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Die Schlacht von Trident

Die Schlacht von Trident

Titel: Die Schlacht von Trident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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wollte der Amorphe wissen und dachte dabei an das religiöse Konzept der Kridan.
    »Nun, das ist vielleicht ein kleiner Aspekt dessen, was unser Gründervater dabei im Sinn hatte«, wog Daniel ab, während sie ein paar in den Fels gehauene Stufen zu einer Aussichtsplattform hinaufstiegen. »Es geht wohl vielmehr darum, seinen eigenen Glauben erst dann definieren zu können, wenn man ihn mit dem von anderen vergleicht, um festzustellen in welchen Punkten man übereinstimmt und in welchen nicht.«
    Dieser Ansatz war in der Tat höchst bemerkenswert, wie der »Weisheitsbringer« fand. Dieses religiöse Konzept basierte auf dem Verstehen von anderen – und das war, auf den Kern reduziert, nichts anderes als ein lebenslanges Lernen und das Streben nach Wissen.
    Auch wenn unsere Spezies verschieden sind , dachte er, so ist das Lebenskonzept der Christophorer dem meinen gar nicht so fremd! Zwar wäre ich nie auf die Idee gekommen, meine Spielereien und Experimente als theologisch motiviert anzusehen, aber dass ein Volk mit so beschränkten Wahrnehmungen durch Abstraktion diesen Gedanken entwickelt hat, spricht für die Menschen.
    Wieder kam ihm der Gedanke an den bevorstehenden Angriff der Kridan und was ein Sieg der Vogelartigen über die Menschen für diese für Auswirkungen haben könnte.
    Die Christophorer wären mit die Ersten, die eine gezwungene Integration in die Göttliche Ordnung der Kridan treffen könnte , ging es durch sein Bewusstsein. Diese auf Toleranz basierende Form des Glaubens hätte im dem Existenzverständnis der Kridan keine Chance und würde gnadenlos niedergemacht werden.
    Das gefiel dem »Weisheitsbringer« nicht. Hier war er auf ein Volk getroffen, das nicht den Glauben, sondern das Wissen in den Vordergrund stellte. Trotzdem hatten die Christophorer eine Verständnisebene entwickelt, die Glaube und Wissen in sich vereinte – ein Wissenschaftsorden wurden sie ja offiziell auch genannt.
    Es war dem Wesen klar, dass es sich jetzt aus der objektiven und analytisch-wissenschaftlichen Denkweise verabschiedet hatte und subjektiv Sympathien entwickelte – Sympathien, die gegen ein Zulassen des Angriffs der Kridan auf die Menschen sprachen.
    Aber wäre es so schlimm, sich einmal auf persönliche Motive zu berufen, wenn es eine Entscheidung zu treffen hatte? Schließlich hatte es neben der Neugier und dem Verlangen nach mehr Wissen auch auf eine gewisse Weise Spaß gemacht, den Xabong und den Kridan den Überlichtantrieb zukommen zu lassen.
    Mittlerweile hatten sich Bruder Daniel und der Amorphe auf einen länglichen Stein gesetzt, der auf der Aussichtsplattform als Sitzgelegenheit diente. Schaute man von hier auf den See hinab, erhoben sich jetzt die Türme des Klosters auf Augenhöhe vor ihnen. Wieder fiel dem Wesen auf, wie beruhigend und in sich schlüssig der ganze Anblick auf die Menschen, die hier lebten und lernten, wirken musste.
    »Ihr seid so still, Bruder Richard«, sagte Bruder Daniel, während er den Blick über die Szenerie schweifen ließ.
    »Ich genieße den Ausblick und denke nach«, antwortete sein Gegenüber.
    Daniel streckte sich und atmete tief ein. »Ja, wenn ich das tun möchte, zieht es mich auch oft hierher. Es scheint so, als würde sich hier der Kopf von allem unnötigen gedanklichen Ballast befreien und man kann sich besser konzentrieren.« Er lachte leise. »Außerdem ist es still, fast so wie in meiner persönlichen Kammer. Nur die Luft ist hier besser.«
    Der Amorphe suchte in den Erinnerungen Moss Trifflers nach einem nonverbalen Ausdruck, der Zufriedenheit signalisieren sollte, und fand etwas, das sich »Seufzen« nannte. Er probierte es aus, und es erschien ihm der Situation angemessen. Langsam gewöhnte er sich daran, ein Mensch zu sein und er beschloss, diese Form in den nächsten paar hundert Jahren öfter anzunehmen, um Erkenntnisse darüber zu erlangen, welche Gedanken diese körperliche Existenz mit ihren Sinneseindrücken mit sich brachte.
    Das habe ich in den Jahrtausenden meines bisherigen Lebens vielleicht vernachlässigt.
    Er wandte sich wieder an den Christophorer, der weiterhin stillschweigend die Umgebung betrachtete. »Ich würde jetzt gerne zurück ins Kloster gehen und ein wenig lesen. Bitte bringen Sie mich zu einem dieser Arbeitsterminals, von denen Sie vorhin sprachen.«
    Bruder Daniel erhob sich. »Gerne.«
    Damit machten sie sich auf den Rückweg.
     
     
    War das Gespräch mit Bruder Daniel schon interessant und aufschlussreich gewesen, so waren

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