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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Stirn. »Wozu?«
    »Um besser zu verstehen, was vorgeht. Um die Welt zu verstehen.«
    »Ich erkläre dir die Welt: Dein Großvater ist ein gottloser Tyrann, der seine Familie und sein Volk unterdrückt. Mehr musst du nicht wissen.«
    »Ich möchte mitreden können.«
    »Mitreden! Wie stellst du dir das vor?« Er blickte sie ein wenig verächtlich an. »Wenn du etwas wissen willst, wende dich an Kephallion. Er gibt dir sicher ein paar Brocken seines Wissens ab.«
    »Ich mag ihn nicht. Er ist kein netter Junge und stößt uns immer herum. Außerdem will ich keine Brocken. Ich will Unterricht an der Schule.«
    Herodias lachte auf, als habe jemand einen Witz erzählt. Natürlich fand auch sie es für eine Frau unabdingbar, viel zu wissen, das Wichtige jedoch lernte man nicht von alten, verstaubten Lehrern, nämlich die Kunst der Schönheit, der Verführung und der Illusion, kurz, die Kunst, sich einen reichen, möglichst mächtigen Mann zu angeln.
    Theudion fixierte seine Tochter mit Falkenaugen. »Es ist nicht Brauch, Mädchen an der Schule zu unterrichten.«
    »Dann soll Großvater den Brauch ändern.«
    »Das kann er nicht.«
    »Ich könnte ihn fragen.«
    Theudions Augen blitzten. »So weit kommt es noch, dass du mit dem Feind des Volkes zusammenarbeitest. Jeder untersteht den Bräuchen, auch du. So steht es in der thora , darum musst du dich fügen. Du musst dich sogar gern unterwerfen, ja, frohlocken musst du.«
    Nach Frohlocken war Salome überhaupt nicht zumute. Sie grübelte einen Moment, dann sagte sie: »Wie soll ich die Bräuche befolgen, wenn ich sie nicht kenne? Um sie kennen zu lernen, brauche ich Unterricht wie Kephallion.«
    Theudion öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber wieder. Eine leichte Röte stieg ihm ins Gesicht. »Nein«, sagte er, »das musst du verstehen.«
    »Ich verstehe es nicht «, beharrte Salome und stampfte mit dem Fuß auf. »Was ich weiß, sage ich dir nur, wenn ich Unterricht bekomme.«
    Ruckartig stand Theudion auf und sprang mit einem Satz zu Salome. Er packte sie mit seinen dürren Händen an den Schultern und rief: »Niemals wieder wirst du in diesem Ton zu mir sprechen. Ich habe wahrlich genug Geduld mit deiner anmaßenden Art bewiesen. In etwas mehr als einem Jahr wirst du zwölf Jahre alt und dann im religiösen Sinne mündig sein, und da erwarte ich, dass du den Worten des Herrn folgst. Was du wissen musst, bringe ich dir bei, weitere Ansprüche hast du nicht zu stellen. Du bist« – er versuchte gar nicht erst, den Satz, der ihm auf der Zunge lag, zurückzuhalten – »du bist eben nur ein Mädchen. Gott weiß, dass ich selbst es gerne anders hätte.«
    Nach diesen Worten wandte er sich wieder seiner Schreibplatte zu. »Und nun erzähle, was du erlebt hast«, fügte er mit wieder ruhiger Stimme hinzu.
    Salome senkte den Kopf. Nach diesem Ausbruch ihres Vaters und der abgeschlagenen Bitte um Unterricht war ihr jede Lust vergangen, das Erlebnis in allen Farben auszuschmücken. Knapp berichtete sie: »Drei Männer haben den Adler am Tempel kaputtgemacht. Großvater hat befohlen, alle drei töten zu lassen. Dann ist er zusammengebrochen und hat geblutet.«
    Theudion erhob sich langsam von seinem Schemel. Erneut tauschte er einen Blick mit Herodias, doch diesmal schienen sie verschiedene Gedanken zu hegen. »Es geht zu Ende mit ihm«, sagte Herodias mit großen, begierigen Augen.
    »Ja, und der alte Tyrann will dieses Ende zu einem weiteren Fanal machen. Wie viele Menschen sollen noch unschuldig sterben, weil er sich verfolgt glaubt? Diese drei Männer haben nur ein kleines Verbrechen begangen. Sie verdienen den Tod nicht, ebenso wenig wie die Kinder von Bethlehem oder meine hingerichteten Brüder diesen Tod verdienten.«
    Herodias berührte ihren Mann am Arm, um ihn zu beschwichtigen. Sie kannte seine Vorliebe für einen Eklat und wusste, dass ihnen diese Eigenschaft bisher nur Nachteile gebracht hatte. Warum wohl musste sie mit sieben Räumen vorlieb nehmen, während Antipas und seinem anmaßenden Weib zwei Räume mehr zur Verfügung standen!
    »Das will er bestimmt nicht hören«, stellte sie fest.
    »Niemand will das hören«, bestätigte er. »Umso wichtiger ist, dass es trotzdem jemand ausspricht.« Er schritt eilig zur Tür.
    »Nicht, Theudion«, rief sie hinter ihm her. »Vielleicht stirbt er ja, bevor das Urteil vollstreckt wird. Du machst uns nur unglücklich. Bleib hier.«
    Doch ihre Worte waren nur Luft. Theudion knallte die Tür hinter sich zu, und

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