Die schlafenden Hüter - Das Marsprojekt ; 5
es eher etwas Verzweifeltes an sich. Ariana sah skeptisch zu. Das konnte doch jetzt eigentlich nicht sein, oder? Dass sie den ganzen Weg hierher gemacht hatten, dass sie dem Ruf gefolgt waren, dass sie James Faggan lebend gefunden hatten – nur um jetzt nicht imstande zu sein, ihn auch aus seinem Gefängnis zu befreien?
»Das sieht gut aus«, behauptete Mrs Faggan trotz allem. »Da ist eine Ritze. Gut.« Sie legte den Schraubenzieher weg, griff wieder in den Rucksack und brachte ein anderes Gerät zum Vorschein, das nun allerdings wesentlich beeindruckender aussah: zwei massive Backen mit Krallen daran, die sich über eine Zahnstange und einen wuchtigen Hebel auseinanderstemmen ließen.
Sie schob die beiden Krallen übereinander und versuchte dann, sie in den Spalt zu zwängen. Das ging nicht so einfach.
»Hilfst du mir mal?«
Gemeinsam drückten und schoben sie mit aller Kraft und tatsächlich, es gelang ihnen, die Krallen des Hebers in den Spalt zu bekommen. Das Gerät saß fest wie angeschweißt.
Der Hebel leider auch. Zwei Zentimeter oder so ließ er sich bewegen, dann war Schluss. Sosehr sie auch mit vereinten Kräften daran zogen, an der Abdeckung rührte sich so wenig wie an der Position der Krallen.
»Das … kann doch nicht wahr sein«, keuchte Mrs Faggan schließlich und ließ sich erschöpft auf den Boden sinken. »Was ist das bloß für ein Zeug?« Sie starrte den Sockel an, zerrte an dem Heber. »Raus kriegen wir ihn womöglich auch nicht mehr. Nein.«
Sie schwieg; ein ratloses, unheilvolles Schweigen. Ariana hörte ihren Atem. Er klang zittrig, wie bei jemandem, der jeden Augenblick zu schluchzen anfangen wird.
»Vielleicht«, hörte sie sich sagen, »geht es ganz anders.« Ihr war, als rede ihr Mund auf eigene Initiative. »Vielleicht … vielleicht muss man irgendwas mit den Artefakten machen?«
Das war doch eine Idee, oder? Sie zog ihr Artefakt aus der Tasche, suchte an dem Sockel des Sarkophags nach einer Stelle, die so aussah, als müsse man etwas dagegenhalten oder -drücken oder hineinstecken … Da, diese flache Scheibe in der Mitte. Die sah doch ein bisschen aus wie das Sensorfeld einer Tür!
Sie presste das Artefakt dagegen. Nichts. Fester. Immer noch nichts. Passierte woanders etwas? Sie fuhr damit über die Abdeckung, den Sockel, die Verbindungslinie zwischen beiden – nichts.
Schließlich setzte sie sich wieder auf den Boden, ratlos, was sie noch probieren konnte. Sie starrte den Sarkophag an und den bärtigen Mann, der darin lag, aber wenn sie ehrlich war, tat sie es nur, weil sie sich scheute, Mrs Faggan anzusehen.
Das durfte jetzt nicht sein. Das durfte einfach nicht –
Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Mrs Faggan aufstand. Sie erhob sich, ruhig scheinbar, irgendwie … e ntschlossen . Sie ging auf den Sarkophag zu, öffnete ihren Helm, zog ihn herunter, ließ ihn fallen. Es war immer noch kalt in dem Zelt, sie schnappte nach Luft und hustete, aber sie beugte sich über das Gesicht des schlafenden Mannes, legte die Hände auf den gläsernen Halbzylinder, unter dem er ruhte, und sagte mit fester Stimme: »James Hadley Faggan! Ich bin es, Christine. Deine Frau. Du hast mich gerufen und hier bin ich. Und …«
Ariana spürte, wie ihr der Klang von Mrs Faggans Stimme eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließ.
»Und James«, fuhr Mrs Faggan fort, »du wirst jetzt verdammt noch mal diese Abdeckung öffnen, damit wir dich herausholen können. Hörst du?«
Einen endlosen, furchtbaren Moment lang geschah nichts. Nichts, außer dass die Worte verklangen und Ariana sich plötzlich wieder bewusst wurde, dass sie mitten in einer ungeheuren Halle voller Sarkophage mit toten oder schlafenden Aliens standen.
Dann fing der Sockel an, ein summendes Geräusch von sich zu geben.
Es war vor allem Langeweile, die Ronny veranlasste, überall in der Höhle herumzuklettern, Steine umzudrehen, in Löcher zu leuchten oder hineinzufassen und nachzuschauen, ob die gläserne Trennwand auch wirklich überall bis an den Fels reichte. Tat sie. Aber man wusste ja nie. Und wozu hätte er bei den beiden Männern bleiben sollen? Die standen nur über das große Funkgerät gebeugt und redeten. Von hier hinten in der Höhle hörte er nur ihr besorgtes Murmeln.
Blöd war es schon, dass sein Artefakt wieder zerfallen war. Sonst hätte er jetzt dabei sein können. So erlebte Ariana das Abenteuer ganz allein.
Aber er hatte ja auch schon einiges erlebt. Er hatte immerhin das Marsflugzeug gesteuert und
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