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Die schlafende Stadt

Die schlafende Stadt

Titel: Die schlafende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steiner
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Hobby?“
    „Nein, ernsthaft. Es ist mein eigentlicher Beruf.“
    „Sind Sie erfolgreich?“
    „Ja. Mein erster Roman ist fast ein Bestseller geworden.“ Berthold sagte das nicht ohne Stolz.
    „Tatsächlich! Das ist großartig“, sagte sie erstaunt und hob anerkennend die Augenbrauen. „Wie heißt Ihr Roman?“
    „ ‚Die blaue Violine’ . Eine Familiengeschichte. Etwas unheimlich, weil es darum geht, dass diese blaue Geige vergangene Ereignisse in sich birgt und ... wieder lebendig werden lässt.“
    „Ich weiß. Ich habe das Buch gelesen.“
    Jetzt war Berthold an der Reihe, die Brauen zu heben. Er freute sich, sie beeindruckt zu haben. Er war gespannt, was sie wohl darüber denken mochte.
    „Ich fand Ihr Buch ausgesprochen faszinierend und auch sehr spannend. Und, wenn ich Ihnen das mal so sagen darf: Für einen jungen Mann von erst Anfang zwanzig bemerkenswert reif.“
    Berthold fühlte sofort das leichte Gefühl der Beschämung, das bei ihm recht schnell auftrat, wenn er Komplimente bekam.
    „Sie sind beruflich also erfolgreich“, fuhr Frau Goldblatt unbeirrt fort. „Sie sind begabt. Sie haben ein angenehmes, gutaussehendes Äußeres. Alles, was man zu einem guten Leben braucht, haben Sie also. Dennoch geht es Ihnen schlecht.“ Berthold meinte plötzlich, etwas Liebevolles in ihrer Stimme zu hören.
    „Das ist auch das, was ich nicht verstehe. Ja, es stimmt. Ich bin durchaus erfolgreich. Ich entstamme auch keiner zerrütteten Familie. Mir ist überhaupt nie etwas Schlimmes zugestoßen. Trotzdem geht es mir so schlecht. Auch das Schreiben ängstigt mich.“
    Fragend sah er zu ihr. „Ich glaube, ich kann gar nicht mehr schreiben.“
    Frau Goldblatt dachte nach. Ihr Blick ging in die Ferne.
    „Vielleicht gäbe es durchaus die Möglichkeit, sowohl bei Ihrem Studium als auch bei Ihrer Schriftstellerei zu bleiben ...“
    Berthold wollte das gar nicht hören. Er wollte alles loswerden, was irgendwie mit seinen Ängsten zu tun hatte. Unruhig rutschte er auf seinem Sessel hin und her.
    „Denn ich glaube gar nicht, dass diese beiden Dinge Ihre Ängste verursachen“, fuhr Frau Goldblatt fort.
    „Warum nicht?“
    „Weil es als Grund nicht ausreicht. Ja, vielleicht sind Sie derzeit so verunsichert, dass ihnen das viele Nachdenken und Sinnieren nicht gut tut. Aber es kann nicht die Ursache sein.
    Natürlich – Sie beschäftigen sich ja mit Dingen, an die andere nicht mal denken. Aber ich halte es für durchaus sinnvoll, dass Sie sich mit solchen Themen auseinandersetzen. Menschen wie Sie stoßen ohnehin früher oder später auf diese Fragen: was ist Leben, was ist Tod? Was kommt danach, was war davor? Was können wir steuern, welchen Dingen sind wir ausgeliefert? Viele werden erst viel später von solchen Fragen überwältigt und stehen dann auf einmal vor einem Meer aus Chaos – weil alles, was so klar schien, auf einmal zusammengebrochen ist. Sie dagegen werden dann längst darüber hinweg sein und auf andere Weise die Welt begriffen haben.“
    „Glauben Sie?“
    „Ich glaube dies nicht nur, ich weiß es.
    Es gibt schreckliche Dinge im Leben, das ist wahr. Tod und Verderben, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Es gibt auch durchaus Dinge, denen man nicht entrinnen kann. Andere scheinen uns dagegen weitaus schlimmer zu sein, als sie sind. Somit leiden wir dann nicht an den Dingen selbst, sondern daran, wie wir sie bewerten.
    Aber all dies sind Reaktionen auf etwas. Entweder es ist konkret, oder verborgen, verborgen vielleicht deshalb, weil sich etwas Altes, Vergangenes in das Hier und Jetzt mischt, und so wirkt, als sei es noch da. Aber letztendlich ist es immer etwas Reales. Und dieses Schlimme, das uns quält, geht vorüber. Im Leben ist alles im Fluss. Und auf die dunkelsten Täler folgen lichte Höhen. Glauben Sie mir, ich bin ein alter Hase. Ich habe Vieles erlebt und gesehen. Auch Ihr Leid wird bald vorüber sein.“
    „Das können Sie so sicher sagen?“
    „Ich denke schon.“ Sie sah immer noch ernst, aber weicher aus als zuvor. Es blitzte sogar ein geradezu schelmisches Lächeln aus ihren Augenwinkeln.
    „Eventuell ist Ihre künstlerische Gabe sogar der Weg zur Lösung.“
    „Wie könnte sie dies sein?“ Berthold war verwirrt. Hier lief etwas ab, was er weder erwartet hatte, noch richtig verstand. Eigenartigerweise fühlte er sich nicht schlecht dabei. Da kam etwas Neues in sein Denken, das bisher nicht da war.
    „Das Thema Ihres Romans beinhaltet ein paar wichtige Einsichten, ohne,

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