Die Schlacht von Trident
Augenblick lang seine eigenen Finger, bewegte sie testweise und ergriff dann die Hand des Mönchs.
»Ich bin Bruder Daniel. Ich habe Sie noch nie hier gesehen … Sind Sie neu in St.-Garran oder nur zu Besuch?«
»Ich komme von weit her«, erwiderte der »Weisheitsbringer«.
»Nennt mich Bruder …« Er suchte in den Erinnerungen Trifflers nach einem passenden Namen. »… Bruder Richard.«
Bruder Daniel verzerrte die Gesichtmuskeln. Eine Geste der Überraschung, erkannte der Amorphe. »Was für ein Zufall!«, sagte der Mönch. »Ich habe einen Bruder, der ebenfalls diesen Namen trägt.«
»Viele Menschen tragen diesen Namen«, sagte das Wesen und probierte eine Geste, die in Trifflers Gedächtnis als »Lächeln« gespeichert war, weil es wusste, dass dies von ihm erwartet wurde.
Bruder Daniel lächelte zurück. »Das ist wahr.«
Für einen Moment schauten sie beide wieder auf das Wasser des Kratersees und schwiegen dabei. Dann ergriff der Mönch wieder das Wort.
»Möchten Sie vielleicht eine Klosterführung, Bruder Richard? Ich meine, falls Sie das erste Mal hier sind …?«
»Ja, das würde mich freuen.«
»Dann kommen Sie mit«, lud der Christophorer seinen – so dachte er – Glaubensbruder ein und winkte ihn hinter sich her, auf den Eingang des Klosters zu. Gemeinsam gingen sie durch die dunklen Gänge des Gemäuers.
»Dies hier ist der altsirianische Teil des Klosters«, erklärte Daniel. »Er bestand schon, als unser Gründervater Saint Garran es entdeckte. Erst später wurde der neogotische Teil angebaut, zu dem auch die beiden Türme gehören, die auch auf dem Emblem des Klosters zu sehen sind.«
»Beeindruckend«, bemerkte das Wesen, und das war nicht einmal gelogen. Durch die beschränkte Wahrnehmung wurde die Aufmerksamkeit viel deutlicher auf Formen und Farben gelenkt, erkannte es, und die Ästhetik des Baus erschloss sich ihm auf diese Weise.
»Was treibt Sie hier zum Sirius, Bruder Richard?«, wollte Daniel wissen. »Ist es eine Pilgerfahrt zu der Gründungsstätte unseres Ordens oder haben Sie einen anderen Grund?«
»Ich möchte mehr über die Christophorer herausfinden«, antwortete der Amorphe wahrheitsgemäß. »Warum wir glauben, was wir glauben und tun, was wir tun.«
Bruder Daniel wandte ihm wieder das Gesicht zu und lächelte erneut. »Das herauszufinden ist wahrlich eine Lebensaufgabe, würde ich sagen.«
»Möglich. Aber ich möchte vor allem die Aufzeichnungen in den Archiven studieren und mir einen Überblick darüber verschaffen, was andere Christophorer vor mir zu diesem Thema zu sagen hatten.«
»Ein guter Einstieg«, gab Daniel zu. »Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen nach unserem Rundgang, wo Sie in Ruhe lesen und arbeiten können. Es gibt hier zahlreiche Arbeitsräume mit Computerterminals, an denen Sie auf die Archive des Klosters zugreifen können.«
»Das wäre wunderbar«, sagte das Wesen. Genau das war es ja, weswegen es hierher gekommen war.
»Brauchen Sie übrigens ein Quartier?«, fragte Daniel.
»Das wird nicht nötig sein«, erwiderte der »Weisheitsbringer«. »Ich bin, wie sagt man so schön, anderweitig versorgt.«
Bruder Daniel zuckte mit den Schultern. »Wie Sie meinen.«
Dann setzten sie ihren Rundgang fort. In der nächsten knappen Stunde ließ der Amorphe sich von Daniel die gesamte Klosteranlage zeigen. In den weitläufigen Stein- und Pflanzengärten in den Innenhöfen und auf dem ganzen Gelände sahen sie einige Gruppen von Christophorern junge Adepten unterrichten. In kleinen Kreisen saßen sie zusammen, lasen gemeinsam oder diskutierten.
Die meisten Brüder, die hier ihren Schülern etwas beibringen wollten, beschränkten sich darauf, eingangs eine Frage zu einem bestimmten Thema zu stellen. Dann sollten die Studenten ihre eigene Position dazu formulieren, und anschließend wurden sie von ihrem Dozenten angewiesen, sich einmal vorzustellen, wie es wäre, wenn sie jemand anders wären. Welchen Standpunkt würde derjenige vertreten? Aus welchem Grund?
»Sie unterrichten Toleranz und Verständnis«, sagte das Wesen zu Bruder Daniel, nachdem sie der Klasse eine Weile zugesehen hatten. Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage. »Diese Erziehungsmethode zielt darauf ab, sich in andere hineinzuversetzen, um sie zu verstehen.«
Bruder Daniel Leslie nickte. »Ja, so wie es Saint Garran uns gelehrt hat.«
»Also geht es nicht nur darum, den eigenen Glauben zu verstehen, sondern ihn in erster Linie gegenüber anderen zu verteidigen?«,
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