Die schlafende Armee
finden hoffte?« Helen schüttelte nur stumm den Kopf, aber Charity bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Hartmann sie plötzlich sehr aufmerksam ansah. »Welche Basis?« fragte er. Charity zögerte einen kurzen Moment, dann erklärte sie ihm mit wenigen, knappen Worten, was sie in Paris gefunden hatten; wobei sie sich bemühte, so wenig Informationen wie nur möglich weiterzugeben, ohne daß Hartmanns Mißtrauen dadurch noch verstärkt wurde. Der Ausdruck auf Hartmanns Gesicht wurde immer besorgter, während er ihren Worten lauschte. »Ich kenne diese Basis«, sagte er schließlich. »Wenn es ihnen gelungen ist, in das Computernetz einzudringen, dann wissen sie alles.« »Alles?« hakte Net nach. »Was meinen sie damit?« »Sie könnten ... die gesamte Nato-Logistik kennen.« »Unmöglich.« Charity schüttelte entschieden den Kopf. »Sie hatten allerhöchstens zwei Stunden, bevor ich die Selbstzerstörungsanlage in Betrieb gesetzt habe.« »Zwei Stunden sind eine Menge Zeit«, gab Hartmann zu bedenken. »Wenn sie...« »Wenn ihnen die Position Ihres Verstecks bekannt wäre«, unterbrach ihn Kyle ruhig, »dann wären sie wahrscheinlich schon hier.« Hartmann blickte den Megamann einen Moment lang mit unverhohlener Feindseligkeit an, aber er kam nicht dazu, zu antworten, denn in diesem Moment meldete sich der junge Mann an dem Computerpult wieder zu Wort: »Sie sind gelandet, Herr Leutnant. Die Strahlung ist noch immer zu stark. Ich bekomme keine sauberen Meßergebnisse.« Hartmann überlegte einen Moment, dann deutete er fast anklagend auf den Techniker. »In Ordnung«, sagte er. »Schicken Sie eine Drohne los. Aber keine Funkverbindung. Wir werten die Videoaufzeichnungen aus, sobald sie zurück ist.« Während der letzten Minuten hatte Felss Leutnant Hartmann von einer Seite kennengelernt, die er bisher nicht einmal an ihm vermutet hatte. Statt mit einem ständig übelgelaunten Vorgesetzten hatte Felss mit einem ruhigen Mann gesprochen, der ihn die meiste Zeit mit unbewegtem Gesicht hatte reden lassen und ihn nur dann und wann einmal unterbrach, um eine knappe Zwischenfrage zu stellen. »Also Sie trauen ihnen?« faßte Hartmann schließlich in einem Satz zusammen, was der junge Soldat ihm im Laufe der letzten zwanzig Minuten wortreich zu erklären versucht hatte. Felss zögerte. Gerade die scheinbare Beiläufigkeit, mit der Hartmann diese Frage stellte, machte ihm klar, wie wichtig die Antwort sein konnte - nicht nur für diese Fremden, sondern auch für ihn. Er zögerte sekundenlang, dann rettete er sich in ein verunglücktes Lächeln. »Ich denke schon«, sagte er. Für einen kurzen Moment kehrte der alte Ausdruck von Unmut auf Hartmanns Züge zurück. »Ich habe Sie nicht gefragt, was Sie denken«, erklärte der Leutnant, entschärfte seine Worte aber sofort mit einem milden Lächeln. »Trauen Sie ihnen oder nicht?« »Ich glaube schon«, sagte Felss schließlich. »Zumindest den drei Frauen und diesem komischen Knirps.« »Und die anderen?« Wieder zögerte Felss einige Sekunden lang. »Bei dem Jüngeren bin ich mir nicht sicher«, gestand er schließlich. »Ich ... werde nicht ganz schlau aus ihm.« Hartmann sah ihn fragend an. »Er war nur ein paar Augenblicke bewußtlos«, fuhr Felss fort. »Dabei hat er eine volle Ladung abbekommen - genau wie die anderen. Danach hat er nur so getan, als schliefe er.« »Vielleicht hätte ich das auch an seiner Stelle«, sagte Hartmann nachdenklich. »Wenn die Geschichte stimmt, die die Amerikanerin erzählt...« »Wir könnten sie überprüfen«, sagte Felss. Hartmann nickte. Er wirkte irgendwie niedergeschlagen. »Sobald wir in der Station sind, ja«, sagte er. »Aber dann kann es zu spät sein.« »Wieso in der Station?« wunderte sich Felss. »Es ist möglich, daß wir diesen Posten aufgeben müssen«, antwortete Hartmann in einem Ton, der Felss klarmachte, daß er nicht bereit war, mehr zu diesem Thema zu sagen. Er kehrte auch unmittelbar zu dem zurück, worüber sie die letzten zwanzig Minuten geredet hatten. »Um Captain Laird und die beiden anderen Frauen kümmere ich mich«, sagte er. »Sie behalten diesen Kyle im Auge - oder wie immer er wirklich heißen mag. Hat er gemerkt, daß Sie Verdacht geschöpft haben?« Felss schüttelte den Kopf. »Das ist gut«, sagte Hartmann. »Dabei sollte es auch bleiben. Was ist mit dem anderen? Er könnte ein Dreckfresser sein.« Wieder schüttelte Felss den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich weiß
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