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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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belauerten sich mit dem Ziel zu töten.
     
    »Wenn sie uns schon bezahlen, haben sie ja wohl Anrecht auf gute Behandlung, meinst du nicht?« Philipp zwinkerte kurz zu Salome hinüber.
    Sie war überrascht, wie gut er sich in dem Disput schlug. Er war wendiger als Antipas und brachte seinen Bruder immer wieder in die Defensive. Von dem hölzernen Mann, den sie vor Jahren geheiratet hatte, war kaum noch etwas übrig geblieben.
    »Wieso reden wir über solche Belanglosigkeiten?«, fragte Antipas den Prokurator. »Es geht hier doch darum, wer Rom ein loyalerer Verbündeter sein wird, nicht wahr?«
    »Nein«, antwortete Philipp, bevor Pilatus etwas entgegnen konnte. »Es geht darum, wer der bessere König für das Volk wäre. Denn nur wer das Volk hinter sich hat, kann Judäa stabil halten. Und darauf kommt es dem Kaiser an.«
    Antipas knirschte mit den Zähnen. »Galiläa ist stabil.«
    »Galiläa ist ein Hort des Widerstandes, wo Propheten, Zeloten, Arme und Unterdrückte sich zu einer gefährlichen Allianz vereinen.«
     
    Timon wollte nicht um Hilfe rufen, denn er war sich nicht sicher, wen die Heraneilenden unterstützen würden – ihn oder die unbekannten Angreifer. Immer wieder griffen die beiden Männer mit kurzen Vorstößen Timon an und brachten ihm kleine Wunden bei. Es waren nur Schnittverletzungen, die schmerzten, ohne wirklich gefährlich zu sein. Die Angreifer stellten damit deutlich ihre Überlegenheit zur Schau. Sie konnten mit Timon spielen, ihn quälen wie ein Tier, und mussten ihrerseits sein Schwert nicht fürchten, wenn sie bei dieser Taktik blieben. Sobald Timon versuchte, einen der Männer anzugreifen, machte der andere einen Vorstoß und zwang Timon, diesen zu parieren. Er schaffte es, die beiden auf Distanz zu halten. Doch wie lange konnte er das durchhalten? Seine Arme wurden bereits müde.
     
    »Wer Widerstand leistet, wird getötet«, stellte Antipas klar. »Ich habe den Propheten Johannes verhaften lassen, weil er gegen mich war. Dort drüben sitzt er ein, auf der anderen Seite des Salzmeeres. So gehe ich mit Rebellen um, während du sie gewähren lässt. Ich weiß den edlen Pilatus in dieser Frage auf meiner Seite, und damit auch den Kaiser. Deine geschickten Worte, Bruder, sollen uns nur verwirren. Du willst, dass wir das Wesentliche nicht mehr erkennen, dass es nämlich ein Recht gibt auf dieser Welt, und das ist das Recht des Stärkeren. Die Dolche einiger Fanatiker können Judäa und die Interessen Roms nicht bedrohen, solange wir Stärke zeigen. Milde dagegen macht uns schwach und verwundbar, und du, Bruder, bist die verkörperte Milde.«
     
    Flucht. Nur das konnte ihn noch retten. Timon war am rechten Unterarm verletzt, jetzt musste er sein Kurzschwert in der schwächeren Linken halten. Die beiden Männer lachten; sie ahnten, dass er am Ende seiner Kräfte war. Er wartete den nächsten Vorstoß ab, duckte sich und schoss pfeilschnell zwischen den beiden Angreifern hindurch, um zu der einzigen Treppe zu gelangen, die von dieser abgelegenen Plattform hinunterführte. Doch im vollen Lauf klammerten sich zwei Arme von hinten um seine Knie und brachten ihn zu Fall. Sein Schwert glitt ihm aus der Hand. Er konnte sich noch drehen und rang im nächsten Moment mit einem der Männer. Der Dolch fuhr ihm in die rechte Schulter, die Wunde brannte wie Feuer. Doch für eine kurze Sekunde schenkte der Schmerz ihm eine übermenschliche Kraft, und es gelang ihm, den auf ihm liegenden Mann wegzustoßen und sich aufzurappeln. Kaum stand er, schlug der andere Mann ihn mit der Faust ins Gesicht, dann in den Bauch, schließlich erneut ins Gesicht. Timon taumelte rückwärts, stieß an eine der Zinnen und blickte im nächsten Moment in die Finsternis der Tiefe, aus der ein warmer Hauch ihn anwehte, ein Wind, wie er ihn von Epidauros kannte.
     
    Pilatus zog eine säuerliche Miene. Er hatte sich während des Disputes immerzu das Gesicht des Kaisers vorgestellt, vor dem er sich früher oder später erklären musste. Tiberius war nicht gerade für seine Gutmütigkeit bekannt. Dutzende Senatoren, Prokuratoren und Prokonsuln waren in den letzten Jahren hingerichtet oder enteignet worden, wegen angeblichem Hochverrat, wegen Amtsmissbrauch, Korruption oder Verschwörung. Fehler bestrafte der Greis so hart, dass man sie nie vergaß. Bei der Auswahl eines Königs für Judäa durfte Pilatus sich keine unglückliche Hand erlauben.
    »Ihr seid beide kinderlos«, unterbrach er den brüderlichen Streit. »Beide Ehen

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