Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen
mehr.«
»Wenn das alles ist: klar, Freund!«
Waschtag
»Die Waschmaschine ist kaputt«, sagte Elke eines Morgens.
Schmalenbach las gerade einen Artikel über den Aufschwung an der Börse. »Ich bitte dich, so eine Waschmaschine geht doch nicht einfach kaputt. Vielleicht hast du bloß einen falschen Knopf gedrückt.«
Elke knipste ihr Schminktäschchen zu und schaute ihn mitleidig an.
Schmalenbach kannte das. »Du hast bestimmt vergessen, den Netzstecker in die Steckdose zu stecken. Das ist die häufigste Ursache für so genannte Defekte von Haushaltsgeräten. Ich schau mal nach.«
Elke gab ihm einen Kuss: »Ich sehe schon, du machst das.« In der Wohnungstür wandte sie sich noch mal um.
»Heute ist Waschtag. Du hast keine sauberen Unterhosen mehr.«
Es war übrigens noch nicht klar, ob der lange erwartete Aufschwung an den Börsen endlich kommen würde oder ob wir uns nicht schon längst wieder mitten in einem neuen Abschwung befanden.
Schmalenbach war schon im Mantel, als ihm die Waschmaschine wieder einfiel. Er ging ins Bad, um den Stecker in die Steckdose zu stecken. Aber der Stecker steckte in der Steckdose. Also doch ein Bedienungsfehler. Schmalenbach beugte sich über die Konsole.
Zum ersten Mal sah er, wie viele Knöpfe die Waschmaschine hatte. Es war sehr verwirrend. Er erinnerte sich mit Wehmut an den handbetriebenen Waschzuber seiner Mutter, da hatte es eine Kurbel und einen Deckelverschluss gegeben. Alles war wie von selbst gegangen, und es hatte auch noch wunderbar gerochen. Elkes Waschmaschine hingegen suggerierte ihren Benutzern, dass Waschen so komplex war wie die Inbetriebnahme eines Satelliten im Weltall.
Schmalenbach kannte die Tricks der Haushaltsdesigner, schließlich war er lange genug in der Werbebranche tätig. Was gab es schon für einen Unterschied zwischen Fein- und Kochwäsche? Keinen. Auch die Differenzierungen »Pflegeleicht« und »Koch/Buntwäsche« waren unsinnig. Alles Humbug. Die Hersteller gaben den Käufern das Gefühl, sie hätten für alle Unbilden des Lebens probate Lösungen parat. Wahrscheinlich lief hinter der Bedienungsleiste nur ein primitives Programm: für Wollsocken, Brüsseler Spitzen und Geschirrtücher.
Schmalenbach drückte alle Knöpfe gleichzeitig. Rote Lämpchen leuchteten hektisch auf. Immerhin: Die Stromversorgung war gesichert. Die Trommel vibrierte. Na also. Mit etwas Mut und Eigensinn löste man so ziemlich jedes technische Problem.
Dann aber roch es nach verschmortem Kabel. Schmalenbach schlug die Faust gegen das Bullauge. Dünne Rauchschwaden stiegen aus der rückseitigen Lüftung.
Elke hatte Recht. Die Maschine war hinüber. Eigentlich ein Skandal. Sie hatten sie angeschafft, als sie hier eingezogen waren. Also vor nicht einmal elf Jahren. Wahrscheinlich war gerade eben die Garantie abgelaufen. Das war bei Schmalenbach immer so.
Vom Büro aus rief er Elke an und erklärte ihr, dass sie durch unachtsamen Umgang mit dem elektronischen Programm das sensible Gerät ruiniert hatte.
Elke zeigte sich unbeeindruckt. »Wir haben Arbeitsteilung. Ich mache seit fünfzehn Jahren deine Wäsche, und du sorgst dafür, dass der Haushalt mit der richtigen Hardware ausgerüstet ist. Also besorge eine neue Maschine, wenn du morgen deine Unterhose wechseln willst!«
Schmalenbach war empfindlich in diesen Dingen, sofort spürte er eine Druckstelle im Schritt. Er betrat also in der Mittagspause einen Elektrogroßmarkt und erstand eine neue Waschmaschine. Dem Verkäufer übergab er seinen Wohnungsschlüssel. »Damit Sie reinkommen. Ich bin gegen 18 Uhr zu Hause. Witzig wäre, wenn Sie eine rote Schleife um die Maschine binden würden. Meine Lebensgefährtin ahnt nämlich nicht, dass es so schnell geht.«
Der Verkäufer schaute ihn groß an, dann tippte er etwas in den Computer ein. »Es eilt also?«
»Und wie! Bei uns zu Hause stapelt sich die Schmutzwäsche.«
Der Mann gab sich wirklich Mühe. »Am Dritten hätten wir einen Liefertermin frei.«
»Von welchem Dritten sprechen Sie denn? Doch nicht etwa erst nächsten Monat?«
»Ich bin gerade bei Mai.«
Schmalenbach musste sich setzen. Er massierte seine Stirn. »Wissen Sie, wie das ist, wenn man wochenlang in der gleichen Unterhose rumläuft?«
Der Verkäufer hatte Mitleid. »Ich will sehen, ob sich ein paar Tage früher was einschieben lässt. Bis dahin müssen Sie halt in den Waschsalon ausweichen.«
Schmalenbach ließ sich einen Prospekt der neuen Maschine geben. Abends legte er ihn Elke vor.
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