Die schlafenden Hüter - Das Marsprojekt ; 5
den Untergang der Alienstadt gesehen, die dort gestanden hatte, wo heute die Valles Marineris waren. War quasi dabei gewesen, wie ein großes Raumschiff gekommen war und alles zerstört hatte, innerhalb von Minuten, mit ungeheuren Strahlwaffen. Galaktisch war es gewesen, das mitzuerleben. Es gab die Aufnahme davon, okay, aber im Grunde war es unmöglich, jemandem beizubringen, wie es wirklich gewesen war. Das wusste nur er alleine.
Es tat ihm eher wegen Wim Van Leer und dessen Reportage leid, dass er dieses Abenteuer verpasste. Er sah hinab auf die Minikamera, die immer noch unauffällig in seiner Brusttasche steckte und jetzt nur Bilder von Höhlenwänden aufnehmen konnte. Während Ariana und Mrs Faggan da drin die Station der Aliens erkundeten.
Van Leer war ein toller Kerl; er konnte ihn gut leiden. Fast war es ihm ein bisschen peinlich, dass er einen Moment lang … na, alles Mögliche gedacht hatte, als der Reporter ihm die Kamera anvertraut hatte. Geschenkt. Van Leer war kein Spion der Heimwärtsbewegung, ganz bestimmt nicht.
Ronny sah zu Pigrato und Erkmen hinüber. Die schienen gerade mal wieder mit dem Shuttle zu sprechen. Die konnten Ariana und Mrs Faggan auch nicht anpeilen. Hatte er sich aber fast gedacht. Und irgendwas war mit den Satelliten. Ließen keine gesicherte Verbindung zu oder so. Na ja. Irgendwas war immer.
Hunger hatte er allmählich. Kein Wunder, sie waren ja schon den ganzen Tag unterwegs. Er drückte sich noch einen Konzentratriegel aus dem Applikator in den Mund, dann besah er sich kauend die gläserne Barriere. Irgendetwas war damit. Von hier aus hatte man den Eindruck, es nicht mit Glas zu tun zu haben, sondern mit Wasser, das ganz dünn über eine glatte Fläche floss. Und mittendrin – ungefähr da, wo die beiden Männer standen und der Barriere den Rücken kehrten – ließ der Glanz nach und wurde die Wand ganz stumpf.
Vielleicht besser, er sagte was. Man konnte nie wissen.
Er drückte den Alarmknopf, der die Entfernungsabdämpfung des Kommunikationssystems abschaltete. »Mister Pigrato?«, sagte er.
Pigratos Gestalt streckte sich. Wahrscheinlich versuchte er auszumachen, woher der Ruf kam. »Ronald? Was gibt’s?«
Ronny verzog das Gesicht. Mit diesem Namen angeredet zu werden, das konnte er absolut nicht leiden. Das durfte eigentlich nur seine Mutter und auch nur, wenn er wirklich was ausgefressen hatte.
»Von hier sieht es aus, als ob mit der Glaswand irgendwas wäre«, sagte er trotzdem. Irgendwas musste er schließlich sagen, wenn er die beiden schon gestört hatte.
Die Gestalt in dem viel zu dick aufgeblasenen Raumanzug fuhr herum. »Grundgütiger!«, hörte Ronny den ehemaligen Statthalter ausrufen. »Kemal, schauen Sie nur! Eine Öffnung.«
Er streckte die Hand aus, betastete den Rand der glanzlosen Stelle.
Eine Öffnung also. Toll , dachte Ronny. Besser, er ging mal zurück, damit die Kamera das aus der Nähe sah.
»Eine Öffnung«, wiederholte Pigrato. »Sie wird langsam größer … Sehen Sie das? Wenn das so weitergeht, kann man bald hindurchsteigen …«
»Hmm«, meinte der Areologe. »Was sich öffnen kann, kann sich auch wieder schließen. Das sollten wir bedenken.«
Pigrato hatte die Hand schon an der Steuerung seines Funkgeräts. »Shuttle? Hören Sie?«
Jetzt hörte sogar Ronny die verrauschte Stimme in seinem Helm. Beim Shuttle war man also auf Rundruf gegangen.
»Zhao Bai hier. Wir haben mitgehört und teilen, offen gesagt, Kemals Befürchtung.«
»Ich teile diese Befürchtung auch«, erwiderte Pigrato, »habe aber nicht vor, mich davon aufhalten zu lassen. Ich werde hindurchsteigen, sobald es möglich ist, und mich auf die Suche nach den beiden Frauen machen. Ich nehme einen zweiten Signalsender mit; dann haben Sie zwei Peilungen, und wenn alle Stricke reißen, setzen Sie die Tunnelfräse ein, um uns zu holen.«
»Ich begleite Sie natürlich«, erklärte Erkmen pikiert. »Ich wollte nur auf die Gefahren hingewiesen haben.«
Pigrato schien kaum zuzuhören, war unablässig damit beschäftigt, den größer werdenden Rand der Öffnung abzutasten. »Immer größer … Das Material scheint zu fließen, als würde es komplett zähflüssig … Haben Sie den Sender, Kemal?«
»In der Hand.«
»Dann kommen Sie. Ronald«, meinte Pigrato wie nebenbei, »du wartest hier auf uns, okay?«
Hatte der sie noch alle? »Nie im Leben«, erwiderte Ronny entschieden. »Ich komm auch mit.«
Pigrato schien einen Moment irritiert und nicht recht zu wissen, was er
Weitere Kostenlose Bücher