Die schlafende Stadt
waren größer und schwerer als Johannas, ihr Hintern breiter, und sie war wesentlich erregbarer als Johanna. Es bedurfte nur weniger Stöße, um sie zum Zittern und Beben zu bringen, und Benedikt war froh, dass ihr Haus etwas abseits stand, denn ihr Geschrei hätte sonst die Nachbarn mehr als beunruhigt. Im Gegensatz zur flatterhaften Johanna war sie von echter Zuneigung erfüllt, und stattete Benedikt mit Kleidungsstücken für Maria und Gertrud aus, die sie von ihren zahllosen Nichten aufbewahrt hatte.
Die Sorge für seine beiden kleinen Schwestern war nach wie vor das Wichtigste, was Benedikt umtrieb. Die neue Dimension, die nun in sein Leben getreten war, brachte ihm die Erkenntnis, dass nicht nur Wissen und Können allein Sicherheit und Achtung gewährleisteten, sondern dass seine gottgegebene Erscheinung ihm zusätzlich nicht nur Ergebenheit, sondern auch Einfluss bewirkte, und sogar einträglich war. Ständig wurde ihm dieses und jenes zugesteckt – Kuchen, Wein, Stoff, Korbwaren, Geschirr, stets waren die verschiedenen Frauen, mit denen er näher bekannt wurde, begierig, ihn zu beschenken und zu versorgen. Dass er zwei kleine Schwestern großzog und ein so tüchtiger Arbeiter wie auch wissender Gelehrter war, entzückte so manche Seele und rührte so manches Herz.
Die Essenz, die Pater Medardus aus der Wurzel des Lebens hergestellt hatte, hatte sich innerhalb weniger Jahre zu einer begehrten Arznei entwickelt. Pater Medardus wusste wohl, dass der Vorrat an Wurzeln nicht unbegrenzt war, und dementsprechend teuer war das Mittel, was reiche Kaufleute und adelige Kreise nicht nur nicht davon abhielt, im Kloster vorstellig zu werden, nein, der Preis schien ihr Begehren geradezu zu steigern. Benedikt war keine zwanzig Jahre alt, als er mit Maria und Gertrud gen Nürnberg zog, um dort seinen eigenen Laden als Spezierer und Materialist zu eröffnen.
Faktisch war er Apotheker, doch scheute sich die Obrigkeit, ihn zu diesem Handwerk einzutragen, und führte ihn als Gewerbetreibender. Gleichwohl verkaufte er als Drogist Tinkturen, Essenzen, Salben, Elixiere in oftmals weit besserer Qualität als die Apotheker. Trotz Androhung von Klagen wurde dies geduldet, denn die Aussicht auf wirksame Substanzen verlieh ihm in den Augen der Bürger eine Bedeutung, die ihn immun machte gegen alle Angriffe.
Benedikt hatte inzwischen Auftreten und Stolz eines vornehmen Adeligen, ohne je dessen Affektiertheit zu übernehmen, es sei denn zum Spott. Er war viel zu gebildet, um arrogant zu sein. Er las in Latein, verfügte über immenses Wissen in Botanik, Medizin und Chemie, und wusste wohl, was dies wert war und auch anderen wert sein sollte.
Gleichwohl waren Sicherheit und Wohlwollen, welches ihm einen so guten Stand und einträgliche Geschäfte garantierte, wiederum nicht nur auf die Qualität seiner Produkte zurückzuführen. Sein charmantes Wesen und sein anziehendes Äußeres hatten sich womöglich noch vervollkommnet. Er fühlte die begehrlichen Blicke, die glühenden Lippen, die sinnlichen Gesten um ihn herum. Nicht selten kostete er sehr konkret die Vielfalt der Wonnen, die ihm dargeboten wurden, atmete die verschiedenen Düfte der erregten Frauenkörper. Er selbst brauchte kaum etwas zu tun, es ergab sich fast immer von selbst. Die Frau des Tuchhändlers genoss vor allem seine sanfte Seite, ließ sich liebkosen und sachte und allmählich den Nacken kraulen, bevor sie ergeben ihre intimeren Bereiche preisgab, um sich dann mit gespielter Empörung über seine Verderbtheit auszulassen, die sie dann aber recht regelmäßig einzufordern wusste. Sie brauchte somit die häufige Abwesenheit ihres Mannes nicht mehr zu bedauern, und Benedikt wurde auf diesem Wege mit den Kreisen der reichen Kaufleute bekannt, die seinen Rat und seine Heilkunst oftmals höher schätzten, als den der Ärzte. Doktor Kurtz, der ältliche Arzt, bezog dennoch eifrig Arzneien aus Benedikts Lager, da er deren Qualität hochschätzte und wirklich aus Berufung Arzt war. Das junge Weib, das er auf seine alten Tage geehelicht hatte, wusste dafür andere Qualitäten Benedikts zu bewundern. Sie war recht knochig, hatte eine lange Nase und spitze Brüste, aber eine ungeheure Ausdauer, die selbst Benedikt ins Schwitzen brachte. Beides verschaffte Benedikt einen überaus guten Leumund bei den Ärzten, so dass sich anstatt Missgunst auch dort eine sehr ergiebige Zusammenarbeit entwickelte.
Noch extremer verhielt es sich in den Kreisen des Adels, denn die vornehmen
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