel des Raisa, Matlanor, Kridania
Es war ungewöhnlich still in einem der zahlreichen Meditationsräume des Tempelbezirks von Matlanor, der Hauptstadt von Kridania. Nur das Schaben einiger Krallen war zu hören.
Um den greisen Raisa, der auf einem Podest am Ende des Raumes thronte, hatten sich wie immer mehrere seiner Leibwächter, die Selif-Tanjaj, geschart und blickten aufmerksam umher.
Das Krallenschaben kam aus der großen nierenförmigen Vertiefung in der Mitte des Raumes. Sie maß etwa fünf mal sieben Meter und war einen halben Meter tief mit Sand gefüllt. Fünf angehende Priester, die in die höchsten Kreise des Tempels aufgenommen werden sollten, führten hier gerade das rituelle Sandbad durch, dem sich jeder Kridan alle paar Tage unterziehen musste. Normalerweise war dieser Vorgang etwas sehr Intimes und wurde alleine durchgeführt. Aber zum Initiationsritus, in die höchsten religiösen Kreise der Kridan aufgenommen zu werden und im Raisa-Tempel dienen zu dürfen, gehörte dieses Schau-Baden dazu.
Dies war üblich, denn so konnte sich der Raisa persönlich ein Bild von der körperlichen und geistigen Reinheit seiner Priester überzeugen. Denn das Sandbad reinigte nicht nur das Gefieder, die streng vorgegebenen Kratz- und Scharrbewegungen erforderten auch ein Höchstmaß an Konzentration und geistiger Versenkung. Entsprach ein Bad eines Kandidaten nicht genau den Traditionen der Priesterschaft, wurde sein Antrag, dem Raisa in seinem Heimtempel dienen zu dürfen, strikt abgelehnt.
Den greisen Raisa kümmerte das Schauspiel wenig. Er blicke aus müden Augen umher, die unablässig von der trockenen Luft tränten, die ihm ein Lakai mit gespreiztem Flügel zufächelte. Er fühlte sich erschöpft, so unendlich müde, und doch musste er Tag für Tag der Routine folgen, die ihn schon sein ganzes Leben begleitet hatte.
Er war der Raisa. Er hatte es sich nicht aussuchen können, der Führer eines ganzen Volkes zu sein. Diese Entscheidung hatten andere
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