Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
folgen, bevor er nickte. »So weit, so gut. Was hat das nun mit unserer Reise zu Philipp zu tun?«
    »Hier kommt Johannes der Täufer ins Spiel. Wusstest du, dass er sich derzeit am östlichen Jordanufer aufhält, auf Philipps Gebiet? Und wusstest du auch, dass es vor einigen Tagen eine Begegnung zwischen ihm und dem falschen Messias gegeben hat?«
    »Nein, aber was …«
    »Wir behaupten, sie haben sich verschworen, um deine Herrschaft zu untergraben, und verlangen von Philipp die Auslieferung des Täufers. Er wird sie verweigern, so wie er schon die Auslieferung des falschen Messias verweigerte, denn er ist ein rührseliger Narr. Anschließend werden wir uns erneut beim Prokurator über Philipp beschweren, und sobald der Täufer wieder auf unserem Gebiet ist und die nächste Schimpfrede gegen deine Herrschaft hält oder sonst eine Narrheit begeht, verhaften wir ihn. Gegenüber Pilatus müssen wir die Vergehen des Täufers natürlich ein wenig aufbauschen, doch das wird niemand merken. Bei den Römern wird sich dadurch der Eindruck verfestigen, dass Philipp nicht zum Regieren Judäas taugt, du hingegen ein Fels in der Brandung bist.«
    Abermals verharrte ihr Gemahl in Nachdenklichkeit, so als ob ihre Worte nur tröpfchenweise zu ihm durchdrangen. Plötzlich sah er auf. »Das hieße ja, ich muss den Täufer verhaften!«
    »Keine Panik, bitte. Ich weiß, du meinst, der Täufer sei ein heiliger Mann und es brächte Unglück, ihm ein Haar zu krümmen.«
    »Das wäre mein Ende«, verstärkte er seine Befürchtungen noch. »Gott würde …«
    »Du musst ihm ja nichts antun. Es reicht völlig aus, ihn unter Arrest zu stellen. Du könntest ihn zum Beispiel in die Festung Machairos bringen lassen, am Salzmeer. Er hätte dort eine riesige Anlage zur Verfügung und würde mit allem versorgt. Es wäre ja nur so lange, bis du König bist. Später kannst du ihn wieder freilassen.«
    »Also, ich weiß nicht«, zögerte er.
    Ihr Tonfall wurde strenger. »Antipas, dein einziger Trumpf ist die Stärke, mit der du deine Tetrarchie beherrschst. Wenn du die nicht ausspielst, wird dein jüngerer Bruder König, dieser hölzerne, farblose Mensch. Meine Tochter wird mich demütigen und Philipp dich. Die ganze Welt wird über uns lachen – und du wirst nicht das Heil finden, von dem deine Astrologen sprachen. Der Unaussprechliche will, dass du König wirst, also kann er nichts dagegen haben, dass du den Täufer für eine Weile der Welt entziehst.«
    Vor allem dieses letzte Argument schien Antipas einzuleuchten, denn sein vollbärtiges, düsteres Gesicht hellte sich blitzartig auf.
    »Vielleicht soll der Täufer auf diese Weise zur Einkehr gebracht werden. Vielleicht ist die vorübergehende Arrestierung sogar ein Geschenk des Unaussprechlichen an seinen Propheten Johannes.«
    Herodias nickte und atmete erleichtert durch. »So wird es wohl sein.«
    Sie richtete ihren Blick auf die nahe Küste von Bethsaida, die unter einer Herde geballter Regenwolken fast verschwand, und ihre Gedanken kreisten um den gehassten Täufer, und um das, was sie ihm antun würde, wenn er endlich gefangen war.
     
    Träge plätscherten die Töne der Lyra durch den Saal und vermischten sich mit dem Gähnen der Tafelgäste. Die Gespräche waren längst versiegt. Kallisthenes fand, dass der Musikant, der mit einem Holzstöckchen das Saiteninstrument spielte, gerne etwas Schnelleres zum Besten geben könnte, um die Gesellschaft ein wenig aufzumuntern, aber vermutlich war der Spieler selbst bereits von der allgemeinen Müdigkeit erfasst worden, die sich auch in Kallisthenes breit machte.
    Der Tetrarch von Galiläa schlief schon, was Kallisthenes jedoch nicht wunderte. Zuerst hatte der beleibte Fürst sich wie ein Löwe über die gekräuterten Lammkeulen hergemacht, danach mühelos eine komplette Gans zerpflückt, als sei sie aus dünnem Teig und nicht aus Knochen geschaffen, und abschließend einen ganzen Fleischkäse in sich hineingestopft. Nachdem er sich lautstark durch beide Luftöffnungen erleichtert hatte, lieferte er sich einen Streit mit seinem Bruder über irgendeinen Prediger und ließ den Wein in sich hineinlaufen, so dass der Mundschenk mit dem Nachfüllen kaum nachkam. Dann hatten die Brüder sich nichts mehr zu sagen, und jeder von ihnen blickte in eine andere Richtung.
    Auch Herodias und Salome trugen nichts zur Unterhaltung bei. Zu Beginn des Abends war etwas Seltsames vorgegangen, als er und Timon dem galiläischen Fürstenpaar von Salome vorgestellt

Weitere Kostenlose Bücher