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Die Schlucht

Titel: Die Schlucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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dann wieder das rechte über das linke, und ihre kleinen, wohlgeformten Hände spielten mit dem Handschuh, während sie sich mit großen blauen Augen im Büro umsah.
    Die ist ja das reinste Nervenbündel, dachte Paula, die sie diskret beobachtete.
    Monica stand auf, ging zu Lisa hinüber und lächelte. »Darf ich Ihnen vielleicht eine Tasse Kaffee anbieten?«
    »Vielen Dank. Wenn … es Ihnen … nicht allzu viel Mühe macht.«
    »Aber überhaupt nicht«, versicherte Monica fröhlich. »Mit Milch oder Zucker?«
    »Schwarz … Das ist wirklich … sehr … freundlich von Ihnen.«
    »Ich bin gleich wieder da«, sagte Monica mit einem Lächeln und ging aus dem Büro.
    Miss Clancy begann zu zittern und krampfte beide Hände über dem Handschuh zusammen. Dann fingen ihre Schultern an zu beben. Ganz offensichtlich hatte sie große Angst.
    Zunächst war Paula davon ausgegangen, dass Tweed die Frau nach einem kurzen Gespräch wieder fortschicken würde. Überall in London behaupteten Frauen, dass sie von irgendjemandem verfolgt würden, und viele von ihnen wollten sich damit nur wichtig machen und sich Aufmerksamkeit verschaffen, die ihnen sonst nicht in ausreichendem Maße entgegengebracht wurde. Hier aber lag der Fall ganz offensichtlich anders, dieser Frau sah man an, dass sie wirklich bedroht wurde.
    »Erzählen Sie mir alles«, sagte Tweed mit sanfter Stimme. »Wurden Sie verfolgt, als Sie zu uns kamen?«
    »Ja.«
    Nein, das wurde sie nicht, dachte Paula. Jedenfalls hatte sie unten auf der Straße niemanden gesehen. Als Lisa Clancy dann aber weitererzählte, änderte Paula ihre Meinung.
    »Er - oder sie - ist dann in das Gebüsch auf der anderen Seite der Hauptstraße verschwunden. Von dort aus hat er mich mit einem Fernglas beobachtet. Ich habe gesehen, wie sich die Sonne in den Linsen gespiegelt hat. Ich glaube, er wollte sehen, wohin ich gehe. In die General and Cumbria Versicherung.«
    Die Versicherung war die Tarnung des SIS.
    »Wer verfolgt Sie denn nun?«, unterbrach sie Tweed. »Ein Mann oder eine Frau?«
    Lisa bedankte sich bei Monica, die ihr eine verlockend duftende Tasse Kaffee gebracht hatte. Sie nahm einen Schluck und antwortete dann: »Ich vermute, dass es mehrere Personen sind. Manchmal ist es ein Mann mit einem Buckel. Er hat lange fettige Haare und trägt immer einen großen Aktenkoffer bei sich. Irgendwann verschwindet er plötzlich in einer Seitenstraße, und ein paar Minuten später verfolgt mich dann eine Frau in einem langen schwarzen Gewand und mit einem Schleier vor dem Gesicht.«
    »Aha. Ich verstehe«, sagte Tweed, obwohl die Sache ihm ziemlich seltsam vorkam. »Und seit wann geht das schon so?«
    »Seit fünf Tagen.«
    »Haben Sie Feinde? Einen Exfreund vielleicht, den Sie verlassen haben und der jetzt wütend auf Sie ist?«
    Lisa, deren anfängliche Aufregung inzwischen verflogen war, dachte angestrengt nach.
    »Sie wohnen und arbeiten in London?«, unterbrach Tweed.
    »Ja. Ich mache eine Ausbildung zur Buchhalterin. Bei Rumble, Crowther and Nicholas. Die Firma ist nur einen Katzensprung von hier entfernt. Außerdem habe ich mir ein kleines Reihenhaus in der Lynton Avenue, einer ruhigen Seitenstraße der Bexford Street gemietet. Ich fühle mich so schuldig.«
    »Weshalb denn?«
    »Weil …«, erwiderte sie und geriet wieder ins Stocken. Offenbar war ihre ursprüngliche Verunsicherung zurückgekehrt. »Weil ich … so viel Ihrer kostbaren Zeit … in Anspruch genommen habe. Könnten Sie mich vielleicht nach Hause bringen? Ich könnte es nicht ertragen, … noch einmal … verfolgt zu werden. Hoffentlich ist das nicht zu viel verlangt.«
    »Natürlich werden wir Sie nach Hause begleiten«, erwiderte Tweed. »Ich und Paula.«
    Als Lisa sagte, sie fühle sich schuldig, hatten Tweed und Paula beide gestutzt und ihr die nachgeschobene Erklärung nicht abgenommen. Weshalb fühlte die Frau sich schuldig?
    Nachdem Paula sich vergewissert hatte, dass die .32er Browning-Automatic im Geheimfach ihrer Umhängetasche war, ging sie zusammen mit Lisa und Tweed zur Tür. Als sie sie öffnen wollte, kam ihr Harry Butler entgegen, einer der klügsten und hartgesottens ten Mitarbeiter in Tweeds Team.
    »Gehen Sie doch schon mal mit Miss Clancy nach unten, Paula«, sagte Tweed. »Ich komme gleich nach.«
    Dann ging er mit Butler zurück ins Büro, schloss vorsichtig die Tür und erzählte ihm in knappen Worten, was Lisa Clancy ihnen gesagt hatte.
    »Das hört sich alles ziemlich verrückt an«, erwiderte Butler.

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