Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schlacht von Trident

Die Schlacht von Trident

Titel: Die Schlacht von Trident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
Vom Netzwerk:
selten aus der Lethargie und Umnebelung seines greisen Verstandes. Forsch blickte er den Diener an, der sich gerade am Verschluss des Überwurfs zu schaffen machte und versuchte, die Druckknöpfe entlang des Kragens zu schließen.
    »Wo ist der Erste Priester?«, verlangte das religiöse Oberhaupt der Kridan zu wissen. »Ich muss mit ihm sprechen!« Er wollte seinen erwachten Verstand nutzen, so lange es ging. So konnte er endlich einmal erfahren – und behalten! – was in seinem Reich vorging. Die Fülle an Informationen, die ihm geballt entgegen gebracht wurde, schien ihn jedes Mal schier zu erschlagen, aber er war sich sehr wohl darüber bewusst, dass seine zunehmende Demenz das mit sich brachte.
    »Ich werde ihn sofort holen lassen, Heiligkeit!«, beeilte sich der Diener zu antworten und wieselte aus dem Raum.
    Ungehalten streckte sich der Raisa in seinem Sitz und öffnete den Schnabel. Er ließ ein paar Mal die graue Zunge in seinem Rachen kreisen – eine Geste, die einem menschlichen Gähnen entsprach. Wie schön es doch war, endlich einmal wieder etwas klarer im Kopf zu sein!
    Und er würde in der Lage sein, endlich einmal wieder selbstständig Entscheidungen zu treffen. Natürlich war er sich dessen bewusst, dass er seit Jahren im Grunde nur noch repräsentative Pflichten erfüllte. Die Macht im Reich hatten längst andere.
    Die obersten Priester des Tempels zum Beispiel. Sie berieten über die zu treffenden Entscheidungen und verhandelten mit dem Mar-Tanjaj und seinen Kriegern, wie dem Reich am besten zu dienen sei.
    Der Raisa seufzte. Er hatte es immer genossen, über alles und jedem im Reich Bescheid zu wissen, seine Entscheidungen durch sein intensives Studium und profunde Kenntnis der Schriften des Ersten Raisa zu untermauern und auch mit dem analytischen und taktischen Sachverstand eines Militärs gesegnet zu sein. Und was war nun davon geblieben?
    Eine leere Hülle, bestenfalls ein Echo des Kridan, der er einmal gewesen war. Der Kridan, der den Befehl dazu gegeben hatte, die ungläubigen Xabong der Göttlichen Ordnung zuzuführen – und sie, falls sie sich nicht bekehren ließen, aus dem Reich zu vertreiben. Der Kridan, der die Sharaan unterworfen hatte, die sich nun so hervorragend in das Gesellschaftssystem der Kridan integriert hatten, so dass man sich ein Leben ohne sie beinahe nicht mehr vorstellen konnte. Der Kridan, der dazu aufgerufen hatte, das nächste Volk, das sich ihnen in den Weg stellte, erbarmungslos zu bekämpfen – die Menschen.
    Ja, er war sich sicher: Das würde der größte Triumph, sein Erbe werden. Die Unterwerfung der Solaren Welten. Er musste durchhalten, seinen müden Körper dazu zwingen, weiter zu funktionieren – so lange, bis die Solaren Welten besiegt waren. Das war überhaupt der Grund, weshalb er noch um sein Leben zu kämpfen bereit war. Diese elenden Schnabellosen!
    Seine Berater hatten ihm die Vielgötterei dieses jungen Sternenvolkes eingehend erklärt. Ihr Glauben zerfiel in unzählige kleine Gruppen. Beinahe jeder Mensch glaubte an etwas anderes, und in ihrer Geschichte waren Kriege, die aufgrund religiöser Motive geführt worden waren, immer beinahe so erfolglos geblieben, als hätte man sie gar nicht erst geführt! Was für ein schwaches Volk sie doch waren, schwach im Glauben und dadurch schwach in ihrem Bestreben, überhaupt im All zu überleben.
    Der Raisa konnte diese Position überhaupt nicht verstehen. Die Schriften des Ersten Raisa zeigten doch ganz deutlich die Richtung, die Gott für sie alle zu gehen vorgesehen hatte. Die Verblendung einiger Spezies war eigentlich unerklärbar. Wollten oder konnten sie aufgrund ihres beschränkten Verstandes nicht erfassen, worum es hier ging und warum gerade den Kridan als dem zweiten von Gott erwählten Volk die Aufgabe zukam, Seine Ordnung im Universum zu installieren? Das religiöse Oberhaupt bedauerte jedes Lebewesen, dass die Erhabenheit Gottes nicht sehen konnte oder wollte.
    Welchen Sinn hätte ihre Existenz, wenn nicht diese: Ihm zu dienen?
     
     
    Ein unterwürfiges Krallenkratzen an der Tür signalisierte dem Raisa, dass der Erste Priester eingetroffen war. Mit kräftiger Krächzstimme bat er ihn herein.
    »Heiligkeit, ich sehe Euch bei guter Gesundheit und wachem Geist!«, freute sich der Priester. Etwas zu sehr, fand der Raisa, eine Spur zu aufgesetzt.
    Natürlich, er weiß ja, dass er nun einen gewissen Zeitraum wieder den Diener anstatt den Herrscher spielen muss , dachte der Raisa. Keine Bange,

Weitere Kostenlose Bücher