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Die schlafende Stadt

Die schlafende Stadt

Titel: Die schlafende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steiner
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fallen. Nachdem er drei Tage lang ununterbrochen an das hübsche Mädchen hatte denken müssen, wegen der er sogar fast einen ganzen Tag lang auf der Polizeiwache hatte verbringen müssen, um sich dort wie einen potentiellen Triebtäter behandeln zu lassen, sah er es nicht nur als seine Pflicht, sondern auch als sein Recht an, nach ihr zu sehen und vor allem, Nachforschungen anzustellen.
    Schwester Rosi schimpfte. „Sehen Sie sich mal an, was Sie angerichtet haben! Das arme Mädel hat sofort einen erhöhten Puls und weint! Sie soll sich hier erholen und keinen Stress haben! Aber jetzt raus mit ihnen, aber schnell!“ Sie griff Berthold rabiat am Arm. Ihr Griff war wie ein Schraubstock.
    „Immer mit der Ruhe. Ich gehe ja schon“, sagte Berthold. „Immerhin habe ich ihr das Leben gerettet.“ Ebenso keck wie furchtsam blickte er auf.
    Schwester Rosi starrte unverändert böse auf ihn. Berthold wandte sich zu Leni hin. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht aufregen.“ Leni nickte unter Tränen. „Darf ich wiederkommen?“ Leni nickte wieder. Diesmal sah sie zu ihm hin.
    Berthold sah sich außerstande, Schwester Rosis Klammergriff weiterhin zu widerstehen. Sie zerrte ihn vom Bett weg und lockerte ihren erbarmungslosen Klammergriff erst wieder im Flur.
    „Merken Sie sich das für demnächst: Auf dieser Station hier hat man sich zurückzuhalten. Sogar die Polizei hat das zu respektieren. Das machen wir hier nicht zum Spaß, sondern zum Schutz unserer Patienten!“
    „Sie haben ja recht“, sagte Berthold. Einwände erschienen hier nicht sehr erfolgversprechend. „Danke, dass ich sie sehen durfte.“
    Er erntete einen kritisch musternden Blick aus zwei zusammengekniffenen, stechenden blauen Augen. Es war zum Fürchten.
    „Ich schreibe Ihnen meine Durchwahl auf“, knurrte Schwester Rosi dann überraschend friedfertig. „Vielleicht kann ich bei nächster Gelegenheit etwas für Sie möglich machen. Aber wehe, Sie benehmen sich hier wieder wie ein Elefant im Porzellanladen!“
    Sie schleifte Berthold am Ärmel in das Schwesternzimmer und drückte ihm einen Zettel in die Hand.

    Lenis anfängliche Befürchtungen bezüglich männlicher Besuche bestätigten sich doch noch, und dies noch am gleichen Tag. Sie wachte aus einem unruhigen Dämmerzustand auf und sah ihn neben ihrem Bett. Sie langte nach dem Klingelknopf, aber eine wuchtige Hand griff grob nach ihrem Handgelenk. Eine andere langte nach ihrem Mund und presste darauf. Ihre geschwollene Lippe produzierte einen schreienden Schmerz. Sie wollte stöhnen. „Halten Sie den Mund!“ zischte eine Stimme.
    Ein kräftiger, grauhaariger Mann hatte sich über sie gebeugt und durchbohrte sie förmlich mit seinen zusammengekniffenen Augen. Seine verkrampfte Oberlippe erinnerte sie an jemanden.
    „Hören Sie mir zu!“ raunte der Mann weiter. Ein gefährliches kaltes Raunen. „Und schweigen Sie! Werden Sie ruhig sein? Dann lasse ich Sie los!“ Leni nickte. Sie starrte den Mann an und bemühte sich, jeden Ton zu unterdrücken. Das breite Kreuz, die groben Hände, die kleine Stupsnase. Er trug einen hellgrauen Anzug und mehrere dicke Ringe am Finger.
    „Ich bin Robins Vater. Wir hatten bisher nicht das Vergnügen.“ Langsam nahm er seine Hände von ihr fort. Er beobachtete sie aufmerksam. Wegen dieser kleinen Schlampe also ruinierte sein dämliches Muttersöhnchen womöglich sich und seine ganze Familie. Er schüttelte innerlich den Kopf ob solcher Dummheit. Hoffentlich war sie intelligenter als Robin, dieser Idiot.
    „Und jetzt antworten Sie mir: Wem haben Sie schon alles von dem Vorfall erzählt?“
    Leni konnte nicht sprechen. Eine unsichtbare, eiserne Hand drückte ihr die Kehle zu. Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. Was für ein schwaches, bibberndes Etwas, dachte Frauendorff. Er wurde ungeduldig.
    „Heißt das: Niemandem?“
    Leni bejahte.
    „Hören Sie“, zwang er sich zu sagen, „ich bedaure außerordentlich, was Ihnen geschehen ist. Doch wir sollten jetzt alle einen klaren Kopf bewahren. Das möchten sie doch sicher auch?“
    Er machte eine abwartende Pause. „Was ich von Ihnen will“, fuhr er fort, „ist: Ich will, dass Sie meinen Jungen in Ruhe lassen. Er hat noch sein ganzes Leben vor sich und ich dulde nicht, dass es vorbei ist, ehe es richtig angefangen hat. Verstehen Sie mich?“
    Leni starrte ihn an. Er schwieg einen kurzen Augenblick. Wenn sie ebenso dumm wie schwach war, dann konnte sie ihm ernsthafte Probleme bereiten. Dann beugte er sich

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