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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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hatte sämtliche Überreste des Krokodils weggetragen.
    »Passen Sie auf!«, rief Pete Nield vom Ufer aus Lord Bullerton zu. »Ich werfe Ihnen jetzt den Rettungsring zu.«
    »In Ordnung!«, rief Bullerton zurück und machte sich bereit. Als der Rettungsring geflogen kam, ließ er sich ins Wasser gleiten und schwamm darauf zu, und als er ihn fest in beiden Händen hatte, zogen Butler und Nield ihn mit vereinten Kräften an Land.
    »Jetzt bin ich wirklich froh«, sagte Paula weiter oben am Fluss zu Tweed. »Ich hatte große Angst um ihn.«
    »Pete und Harry fahren ihn nach Haus«, sagte Tweed mit sanfter Stimme. »Und wir sollten jetzt ins Hotel gehen und uns ein wenig von den Strapazen des heutigen Tags erholen. Heute Abend werden wir Hobart House besuchen und einen vierfachen Mörder verhaften.«
    »Einen vier fachen?«, fragte Paula erstaunt.
    »Ja, einen vierfachen.«

30
    Es war später Abend, der Himmel bewölkt und mondlos, als Tweed gemeinsam mit Paula in seinem Audi ein letztes Mal den Berg hinab nach Hobart House fuhr. Es war totenstill, was Paula in eine nervöse Stimmung versetzte.
    In nur wenigen Fenstern des Hauses brannte Licht. Die Fenster der Bibliothek waren nur schwach beleuchtet. Als sie ausstiegen, glaubte Paula, hinter dem Haus zwei Schatten herumhuschen zu sehen, aber als sie genauer hinsah, waren sie verschwunden. Vermut lich hatte sie sich in der Dunkelheit getäuscht.
    Als sie auf das Haus zugingen, flammte plötzlich der Scheinwerfer über der Eingangstür auf. Paula fragte sich, wer ihnen wohl öffnen würde. Es war die düster dreinblickende Mrs Shipton, die wie immer tadellos gekleidet war.
    »Was wollen Sie so spät noch?«, zischte sie sie giftig an.
    »Würden Sie uns freundlicherweise hereinlassen?«, fragte Tweed ruhig.
    »Wenn Sie meinetwegen gekommen sind, dann vergeuden Sie Ihre Zeit. Ich habe gerade ein Beruhigungsmittel genommen. Nach allem, was heute in Gunners Gorge vorgefallen ist, kann ich sonst die ganze Nacht nicht schlafen …«
    »Waren Sie denn im Ort und haben alles mit angesehen?«
    Mrs Shipton wich der Frage aus. »Seien Sie mir nicht böse, aber ich muss jetzt nach oben. Sonst wirkt das Beruhigungsmittel, bevor ich in meinem Bett bin.«
    Sie trat zur Seite, schloss die Tür hinter ihnen und stieg dann langsam die Treppe hinauf.
    Nach der Hälfte der Stufen drehte sie sich zu ihnen um und deutete mit ihrem langen Zeigefinger in Richtung Bibliothek. »Am besten gehen Sie da hinein«, sagte sie.
    Paula hatte den alten grünen Stiel aus der Besenkammer dabei, den sie auf Tweeds Bitte hin mitgenommen hatte.
    Tweed öffnete die Tür zur Bibliothek und trat, gefolgt von Paula, ein. In dem großen Raum brannte nur eine kleine Lampe auf dem Schachtisch, neben dem Lance Mandeville mit einem leeren Glas in der Hand in einem Sessel saß. Lance trug einen eleganten dunklen Anzug und sah in der schwachen Beleuchtung sehr blass aus.
    »Guten Abend, meine Herrschaften«, sagte er mit einem freundlichen Lächeln und stand auf. »Nehmen Sie doch bitte Platz, und leisten Sie mir ein wenig Gesellschaft. Es war für uns alle ein langer, anstrengender Tag.«
    Er deutete auf ein großes Sofa direkt neben dem Schachtisch. Tweed beobachtete ihn genau, als Paula den alten Schrubberstiel direkt an den Schachtisch lehnte. Lance würdigte ihn keines Blickes.
    »Lance Mandeville«, sagte Tweed mit ernster Stimme, »ich verhafte Sie wegen vierfachen Mordes. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern, aber wenn Sie etwas sagen, dann kann das …«
    »Ist schon gut, den Rest können Sie sich sparen«, unterbrach ihn Lance. »Ich habe schließlich genügend Kriminalromane gelesen. Außerdem dachte ich, es wären nur drei Menschen ermordet worden.«
    »Sie vergessen Ihre Mutter, Lady Bullerton«, sagte Tweed und sah Lance dabei durchdringend an. »Sie haben sie vor vielen Jahren in die Schlucht gestoßen. Und zwar mit diesem Schrubberstiel.«
    »Faszinierende Geschichten haben Sie auf Lager, Mr Tweed. Ich dachte mir schon, dass das kein Höflichkeitsbesuch wird.« Er fasste mit der Hand in seine Jackentasche und zog ein silbernes Zigarettenetui heraus. »Möchten Sie eine?«
    Als beide den Kopf schüttelten, schob er das Etui wieder in seine Jackentasche.
    »Meine Mutter war eine kranke Frau, Mr Tweed«, sagte Lance. »Wenn jemand mit selbst gebastelten Flügeln am Rand der Schlucht herumrennt und glaubt, dass er fliegen kann, ist er nicht richtig im Oberstübchen. Es wäre nicht das erste Mal,

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