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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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und Berenike sich anblickten und küssten, musste sie plötzlich, und ohne es zu wollen, an Aristobul denken. Sofort verbot sie sich den Gedanken.
    Alle brachten die Zeremonie, so gut es ging, hinter sich, und an der Tafel versuchten sie, so viel Appetit wie möglich aufzubringen. Ihre Gespräche drehten sich um die zurückliegenden und die aktuellen Ereignisse.
    Agrippas Garde war bald nach der Besprechung ausgeschwärmt, um die Führer der Christiani zu ergreifen. Seltsamerweise konnten diese alle ihrer Verhaftung entgehen: ein gewisser Thomas floh nach Antiochia, ein Bartholomäus nach Damaskus, ein Paulus nach Cilicia … Lediglich ihr bedeutendster Führer, Petrus, konnte in der Ebene Saron festgenommen werden. Doch schon einen Tag später gelang ihm unter rätselhaften Umständen die Flucht.
    »Das ist Kephallions Werk«, sagte Menahem, während er nachdenklich an einer Feige lutschte. »Am liebsten wendet er Gewalt an, aber wenn es sein muss, kann er auch tückisch sein. Ich sage euch, er hat diese Leute gewarnt oder befreit.«
    Salome hatte Menahem in den letzten Tagen kennen gelernt und konnte ihn mittlerweile gut leiden. Erst gestern hatten sie bis in die Nacht hinein diskutiert, Berenike war an seiner Schulter eingeschlafen. Salome hatte wissen wollen, warum Menahem damals ein Zelot geworden war und was die ursprünglichen Ziele der Sekte gewesen waren. Konnte sie die einstigen Motive wenn nicht gutheißen, so doch wenigstens verstehen – die Missbilligung der Fremdherrschaft, die Wut über Archelaos’ Metzeleien -, so blieb ihr die Zuspitzung der Gewalt von zelotischer Seite unverständlich. Menahem hatte ihr ehrlich geantwortet, dass er auch nicht mehr begriff, wie es jemals dazu kommen konnte. Die Verhältnismäßigkeit war ihnen entglitten.
    »Ich habe Sadoq und die Zeloten endgültig verlassen«, erklärte er.
    »Wie hat Sadoq reagiert?«, wollte Salome wissen.
    »Er hat mich beschworen, ihn nicht im Stich zu lassen, und als ich standhaft blieb, hat er geweint. Sadoq ist mein ältester Freund. Ich hätte ihn nie verlassen, doch mir blieb keine Wahl. Mit diesem feigen Kampf gegen harmlose Glaubensabweichler will ich nichts zu tun haben. Das Schlimme ist: Ich glaube, Sadoq will auch nichts damit zu tun haben, doch er ist nur noch ein Schatten seiner selbst.«
    »Und warum vermutest du, dass Kephallion hinter den Misserfolgen bei der Verhaftung der christlichen Führer steckt? Er selbst hat Agrippa eingeredet, sie seien gefährlich. Und nun soll er sie entkommen lassen?«
    Darauf hatte auch Menahem keine Antwort. Doch jeder an der Tafel wurde das ungute Gefühl nicht los, dass irgendwo eine Schlinge auslag, die sich langsam zuzog. Und zwar nicht nur um die Christiani .
    Die Fehlschläge bei der Verhaftung der Christiani ärgerten Agrippa nicht sonderlich. Im Grunde interessierte ihn diese Sekte wenig. Die Christiani hatten seine Aufmerksamkeit nur insoweit, als sie offenbar bei allen anderen Sekten Abneigung und Widerstand hervorriefen – außer bei den eigenbrötlerischen Essäern, die politisch nicht ins Gewicht fielen. Unter seiner Führung sollte Harmonie im Land herrschen, konnte er doch auf diese Weise zeigen, dass er ein geschickter Monarch war, der es verstand, alle Gegensätze auszugleichen. Das förderte nicht nur seine Beliebtheit im Volk, sondern war auch ein Zeichen in Richtung Rom, dass Judäa ein verlässlicher Partner im Osten sein konnte, eigenständig und trotzdem loyal dem Imperium gegenüber.
    Kephallion durchschaute die Motive des Königs und machte sie sich für seine Zwecke zunutze. Damit die Zeloten eine entscheidende Position im Heiligen Land einnehmen konnten, war es erforderlich, dass sie bedeutende Aufgaben zugewiesen bekamen, denn anders als die anderen drei Sekten hatten sie keinen Sitz im Sanhedrin , standen also außerhalb der formalen Autoritäten. Diese Schwäche machte Kephallion zu einer Stärke.
    Er unterrichtete zunächst Agrippa davon, dass die Misserfolge im Kampf gegen die Christiani bereits ersten Streit zwischen Pharisäern und Zeloten hervorgerufen habe.
    »Einer misstraut dem anderen, mein König«, sagte er Agrippa unter vier Augen. »Die Pharisäer beschuldigen Sadoq und mich, die Apostel gewarnt zu haben. Der Hohepriester und wir trauen den Pharisäern dasselbe zu. Wenn nicht bald Erfolge erzielt werden …«
    »Ich verstehe. Was rätst du?«
    »Wir sollten die Verhaftungen auf alle Christiani ausdehnen und ihnen den Prozess machen.«
    Agrippa gefiel

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