Die Schlüssel zum Königreich 01 - Schwarzer Montag
und berührte damit die Mauer.
Das zeigte sofort Wirkung: Wo der Schlüssel den Marmor berührte, leuchtete dieser kurz auf, und die dunklen Adern im Stein begannen zu pulsieren und sich zu bewegen wie lebende Blutbahnen. Einige Schritte entfernt zeichnete sich der dunkle Umriss einer im Schatten liegenden Tür ab.
Arthur gefiel der Anblick nicht, aber er ging näher heran, ohne den Schlüssel von der Mauer zu nehmen. Hinter ihm begann der Marmor wieder zu erstarren und belebte sich, wo er ihn berührte.
Der Eingang war so schwarz, dass Arthur nicht erkennen konnte, ob er geöffnet oder geschlossen war. Irgendwie verschluckte er alles Licht, sodass man wie in den finstersten Schatten sah. Dieser Schatten mochte einfach nur auf die Wand geworfen sein, er konnte aber auch die tiefe, dunkle Pforte zu einem anderen Ort sein.
Arthur zitterte, als er sich dem dunklen Hintereingang näherte, er konnte sich dessen gar nicht erwehren. Aber er musste durch diese Tür gehen, um in das eigentliche Haus und zum Vordereingang zu gelangen.
Als Erstes galt es herauszufinden, ob sie offen stand oder nicht.
Zögernd streckte Arthur den Schlüssel aus. Er traf auf keinen Widerstand; der silber-goldene Uhrzeiger leuchte te noch, als er in die Dunkelheit eindrang, aber sein Licht erhellte den Eingang nicht.
Arthur verspürte ein schwaches elektrisches Kribbeln bis zum Handgelenk, aber es tat nicht weh. Arthur beugte sich vor und streckte den Arm aus, sodass er bis zum Ellbogen in dem pechschwarzen Eingang verschwand. Noch immer tat es nicht weh, und es war auch sonst nichts zu fühlen. Da war kein Widerstand, kein fester Gegenstand, auf den der Schlüssel traf.
Arthur zog die Hand heraus und inspizierte sie. Sowohl der Schlüssel als auch sein Arm sahen genauso aus wie vor seinem Griff in die Schwärze. Seine Haut hatte sich nicht verändert, sie hatte keine Verletzungen davongetragen und war auch sonst in keiner sicht- oder fühlbaren Weise in Mitleidenschaft gezogen.
Trotzdem zögerte er. Es machte ihm Angst, dass er nicht sehen konnte, was hinter der geöffneten Tür lag. Auch hatte er seinen Ranzen mit dem Salz verloren, sei ner Waffe gegen die Bringer. Wahrscheinlich lag er noch im Krankenwagen.
Aber er hatte den Schlüssel, und er konnte nicht umhin, neben seiner Furcht auch Aufregung zu empfinden. Das Haus und all seine Geheimnisse – und die Lösung für sein Problem – lagen hinter dieser Mauer! Und soweit er wusste, war Montags Entree der einzige Weg hinein!
Er musste hindurch.
Arthur nahm einen sehr tiefen Atemzug, etwas, wozu er nicht oft in der Lage war, und genoss das Gefühl, als sich seine Lunge maximal ausdehnte. Dann, den Schlüssel vor sich haltend wie ein Schwertkämpfer vor dem Duell, trat er ganz in den Eingang.
K APITEL N EUN
A
rthur trat durch die Pforte, aber nicht auf festen Boden. Auf gar keinen Boden. Er schrie laut auf, als er merkte, dass er ins Leere stürzte und Montags Entree nicht mehr hinter ihm, sondern über ihm war – ein Tor hellen Lichtes, während alles andere tiefste Dunkelheit war. Ein Tor, das sich mit jeder Sekunde, die er fiel, von ihm entfernte.
Arthurs Schrei erstarb, als ihm auffiel, dass er gar nicht so schnell fiel. Es war mehr wie ein Versinken in Wasser, obwohl er keine Nässe spürte und auch keine Schwierigkeiten hatte, Luft zu holen. Er versuchte, mit den Beinen zu strampeln, um zu sehen, ob das seinen Fall verlangsamte. Das war allerdings schwer festzustellen, weil sein einziger Bezugspunkt die entfernte Pforte war, aber es schien ihm, als ob er sich nicht mehr ganz so schnell von ihr wegbewegte.
Arthur trat weiter mit den Beinen und vollführte ein paar Schwimmbewegungen mit seiner freien Hand: Auch das schien zu wirken. Er überlegte gerade, ob er den Schlüssel wegstecken und versuchen sollte, richtig loszuschwimmen, als dieser plötzlich in seiner Hand ruckte. Kurz darauf machte er einen weiteren Ruck, einen sehr kräftigen, wie von einem großen Fisch, der angebissen hat und an der Angelschnur zieht. Und dann schoss der Schlüssel wie eine Rakete nach vorne, sodass Arthur ihn kaum festhalten konnte. Hätte er seine Faust nicht ganz fest geballt, hätte er ihn sicher verloren und wäre weiter ins Bodenlose gestürzt.
Er hielt den Schlüssel so fest er konnte gepackt und legte auch die andere Hand darum; vor Anstrengung traten die Muskeln in seinen Unterarmen hervor. Der Schlüssel beschleunigte weiter wie eine winzige Rakete, zum Glück ohne deren
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